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ENTWEIHT

ENTWEIHT

Titel: ENTWEIHT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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trotz (oder, in diesem langen El Niño-Sommer, vielleicht auch gerade wegen) des wolkenlosen Himmels parkten inmitten der ganzen Busse und Lastwagen nur ein, zwei Pkw, und keiner davon hatte ein ausländisches Nummernschild, das ihn als Touristenfahrzeug identifiziert hätte. Die viel gerühmte Mittelmeersonne war schon längst kein Segen mehr, und angesichts einer Temperatur von weit über dreißig Grad, Tendenz steigend, hatte fast jeder die Nase voll. Die Passagiere sehnten sich nach einer kühlen Meeresbrise.
    Wenige Minuten, nachdem das letzte Fahrzeug an Bord war, wurde die Laderampe geschlossen, die Maschinen liefen an und das Schiff setzte sich rückwärts Richtung Hafenmitte in Bewegung. Dort wurde unter besorgniserregenden Vibrationen das Ruder herumgelegt. Das Schiff wendete, nahm Fahrt auf und hielt aufs offene Meer zu. In erstaunlich kurzer Zeit schrumpfte Keramoti zu einer sich vor dem Hintergrund grüner und gelber Hügel und violetter Berge abzeichnenden Spielzeugstadt. Noch einmal so lange, und das Festland war kaum mehr als ein schmaler Strich am blauen Horizont der Ägäis, über dem man verschwommen eine graue Bergkette ahnte. Es hätten ebenso gut Wolken sein können.
    Bei einem Großteil der Passagiere handelte es sich um Griechen; und Liz, die als Kind den Urlaub mit ihren Eltern häufig auf den griechischen Inseln verbracht hatte, fand sie äußerst typisch, um nicht zu sagen: stereotypisch für die Inselbewohner, wie sie sie damals kennengelernt hatte.
    Das charakteristische zahnlose, alte Mütterchen, ganz in Schwarz, mit schwarzem Kopftuch, das sich mit einem schäbigen Koffer und einer Plastiktüte voller Rotbarben abschleppte und dabei unentwegt über die Hitze klagte und darüber, dass ihr armer Fisch mit Sicherheit »hinüber« sein würde, wenn sie endlich in Krassos anlangten. Und eine weitere Großmutter (gut und gern die Schwester der anderen) mit zwei lebenden Hühnern in einem Weidenkorb, die bei jedem Schlingern des Schiffes erschöpft vor sich hin gackerten. Und dann noch eine alte Frau mit ihren Enkeln, zwei kleinen Zwillingsschwestern und deren hyperaktivem Bruder, der partout nicht hören wollte und unbedingt auf die unterste Sprosse der Reling klettern musste, wobei er sich viel zu weit hinauslehnte, um die kreischenden Möwen, die das Schiff begleiteten, mit Brotkrumen zu füttern. Als ein Besatzungsmitglied ihn schroff zurechtwies, stieß der Bengel sich vor lauter Eile, wieder hinunterzuklettern, das Kinn an und suchte heulend auf dem Schoß seiner Großmutter Zuflucht.
    Dann waren da noch die Touristen: in der Hauptsache Deutsche aus den beiden Bussen auf dem Frachtdeck, aber auch ein paar Briten und weitere Nationalitäten, Letztere Individualurlauber, Kurzentschlossene, die wussten, dass sie auf einer vor sich hin kümmernden griechischen Insel außerhalb der Saison keine Schwierigkeiten haben würden, eine Unterkunft zu finden.
    »Verrückte und Engländer ...«, sagte Ian Goodly, der im Schatten stand und zusah, wie junge britische Paare in Shorts und offenem Hemd, sofern sie überhaupt eines trugen, übers Deck stolzierten. »Die werden aussehen wie Krebse, noch bevor sie den Strand zu Gesicht bekommen!«
    Liz entsann sich, wie ihre Freunde beim australischen Sicherheitsdienst sie und die übrigen Angehörigen des E-Dezernats genannt hatten, als sie in Down Under aus dem Flugzeug gestiegen waren. »Blassgesichter aus dem Mutterland«, nickte sie. »Gott sei Dank habe ich in Australien etwas Farbe bekommen. Ich werde mir jedenfalls keinen Sonnenbrand holen!«
    »An deiner Stelle wäre ich mir da nicht allzu sicher«, mahnte der Hellseher. »Bei so einer Hitze … ist man im Freien noch nicht mal im Schatten sicher. Es wird von Sand, Stahl und sogar Felsgestein reflektiert.«
    »Was denn?«, wollte Lardis wissen.
    »Das Sonnenlicht«, erwiderte Goodly. »Zum Glück bin ich anscheinend immun dagegen. Ich nehme nicht so schnell Farbe an und habe auch noch nie Wert darauf gelegt, braun zu werden.«
    Lardis beschirmte mit der Hand seine Augen. »Ich hätte nie gedacht, dass die Sonne jemals so hoch steigen oder so eine Hitze entwickeln könnte. Kein Wunder, dass meine Vorfahren diese Welt Höllenlande nannten! Auf der Sonnseite wird es zwar auch warm – aber doch nicht so sehr. Andererseits wird es dort auch niemals sonderlich kalt.«
    »Ich habe nachgelesen, was über deine Welt in den Akten steht«, meinte Liz, »und ich glaube, ich würde sie gern mal

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