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ENTWEIHT

ENTWEIHT

Titel: ENTWEIHT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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Nacht von ihrer Präsenz erfüllt. Sie war aufgestanden und wusste, dass jemand hier war – frage mich nicht, wie sie das anstellt. Sie spüren es einfach, diese Kreaturen. Vielleicht wittern sie einander ja. Du wirst es nicht glauben, aber ich warnte ihn doch tatsächlich! ›Sie kommt!‹, flüsterte ich. ›Vavara kommt!‹
    ›In der Tat‹, erwiderte er, ebenfalls flüsternd. ›Und wir beide, du und ich, werden ebenfalls kommen. Aber nicht jetzt.‹
    Ich ordnete meine Kleider und wich von ihm zurück, gerade noch rechtzeitig. Er nahm Sara wieder in die Arme. Ihre Kapuze war zurückgerutscht, sodass ich ihr Gesicht sehen konnte. Und, Gott, war sie verunstaltet, die arme Seele – falls sie noch eine Seele hatte!
    Aber ihr Gesicht! Du weißt doch, Anna, wie hübsch Sara war? Nun, sie war ebenso hübsch wie du. Doch nun, wo sie ihr das Haar geschoren hatten, das meiste davon mitsamt der Wurzel ausgerissen … Ihre Lippen waren so perfekt, so exakt weggeschnitten, dass sie aussah wie ein Fisch. Ihre gelben Augen waren so wie deine und meine, doch ihre Ohren … ach, sie hatte keine Ohren mehr!
    ›Ah, sieh nur‹, sagte Maralini, indem er sie hochhob. ›Deine Gebieterin hat ihre sanfte, liebende Hand nicht verloren.‹
    Da kam auch schon Vavara aus dem Turm. Sie erschien am Fuß der Treppe und glitt über den Innenhof zu der Tür unter dem Torbogen.
    ›Malin...!‹, begann sie, doch dann verstummte sie plötzlich. Ihre Überraschung, wenn nicht Erregung, stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. Und obwohl ihre Stimme wie stets zuckersüß war, klang sie doch scharf und wütend. Aber er fiel ihr ins Wort.
    ›Oh, nein‹, sagte er, seine Stimme ein Hauch aus der Hölle. ›Weder Malin noch Malinari, sondern Maralini . Vater Maralini, Vavaaaara!‹
    ›Was ist mit unseren Plänen?‹, fragte sie. ›Wir hatten eine Abmachung, dass wir nicht mehr zusammenkommen wollten, bis alles gesichert sei … und auch dann nur, um die Grenzen unserer Reviere festzusetzen. Ich hatte dich doch ausdrücklich gebeten, nicht hierherzukommen! Dies ist der schlechtmöglichste Zeitpunkt, ich habe genug eigene Probleme, um die ich mich kümmern muss.‹
    ›Das glaube ich gern‹, entgegnete ›Vater‹ Maralini, seine Worte sehr sorgfältig wählend. ›Anscheinend bin ich auf dem Weg hierher zufällig auf eines deiner Probleme gestoßen.‹ Damit präsentierte er ihr Sara, die sabbernd in seinen Armen lag.
    ›Deine Berührung?‹, fragte Vavara. ›Und, hast du auch ihre Gedanken gelesen?‹
    ›Ja, habe ich. Hätte ich ihrer Flucht kein Ende gesetzt, befändest du dich jetzt in ernsthaften Schwierigkeiten. Was natürlich bedeuten würde, dass auch ich Ärger bekäme. Und davon habe ich in jüngster Zeit mehr als genug gehabt. Aber ...‹ Er wandte sich um und bedachte mich mit seinem Blick. ›... sollten wir das nicht unter vier Augen besprechen?‹
    ›Wir sollten überhaupt nichts besprechen‹, entgegnete sie. ›Du dürftest gar nicht hier sein. Aber da du nun schon einmal da bist und ich, wie es aussieht, in deiner Schuld stehe … komm mit!‹
    Danach wandte Vavara sich mir zu: ›Du, Delia‹, sagte sie, ›kümmerst dich um das hier! ‹ Damit meinte sie Sara. ›Du weißt, wo sie hingehört. Die Tür ...‹ – sie warf Maralini einen vielsagenden Blick zu – ›... brauchst du nicht abzuschließen. Sara ist jetzt sicher. Sie wird nie mehr versuchen, wegzulaufen. Sie weiß nicht mehr, wie ...‹
    Dann packte Vavara mich, noch ehe Maralini mir Sara übergeben konnte, bei den Schultern und schüttelte mich. Doch, ah! – sie verfügte über die widernatürliche Kraft eines Vampirs! ›Wir beide, du und ich, unterhalten uns später, Delia‹, zischte sie. ›Über Sara – und darüber, wie sie entkommen konnte, während du Wache hieltest!‹
    Doch seither hat sie das Thema nicht mehr angeschnitten. Vielleicht hat sie es ja vergessen, schließlich hat sie genug um die Ohren. Und ich bin froh darüber, so froh …
    Na ja, jedenfalls musste ich noch den Rest jener Nacht Wache halten, und es war eine lange Nacht. Und frage mich nicht, Anna, weshalb ich in den neun Nächten, die seither verstrichen sind, nicht selber wegrannte. Ich weiß es nicht. Oder vielleicht doch? Wahrscheinlich würde mich dasselbe grässliche Schicksal erwarten wie Sara. Deshalb läuft hier doch keine weg: aus Angst vor dieser Vampirhexe Vavara. Und jetzt auch vor Maralini.
    Später in jener Nacht sah ich ihn. Er streifte umher und machte sich mit

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