Entspannt wie ein Buddha
bleibt, wenn man sich von seinem Körper, seinen Gefühlen, Gedanken, Wünschen und Handlungen löst? Assagioli antwortet darauf so: »Ichbin ich, ein Zentrum reinen Bewusstseins und des Willens.« Hier findet also eine Identifikation mit dem inneren Beobachter statt. Dieser ist klar unterschieden von den wahrgenommenen Objekten, mit denen man sich sonst so oft gleichsetzt. Interessant ist auch, dass die Distanzierung von den Gefühlen, Gedanken und so weiter nicht zu einem Verlust jeglicher Identität führt. Vielmehr wird eine fragwürdige Selbstbeschreibung durch eine zutreffendere ersetzt.
Das eigentliche Ich ist aber nicht nur Beobachter, sondern auch Regisseur. Das »Zentrum des Willens«, wie Assagioli sagt, ist fähig, den Körper, die Gedanken, Handlungen und Gefühle zu lenken. Voraussetzung dafür ist Bewusstheit. Diese und der innere Wille bilden zusammen eine tragfähige Basis. Anders als die ständig wechselnden Körperbewegungen, Gedanken, Emotionen, Wünsche und Verhaltensweisen sind das Bewusstsein und der Wille jederzeit vorhanden. Sie ermöglichen innere und weitgehende äußere Freiheit. Ohne sie ist man gekettet an das falsche Ich. Die Gedanken bleiben dann unbewusst. Die Gefühle scheinen unkontrollierbar. Die Wünsche und spontanen Impulse schwingen sich zu Herren auf, denen man vermeintlich zwangsläufig folgen muss. Das Verhalten besteht bald nur noch aus automatisch ablaufenden Gewohnheiten.
Durch Bewusstheit und den Gebrauch des Willens wird man zum Regisseur seines Lebens. Man steht über den Dingen, kann seine Rollen frei wählen bzw. flexibel gestalten. Das alles fällt einem jedoch nicht einfach zu. Bewusstheit ist ein Zustand, den man sich mehr und mehr erarbeitenmuss. Sonst lebt man ähnlich wie ein Roboter, der ohne wesentliche Steuerungsmöglichkeit einfach den einmal vorgegebenen Programmen folgt. Einen eigenen Willen zu entwickeln und klug zu gebrauchen, ist ebenfalls eine Lebensaufgabe. Kinder sind dazu noch nicht in der Lage. Erst mit der Zeit merken sie, wie sie ihr Verhalten und ihre Bewegungen zu ihrem Vorteil lenken können. Die Beherrschung der Gedanken und Gefühle aber ist selbst für viele Erwachsene ein Buch mit sieben Siegeln. Sie machen sich oft nicht klar, dass sie ihrem Denken und Fühlen nicht willenlos ausgeliefert sind, sondern die Beobachter- und Direktorenposition einnehmen können.
Roberto Assagioli hat es so ausgedrückt: »Wir werden beherrscht von allem, womit sich unser Selbst identifiziert. Wir können alles beherrschen und kontrollieren, von dem wir uns disidentifizieren.« Indem man die Haltung des inneren Beobachters einnimmt, entsteht Bewusstheit. Durch Bewusstheit wird eine gewisse innere Distanz geschaffen. Man steht auf diese Weise über den Dingen. Aus dieser Perspektive heraus kann man seinen Körper, seine Gedanken, Gefühle, Wünsche und Handlungen in die gewollte Richtung lenken.
Einerseits ist dies vollkommen selbstverständlich. Fast jeder kennt solche Momente innerer Freiheit. Andererseits ist es überraschend neu, weil man so oft vergisst, dass einem diese Wahlmöglichkeiten jederzeit zur Verfügung stehen.
Die große Befreiung
Viele Menschen behaupten, sich nicht entspannen zu können. Sie sind sich nicht bewusst, wie sie ihre Verspannungen und Probleme selbst herbeiführen oder verschärfen. Sie wissen nicht, wie sie ihren Willen zu ihren Gunsten einsetzen könnten.
Das gilt genauso für andere Bereiche, bei denen etliche Leute nicht verstehen, was sie zu ihren Schwierigkeiten beitragen und wie sie sich daraus wieder befreien könnten. Denken Sie an das Rauchen, Trinken, fehlerhafte Ernährung, mangelndes Bewegungstraining und vieles mehr.
Der Schlüssel zur Änderung liegt jeweils in der Entwicklung von Bewusstheit und dem richtigen Gebrauch des Willens. Ich will damit nicht sagen, dass es leicht sei oder schnell ginge, sich zu ändern. Viele Faktoren sind dabei zu berücksichtigen und der Teufel steckt, wie man so schön sagt, im Detail. Aber jede Änderung beginnt mit Bewusstheit und sei es nur, indem man bemerkt, dass etwas schmerzt, dass man unter etwas leidet. Leiden hat durchaus eine nützliche Funktion, nämlich die, Aufmerksamkeit zu wecken und den Änderungswillen in Gang zu setzen. Dies kann dann der Ausgangspunkt für weitere Fortschritte sein.
Zu erkennen, dass man vielen Dingen nicht hilflos ausgeliefert ist, sondern sich über sie stellen und sie beherrschen kann, ist eine gewaltige Entdeckung. Diese Einsicht
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