ENTWEIHT
dann hatten sie ihn gebeten, die Geschäfte eines gewissen Luigi Castellano unter die Lupe zu nehmen. Die Mehrzahl der europäischen Gesetzeshüter mochte zwar ehrlich sein, eine Handvoll allerdings ließ sich schmieren, und die hatte Castellano in der Tasche. Außerdem zahlte er stets gut für Insider-Informationen.
Der Spitzel wurde nun seinerseits verraten, und so erfuhr Castellano von Lefrancs Schnüffeleien ...
Sie schnappten ihn in Marseille, und um ein Haar wäre dies sein Ende gewesen, hätte Castellano nicht sein Talent erkannt. Was Alfonso Lefranc für die Polizei getan hatte, konnte er nun für seinen neuen Boss, Castellano, erledigen.
Die Bezahlung war gut – weitaus besser als die lächerlichen Almosen, die er von seinen bisherigen Auftraggebern erhalten hatte – aber besser noch war, was daneben für ihn heraussprang: ein Leben in den Kasinos und auf den Yachten der französischen und italienischen Riviera. Elegante Anzüge, Speisen und Getränke nur vom Feinsten und jede Menge lockere Frauen. Castellano unterbreitete ihm ein Angebot, das er unmöglich ausschlagen konnte: Entweder er arbeitete für ihn und führte ein Leben wie Gott in Frankreich, oder sie legten ihn um … Punkt, aus.
Zu diesem Zeitpunkt befanden sie sich auf einer Yacht, die dem Mafioso gehörte, und Lefranc erhielt eine Kostprobe dessen, was jemandem zustoßen konnte, der einem sizilianischen Dealer in die Quere kam. Der Ausflug hatte sich zu einer regelrechten Party entwickelt – eine zügellose Bootsfahrt mit Unmengen von Bollinger im Eiskübel, Designerdrogen auf dem Silbertablett und jungen Mädchen, die sich überall herumrekelten – um den Friedensschluss zwischen Castellano und einem berüchtigten französischen Konkurrenten zu feiern. Frenchie Fontaine hatte wie stets ein paar Leibwächter dabei. Doch die Stimmung an Deck war so freundschaftlich, dass die hartgesottenen Männer schon bald dem Wein zusprachen und dem Charme dreier Sirenen erlagen, mit denen sie sich in eine der Luxuskabinen zurückzogen.
Aber man hatte ihnen etwas in den Wein getan; sie kamen gar nicht mehr richtig zu sich und mussten halb auf Deck getragen werden, nachdem bis auf Frenchie alle anderen Gäste nach unten geschickt worden waren. Nur Lefranc hatte Anweisung, zu bleiben und zuzusehen, wie Castellano den Leibwächtern die Kehlen durchschnitt und seine Männer die Leichen mit Bleigewichten beschwerten, ehe sie sie über Bord stießen. Unterdessen hatte Frenchie, den die Männer des Sizilianers festhielten, begonnen lautstark zu lamentieren, sodass sie ihm abwechselnd in die Fresse hauen mussten, um ihn zum Schweigen zu bringen.
Schließlich ging es ans Abschiednehmen. Castellano schlug eine Plane zurück, und zum Vorschein kam ein schwerer Stahlspind. Frenchie – mittlerweile mit blutverschmiertem Gesicht und Zähne spuckend – sah aus, als könnte er es kaum glauben. Allerdings glaubte er es doch genug, um wieder anzufangen, sich zu wehren, als Castellanos Männer Anstalten machten, ihn in den Spind zu stopfen!
Diesmal bearbeiteten sie, offensichtlich stinksauer darüber, dass Frenchie es sich in den Kopf gesetzt hatte, unbedingt am Leben zu bleiben, seine Ellenbogen, Knie, Rippen und das Rückgrat und machten ihn so wortwörtlich bewegungsunfähig, bis er sich zuletzt nur noch wie eine verkrüppelte Schlange hin und her zu winden vermochte.
Dann ab in den Spind, seinen eisernen Sarg; und die ganze Zeit über redete der Drogenboss Luigi Castellano auf Frenchie ein und erklärte ihm die Sache – selbst noch als er über dem wild Fluchenden und heftig um sich Schlagenden und Tretenden die Tür zuschlug und zwei seiner Männer sich daraufstellen mussten, damit sie auch wirklich zu blieb .
Missbilligend »Na, na!« vor sich hin murmelnd, brachte der Sizilianer ein Vorhängeschloss an, ehe er in seinen Erklärungen fortfuhr, dass dies keineswegs etwas Persönliches, sondern schlicht und einfach Geschäft sei; dass es in der Drogenszene nicht Platz genug für sie beide gebe, auf dem Meeresgrund hingegen werde Frenchie viel Platz haben, unendlich viel Platz, auf halbem Weg zwischen Marseille und Perpignan, in gut zweihundert Metern Tiefe!
Dann das Platschen, mit dem der Spind der Länge nach in der still und reglos daliegenden See landete. Eine Zeit lang hüpfte er auf und ab, ehe er sich beruhigte. Langsam richtete er sich auf, bis er wie ein nasser Grabstein zur Hälfte aus dem Wasser ragte und allmählich anfing zu sinken, als das Meer
Weitere Kostenlose Bücher