ENTWEIHT
ihren Festen. Nun, wir haben zwei Orte ausfindig gemacht, die ihre Feste beziehungsweise Festen sein könnten. Und jetzt will ich wissen, was sich darin befindet.« Er schlug eine Karte auf und tippte mit dem Zeigefinger darauf. »Vorhin ist Liz auf diese Anhöhe gestoßen – sie war im Weg, als Liz einen Blick durch ein Teleskop warf. Zufällig ist es die höchste Stelle in der Umgebung, und wenn ich meine Karte richtig lese, bedeuten diese Höhenlinien, dass man von dort aus nahezu freien Blick auf beide Orte hat. Dorthin fahren wir als Nächstes!«
Damit erhob er sich. »Jungs – und Mädchen – ihr habt fünfzehn Minuten, um euch frisch zu machen, euch umzuziehen und zu erledigen, was ihr noch erledigen müsst. Dann brechen wir auf. Wir müssen diese nächste Phase hinter uns bringen, ehe die Sonne untergeht. Der Grund dürfte wohl jedem klar sein. Also los!«
Und fünfzehn Minuten später brachen sie mit zwei Allradfahrzeugen auf ...
Zunächst nahmen sie einen Feldweg, der um einen Olivenhain herumführte, dann ging es etwa anderthalb Kilometer weit ins Innere der Insel bis zum Fuß der Anhöhe. Diesen bildete ein sich rings um den Fels, der in Wirklichkeit offen zu Tage liegendes Marmorgestein war, erstreckender Geröllgürtel. Am Südrand war der Hang ziemlich steil und kreuz und quer von durch kargen Bewuchs an den Fuß des Felsens führenden Ziegenpfaden durchzogen. Die Fahrzeuge schafften die Steigung ohne größere Schwierigkeiten, doch von da an mussten die acht zu Fuß weitergehen.
Trask machte sich Sorgen wegen Lardis und meinte, es sei vielleicht besser, wenn er sich ausruhen und hier warten würde, doch der alte Lidesci beharrte darauf, dass er derartige Klettertouren gewohnt sei. »Das ist doch bloß ein kleiner Hügel«, sagte er. »Meinerzeit habe ich das Grenzgebirge erklommen!«
»Aber dies ist nicht deine Zeit«, sagte Trask, während er sich den von Felsbrocken übersäten Hang hinaufmühte.
»Deine auch nicht, wie es aussieht!«, entgegnete Lardis und folgte ihm.
Als sie noch knapp dreißig Meter vor sich hatten, traf sie heller Sonnenschein, der von Westen her einfiel, und als die Kuppe allmählich flacher wurde, kamen sie auch leichter voran. Von oben hatte man eine Aussicht, wie Trask sie nur wünschen konnte: Beinahe genau südlich von ihnen reflektierten die sich deutlich von dem düsteren gotischen Bauwerk abhebenden Kuppeln des Palataki das Sonnenlicht, und im Südosten, wo die Klippen steil zum Meer hin abfielen, erstrahlten in goldenem Glanz die Türme des Klosters. In dieser Richtung lag über dem Mittelmeer bereits die Dämmerung, kleine, weiße Wellenkämme sprenkelten die tiefblaue Oberfläche.
Es war höchste Zeit. David Chung und Liz suchten sich einen flachen Felsbrocken als Tisch und machten sich bereit, durch ihre Feldstecher zunächst die vergoldeten Kuppeln des Palataki in Augenschein zu nehmen.
»Bedenkt«, sagte Trask, als sie sich an die Arbeit machten, »dass das Gebäude über einer Mine errichtet ist. Durchaus möglich, dass wir weder in den Kuppeln dort noch im Haupthaus finden, wonach wir suchen. Yiannis zufolge wurde vor dem Krieg das ganze Kap bei einem Schürfprojekt der Deutschen von Stollen durchzogen, regelrecht ausgehöhlt. Soviel wir wissen, kann Vavara im wahrsten Sinne des Wortes in die Unterwelt abgetaucht sein. Andererseits vermuten wir, dass sie sich im Kloster aufhält, in diesem Fall muss im Palataki etwas anderes sein. Malinari? Wir wissen es nicht … aber wir wollen es in Erfahrung bringen.«
»Wir werden es gemeinsam angehen«, meinte Liz ruhig, »indem wir unsere Gedankensonden miteinander teilen.«
»Aber passt auf«, sagte Trask, »seid auf der Hut und bereit, euch sofort zurückzuziehen, sollte irgendetwas – irgendetwas ...«
»... sollte irgendetwas versuchen, euch abzutasten«, führte der Hellseher, Ian Goodly, den Satz für ihn zu Ende.
Der Lokalisierer hatte Malinaris Kampfhandschuh griffbereit, die matte Metallumhüllung schimmerte leicht im allmählich schwindenden Sonnenlicht. Im Westen berührte der untere Rand der Sonne bereits den bläulich-grauen Kamm einer fernen Bergkette.
Die beiden ESPer standen Schulter an Schulter, die Ellenbogen auf den Felsbrocken gestützt, die Köpfe nach vorn gebeugt und die Ferngläser an den Augen …
Nach etwa einer Minute absoluten Schweigens, unterbrochen lediglich von dem Geräusch nervös über den kalkhaltigen Untergrund scharrender Füße, sagte Liz plötzlich: »Ein Wimmeln,
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