ENTWEIHT
»Aber er ›starb‹ nicht einfach, oder? Ich meine, da steckt noch mehr dahinter, nicht wahr?«
»Verbrannt«, sagte Trask mit einem verstehenden Nicken. »Sagtest du vorhin nicht, die Leiche sei verkohlt gewesen?«
»Ja«, antwortete Manolis. »Nach dem Sturz entzündete sich das Benzin im Tank und die Maschine fing Feuer. Und da der Junge und sein Motorrad an ein und derselben Stelle aufschlugen ...«
Abermals meldete Lardis sich zu Wort. »Er wurde von seinem Motorrad geschleudert und sowohl der Bursche als auch die Maschine schlugen an ein und derselben Stelle auf? Ha! «
»Verstehe«, meinte Trask. Und zu Manolis gewandt: »Ist es das?«
»Ja«, erwiderte Manolis. »Zumindest, was mich angeht. Alles andere solltest du Lardis fragen. Denn was es sonst noch gibt, fällt eher in sein Metier.«
»Was es sonst noch gibt?« Stirnrunzelnd wandte sich Trask an Lardis. »Also, was hältst du davon?«
Lardis‘ für gewöhnlich ohnehin schon harte Stimme klang noch grimmiger und rauer als sonst. »Ich verstehe, dass Manolis einen Beweis braucht – in dieser Welt hier sind ›Beweise‹ ja alles –, aber ich kann dir versichern, dass für mich alles vollkommen klar ist, nicht anders, als wären wir auf der Sonnseite. Nur dass diese Monstren ihre Gräueltaten dort nicht zu verbergen brauchen. Ich sage dir, ich konnte dieses Wesen regelrecht riechen, so wie schon hunderte Mal zuvor! In der Luft hing noch so etwas wie die Spur eines Geruchs – meine Haut war richtig klamm davon – und ich wusste sofort, was das zu bedeuten hat. Jemand beziehungsweise etwas hat diesen sogenannten Unfall verursacht. Und ebendieser Jemand beziehungsweise dieses Etwas hat dem armen Kerl mit dem zerbrochenen Spiegel die Kehle aufgeschlitzt und ihn mitsamt seiner Maschine angezündet, um einen grauenhaften Mord zu vertuschen. So einfach ist das Ganze.«
»Aber es gibt keinen eindeutigen Beweis dafür«, sagten Manolis und Trask beinahe wie aus einem Mund.
»Oh doch, den gibt es!«, sagte Lardis. »Erst sahen wir die durchschnittene Kehle des Burschen, anschließend suchten wir den Unfallort auf und nahmen das ausgebrannte Motorrad in Augenschein. Zum Glück gab es kein trockenes Gestrüpp in dem Flussbett, sonst hätte sich das Feuer noch ausgebreitet. Stattdessen verbrannte bloß das Motorrad – und der arme Kerl natürlich. Allerdings nicht völlig, und was Manolis bisher nicht erwähnte ...«
»... ist das Blut«, sagte Manolis mit leiser Stimme. »Ja, Lardis hat recht. Das große Problem ist das Blut.«
»Das Blut?« Abwechselnd blickte Trask vom einen zum andern.
»Das Blut, welches das Leben ist«, knurrte Lardis. »Aber, weißt du, da war überhaupt kein Blut, Ben! Der Bursche hatte jede Menge Blut verloren, ja, aber nichts davon war in den Staub jenes ausgetrockneten Flussbetts geflossen.«
»Jetzt weißt du alles«, sagte Manolis. »Und zur Hölle mit dem Mangel an Beweisen! Offen gesagt, solange mir niemand erklären kann, weshalb das Blut dieses jungen Mannes fehlt, muss ich Lardis zustimmen. Tief im Innern glaube ich, dass dies das Werk der Vrykoulakas war!«
Danach fiel es den dreien schwer, eine zwanglose Fassade aufrechtzuerhalten. Doch andererseits waren sie bereits ältere, reife Männer, daher erwartete von ihnen niemand, dass sie sich aufführten wie Schuljungen. Was nun diesen jüngsten Hinweis darauf betraf, dass sich Vampire auf der Insel breitgemacht hatten, kamen sie überein, den übrigen Teammitgliedern vorerst nichts davon zu sagen.
Wenigstens die anderen sollten ein stimmungsvolles Abendessen auf der griechischen Insel genießen und heute Nacht ruhig schlafen.
Morgen würden sie alles erfahren, das wäre immer noch früh genug, ihnen jede Illusion bezüglich des idyllischen Eilands zu nehmen. Nicht dass sie diesbezüglich viele Illusionen hatten ...
Das »Sunset« war ein sauberes, allerdings nicht sehr bemerkenswertes kleines Lokal am westlichsten Ende des Kais von Skala Astris. Mit seinen himmelblauen Plastikstühlen und quadratischen weißen Tischen, die auf jeden Fall wackelten, sofern man nicht je ein Bein mit mindestens drei Bierdeckeln unterlegte, schmiegte es sich unter ein riesiges Sonnensegel. Dort nahmen die acht so grundverschiedenen Gefährten Platz, indem sie zwar in ihren jeweiligen Grüppchen zusammenblieben, sich aber so setzten, dass sie hören konnten, was an den Tischen der anderen gesprochen wurde. David Chung, Stavros und Liz saßen an einem Tisch, Andreas und Goddly an einem
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