ENTWEIHT
Malinari, doch während die Augen des Lords blutrot waren, leuchteten die seinen in einem tierhaften Gelb. Denn hier am Palataki konnten sich Vampire wie auch Leutnante ein bisschen gehen lassen und sich so geben, wie es ihrem widernatürlichen Wesen entsprach.
»Zarakis«, sprach Vavara zu seinem geneigten Haupt. »Stehe bequem. Ich bin mit Lord Malinari hergekommen, um die Keller und Gänge zu inspizieren. Ist da unten alles in Ordnung?«
»Alles in Ordnung«, erwiderte er.
»Und, bist du hungrig?«
»Deine Frauen bringen mir jeden Tag etwas zu essen«, antwortete er. »Und dafür bin ich dankbar.«
Sie schüttelte ungeduldig den Kopf. »Nein, du verstehst nicht. Ich wollte von dir wissen, ob du … hungrig bist?«
Er blickte sie an, und seine Augen weiteten sich erwartungsvoll, bis sie im Dunkel der Nacht wie Schwefel glühten. »Immer, Gebieterin!«
»Dann bediene dich, während wir hinuntergehen«, sagte Vavara, auf die Nonne deutend. »Und wenn dir der Sinn danach steht, kannst du gerne auch weitere Bedürfnisse stillen. Wir werden eine Weile brauchen.«
Nun begriff Malinari, weshalb die Frau vor Angst schlotterte, zugleich war er beeindruckt von Vavaras Sorge um das Wohlergehen ihres Leutnants.
»Zarakis!«, brachte Vavara ihren Knecht zum Stehen, als dieser »Danke« knurrte und begierig auf die Nonne zuging. »Sei gewarnt! Nimm nicht zu viel, schwäche sie nicht, und sie darf auf gar keinen Fall ohnmächtig werden. Denn ich bedarf noch ihrer Dienste. Sie muss diesen Wagen fahren.«
Damit wandte sie sich ab und geleitete Malinari durch die gewaltigen Türen ins Innere ...
Der Palataki war ein Gewirr aus Zimmern, die meisten davon riesig, ein einziges Labyrinth. Die Türen hingen allesamt schief in ihren verrotteten Angeln, die Treppen sackten gefährlich durch, und jegliche Einrichtung, selbst die Holztäfelung an den Wänden, war schon vor langer Zeit weggeschafft oder gestohlen worden. Die brauchbaren Bodendielen waren herausgerissen, andere durchgefault. Überall klafften große Löcher, und indem Vavara vorausging, warnte sie Malinari vor den Stellen, an denen der Fußboden sein Gewicht wohl nicht tragen würde.
»Oben sieht es noch schlimmer aus«, erläuterte sie ihm, »und der Dachboden eignet sich nur noch für Fledermäuse. Ah, aber dort unten ... die Keller sind direkt aus dem Fels gehauen, und die Minenschächte erinnern mich an die Untergeschosse meiner Stätte auf der alten Sternseite. Und da es da unten nichts zu holen gab, sind die einzigen Verwüstungen, die man sieht, diejenigen, die die Natur anrichtet!«
Damit führte sie ihn hinab in die Finsternis. Die Dunkelheit machte ihnen nichts aus. Für ihre nachtsichtigen Augen war das Dunkel wie Tageslicht.
Dennoch entzündete Vavara, nachdem sie über mehrere aus dem Stein gehauene Treppen steil hinabgestiegen waren und einige Stellen passiert hatten, an denen die Decke eingestürzt war, eine Fackel und nahm sie aus ihrer Halterung an der Wand.
»Siehst du, wie sie flackert und die Flamme sich krümmt?«
»Ein Luftzug«, nickte Malinari. »Dieser Schacht hat noch einen Ausgang.«
»Ja, er führt in eine Bucht direkt am Meer«, sagte Vavara. »Das ist mein Schlupfloch, mein Fluchtweg, sollte ich je einen benötigen. In einer Höhle über dem Wasserspiegel habe ich ein Boot. Und direkt hinter dieser Biegung ...«
Damit ging sie voran in eine Grotte und zu dem, was diese enthielt ...
»Wer waren sie?«, fragte Malinari nach einer Weile.
»Kannst du dir das denn nicht denken? Was, du mit deinem viel gepriesenen Mentalismus?«
»Du weißt doch, wie es ist«, entgegnete er. »Ich vermag nur Gedanken zu lesen, wo auch ein Bewusstsein besteht. Aber hier ... gibt es das nicht mehr.«
»Die eine war die Mutter Oberin aus dem Kloster«, antwortete Vavara ihm daraufhin, »die andere die Frau, die ich in jenem Heim in Rumänien rekrutierte, gleich nachdem wir hier angekommen waren. Sie diente mir gut, brachte mir Griechisch bei und erklärte mir die zahllosen Dinge, die für mich schwer zu verstehen waren. Aber sie hörte einfach nicht auf zu weinen; Tag und Nacht, es schien, als könnte ich ihrem Geheule und Gejammer nie mehr entgehen! Also setzte ich meinem Elend ein Ende. Ha!«
»War das der einzige Grund?«, wollte Malinari wissen. »Denn wenn ich mich recht entsinne, war sie ein ziemlich hübsches Ding ...«
»Das auch!« Vavara warf den Kopf in den Nacken. »Aber wie dem auch sein mag, jetzt ist sie hier. Und unsere Mutter
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