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ENTWEIHT

ENTWEIHT

Titel: ENTWEIHT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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Aber, sag mir, warum weiß niemand von der Existenz dieses Ortes?«
    Wally zuckte die Achseln. »Was nützt 'ne geheime Kultstätte, wenn jeder Bescheid weiß? Außerdem iss’ das schon lange her. Seitdem hat‘s jede Menge Erdrutsche, kleinere Erdbeben unn’ Einstürze gegeben. Ich war früher Kanalarbeiter unn’ bin in den ganzen unterirdischen Anlagen 'rumgekommen, ja, das bin ich, unn’ ich kenne jeden Abwasserkanal hier unten, jeden Gang unn’ jeden Wasserlauf – unn’ ich bin nich’ darauf gestoßen. Aber Szwart, äh, Lord Szwart, er hat 'ne Nase für alles, was tief unter der Erde unn’ dunkel iss’. Unn’ viel tiefer oder dunkler als hier geht‘s nich’ mehr.«
    Er hatte bereits begonnen, sich Millie Zentimeter um Zentimeter um den Altar herum zu nähern, da fiel ihr etwas auf: ein merkwürdiger, flackernder Schein an einer Stelle, an der die Höhle sich unter einem natürlichen Felsbogen verengte. Und als Wally die Hand nach ihr ausstreckte – und sie zum ersten Mal bemerkte, wie breit seine Schultern und wie ungeheuer kräftig seine Oberarmmuskeln waren –, sagte sie: »Ist das etwa Szwart, der da zurückkommt?«
    »Eh? Was?« Vor lauter Angst vollführte Wally buchstäblich einen Tanz. Wie ein grotesker Balletttänzer wirbelte er herum, mit unstetem Blick ruckte sein Kopf hin und her.
    »Das Licht«, sagte Millie. »Hinter dem Felsbogen dort drüben.«
    »Eh?«, schnaufte Wally. Sein übel riechender Atem ging wieder keuchend und stoßweise. Dann sagte er mit einem Seufzen: »Ach, das!« Doch der verschlagene Ausdruck war aus seinen Augen gewichen. »Komm’ mit, ich zeig‘s dir. Immerhin hat er ja gesagt, ich soll dir zeigen, was er hier unten ›geschaffen‹ hat. Ich, ich würd’ ja eher von ›züchten‹ sprechen, aber er sagt ›geschaffen‹.«
    Millie folgte dem kleinwüchsigen Mann bis zu einer Stelle, an der die sechseckigen Platten trockener, bröckeliger Erde wichen, und als sie unter dem natürlichen Felsbogen hindurchging, sah sie, was Lord Szwart »geschaffen« hatte.
    Die Petroleumlampe brauchte sie nun nicht mehr (dennoch hielt sie sich an ihr fest, und sei es auch bloß, um sie im Falle eines Falles als Waffe zu benutzen), denn Szwarts Garten verfügte über eine eigene Lichtquelle: eine blau leuchtende, organische Masse, die in einer sich hinter dem Felsenbogen auftuenden, womöglich noch größeren Höhle eine Fläche mit einem Durchmesser von gut sechs Metern bedeckte. Der helle Glanz stammte von dem, was dort, in jenem noch nie von der Sonne berührten Lehmboden, fünfhundert Meter unter London, wucherte: ein unterirdischer Garten schwarzer, vampirischer Pilze. Schwarze Pilze, die dort Trauben bildeten, mit wie vor Schweiß glänzenden Kappen, die Lamellen vor lauter Sporen aufgedunsen. Totensaat, wie das E-Dezernat dazu sagte!
    Zwar hatten die Pilze Wurzeln geschlagen, doch konnte dieser leblose Grund unmöglich ihre Nahrungsquelle sein. Und dann sah Millie, was los war: Auf der Seite lagen zerknittert zwei schwarze Gewänder mit Hauben, wie Nonnen sie trugen, darauf ein Häufchen Unterwäsche …
    Im ersten Augenblick herrschte in ihrem Geist vollkommene Leere, sodass sie kaum mitbekam, was Wally mit leiser, ehrfürchtiger Stimme zu ihr, vielleicht auch zu sich selbst, sagte. »Er meint, eigentlich brauchen die gar keinen Nährboden«, murmelte der bucklige Zwerg, »aber die beiden sin’ wie Muttermilch für ihre Babys, unn’ was danach rauskommt, iss’ dann umso stärker. Ich, ich hab’ keine Ahnung davon. Ich sag’ bloß, wahrscheinlich hat er recht. Aber, Gott, was für 'ne Sauerei!«
    Wally hatte recht; es war in der Tat eine fürchterliche Schweinerei ...

ZWEIUNDZWANZIGSTES KAPITEL
    JAKE – DER RUF ERHÄLT ANTWORT. E-DEZERNAT – STURM AUFS KLOSTER
    Millie wollte ihren Augen nicht trauen. Sie wagte nicht zu glauben, was sie da sah, und schlug die Hand vor den Mund. Es drehte ihr schier den Magen um. Einen Schrei unterdrückend, starrte sie entsetzt zunächst auf den Haufen weggeworfener Kleider, dann auf die Pilze, schließlich auf den aufgedunsenen Garten und betete darum, nicht wieder ohnmächtig zu werden.
    Erst vor ein, zwei Stunden hatte Millie diese schrecklichen Frauen noch an einer Londoner U-Bahn-Haltestelle gesehen. Es konnte nur an Lord Szwarts unglaublichen metamorphen Kräften liegen, an irgendetwas in seiner ungeheuren, fremdartigen Natur, dass etwas Derartiges in so kurzer Zeit geschehen konnte.
    Denn nun erblickte Millie inmitten des

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