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ENTWEIHT

ENTWEIHT

Titel: ENTWEIHT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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sich ein Steinchen vom Felsrand. Innerhalb eines Sekundenbruchteils schlug es mit leisem Poltern unten auf. Was folgte, war ein vielstimmiges, gleich darauf wieder verhallendes, dumpf polterndes Echo.
    »Ah! Bist endlich zu dir gekommen, was?«, vernahm sie eine kurzatmig wirkende, menschliche Stimme. Sie kam aus der Richtung der winzigen Kerzenflamme, ein keuchendes Flüstern, das im Dunkeln dennoch weit zu hören war, sodass selbst das Geflüster von den Wänden widerhallte.
    Die Kerze war zum Stillstand gekommen. Doch nun bewegte sie sich schneller vorwärts, die Schritte wurden ein wenig lauter. Hinter der Kerze, diese hochhaltend, nahm Millie eine verkrümmte Gestalt wahr, die sie auf Anhieb wiedererkannte. Sie war klein und bucklig. Eigentlich konnte es sich nur um den zwergenhaften Mann handeln, den sie auf dem U-Bahnsteig gesehen hatte, kurz bevor das Licht ausging. Um den Zwerg, der die Lampen sabotiert hatte. Offensichtlich eine von Lord Szwarts Kreaturen.
    Zurzeit meine einzige Kreatur, erscholl Szwarts Stimme in Millies Geist. Millie zuckte zusammen. Für einen Moment hatte sie ihre Abschirmung sinken lassen. Oder vielmehr, er war meine einzige Kreatur. Jetzt habe ich ja noch dich. Er ist vielleicht nicht der Schönste, gewiss. Aber wer bin ich schon, dies zu kritisieren? Wie dem auch sein mag, hab’ keine Angst. Wally wird dir nichts tun. Er weiß, wie wichtig du für mich bist.
    Deine einzige Kreatur? Millie konnte nicht anders, der Gedanke kam ihr einfach. Was ist mit diesen Frauen? Und mit Andre Corner?
    Ah ja, diese Frauen, wiederholte Szwart ihre Worte (spöttisch, wie es Millie schien). Und Andre Corner. Hmmm! Er hielt inne, so als müsste er überlegen. Nun, Vavaras Weiber haben ihren Zweck erfüllt. Und was Mr. Corner betrifft – »Experte« für den menschlichen Geist; den meinen hätte er in hundert Jahren noch nicht ermessen – der weilt schon seit Langem nicht mehr unter uns. Allerdings war er auf seine Art nützlich. Er wies mir den Weg nach London und erzählte mir von älteren, düstereren Orten in lichtlosen Gängen unter der Erde. Doch dann entdeckte ich dieses vergessene Reich, den allerältesten Teil Londons, und nahm ihn in Besitz.
    Millie überlief ein Schauder und Lord Szwart spürte dies. Du findest mich hässlich, nicht wahr?, knurrte er drohend. Meine Person und selbst meine Gedanken. Hässlich, aye. Nun gut, so sei es! Doch jetzt genug davon! Besser, du passt gut auf deine Gedanken auf, bis ich in eigener Person zurückkehre, kleine Gedankendiebin, und hüte dich davor, mich weiter abzulenken. Lord Szwart hat zu tun ...
    Damit verschwand Szwart aus Millies Geist. Dafür war der Bucklige, Wallace Fovargue, näher gekommen und stellte im Augenblick die größere physische Realität, wenn nicht Bedrohung dar. Millie hatte den Kerzenschein irgendwo zur Linken ihres düsteren Gesichtsfelds, ein gutes Stück unterhalb ihrer Füße, verschwinden sehen, doch aus derselben Richtung vernahm sie noch immer Wallys angestrengtes Keuchen, während dieser so etwas wie eine Treppe erklomm, die zu ihr nach oben führte. Schwankend kam nun die »Kerze« in Sicht und Millie sah, dass es sich in Wirklichkeit um eine uralte Petroleumlampe handelte, deren Docht heruntergedreht war. Und hinter diesem schwachen Schein tauchte wie ein grobschlächtiger Unhold aus einem alten Schwarz-Weiß-Horrorfilm Wally auf.
    Als Wally über das breite Sims auf sie zukam, richtete Millie sich auf die Knie auf und sah ihm entgegen. Dabei merkte sie, dass ihre Rüschenbluse aufklaffte, weil jemand sie ihr aus der Hose gezogen und aufgeknöpft hatte, und spürte, wie ihr die BH-Körbchen ins Fleisch schnitten. Jemand hatte sie nach oben geschoben, um ihre Brüste freizulegen. Rasch richtete sie ihre Kleidung, stopfte die Bluse wieder in den Hosenbund und hob dann, die Finger zu Klauen gekrümmt, bereit, ihm das Gesicht zu zerkratzen, abwehrend die Hände.
    »Ich warne dich«, stieß sie hervor. »Versuche bloß nichts Unüberlegtes.«
    Wally hatte gesehen, dass sie an ihrer Bluse herumfingerte, und war stehen geblieben. »Äh, wegen deinen Klamotten«, flüsterte er, beinahe hechelnd, seine Stimme erstaunlich zaghaft. »Das iss’ passiert, als ich … als ich dich hier raufgeschleppt hab’. Aber 's war keine Absicht, glaub das bloß nich’, so was würde ich ohne … ohne Erlaubnis nämlich nie tun. Das brauche ich gar nich’, verstehst du, ich hab’ nämlich … ich hab’ nämlich meine Bilder.«
    Sehen,

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