ENTWEIHT
unvorstellbaren – Dinge, die er vollbringen könnte. Aber schlimmer noch, du hast ihm nichts über die Gefahren erzählt, kein Wort darüber, was mit dem ursprünglichen Necroscope geschehen ist.«
Trask ließ sich das durch den Kopf gehen und seufzte. »Was, wenn ich es ihm sage und er es nicht verkraften kann, es rundheraus ablehnt und uns einfach davonläuft?«
»Dieses Risiko musst du eingehen«, erwiderte Liz, »und sei es nur um deinetwillen. Und hör auf damit, dir vorzumachen, du hättest keine ›ethischen Bedenken‹ – das ist bloß ein anderer Ausdruck für ›Gewissen‹. Glaubst du etwa, du wärst der Einzige, der die Wahrheit erkennt, wenn sie vor ihm steht? Nun, das bist du nicht.«
»Man sollte niemals versuchen, einen ESPer zu täuschen«, meinte Trask trocken.
»Und auch keine ESPerin«, nickte Liz. »Insbesondere keine Telepathin. Ich erkenne ein schlechtes Gewissen, wenn ich es vor mir sehe.«
Erst Millie und jetzt du, dachte er. Gibt es denn überhaupt keine Privatsphäre mehr? »Dann bin ich bei all dem also der Böse?«
»Nein, ich glaube, es geht dir einfach zu nahe. Nach der Sache mit Zek ...« Am liebsten hätte sie sich auf die Zunge gebissen, doch Trask ging nicht darauf ein.
»Anstatt zu versuchen, Jake zu ›heilen‹, sollte ich also einfach versuchen, ihm zu vertrauen?«
»Ich glaube, alle anderen sind auch dieser Meinung.«
»Hast du mit ihnen darüber gesprochen?«
»Das brauche ich nicht. Aber eines kann ich dir sagen: Während unserer Besprechung vorhin fragte sich der ein oder andere durchaus, weshalb Jake nicht zugegen war.«
»Hör zu«, sagte Trask nach einer Weile. »Nach allem, was du mir eben erzählt hast, könnte man es mir durchaus nachsehen, wenn ich der Meinung wäre, dass Jake Cutter vielleicht – nur vielleicht – die Saat einer Seuche in sich trägt. Er weist alle Symptome auf, allerdings nicht körperlich, sondern in seinem Geist. Irgendetwas befindet sich mit Gewissheit darin. Und wie du ja selbst einräumst, glaubst du ebenfalls nicht, dass es sich um etwas handelt, das Harry Keogh hinterließ, um auf Jake aufzupassen. Wenn Jake ›nur‹ ein Mensch ist, wenn auch mit den Kräften eines Necroscope ausgestattet, so unausgereift sie sein mögen, dann gut. Dann werden wir ihn darin unterstützen, seine Fähigkeiten zu entwickeln und einzusetzen – ja, zu unserem Nutzen, aber auch zu dem seinen und für das Wohlergehen der ganzen Welt. Aber sollte sich herausstellen, dass er weit mehr ist oder vielmehr ›anders‹ als bloß ein normaler Mensch mit außergewöhnlichen Kräften ...«
Er brauchte nichts weiter zu sagen, den Rest sah sie in seinem Geist – Jake Cutter, niedergestochen, enthauptet und brennend! Und ihr war klar, dass Trask wollte, dass sie es sah, dass er sich mit voller Absicht darauf konzentriert hatte.
»Mein Gott!« Sie schlug die Hand vor den Mund.
»Was ist los?«, wollte Trask wissen – dabei wusste er sehr wohl, was los war! Es mochte zwar ein Leichtes für sie sein, seine Gedanken zu lesen, aber es fiel ihr weit schwerer, den Mann auszuspähen, in den sie sich gerade verliebt hatte. Dies machte einen Teil ihres Entsetzens aus, einen anderen Teil die Tatsache, dass er ihr die furchtbare Wahrheit auf einen Schlag deutlich vor Augen führte.
»Aber wir reden hier von Jake!«
»Ja«, nickte Trask, »und das ist der Unterschied zwischen Bruce Trennier oder Jethro Manchester samt dessen Familie und jemandem, den du liebst. Liz, ich möchte ihn doch auch viel lieber heil sehen als ihn töten. Deshalb war ich die ganze Zeit über so zurückhaltend. Falls er – falls wir in Gefahr sind, will ich das Ganze nicht womöglich noch beschleunigen, indem ich ihm sage, was mit Harry und seinen beiden Söhnen geschah und was ihm vielleicht noch bevorsteht! Ich werde ihn einfach beobachten, hoffen und beten und auf einen unbestreitbaren Beweis warten, ganz gleich in welcher Richtung.«
»Aber ...«
» Aber es gibt noch eine weitere Möglichkeit«, schnitt er ihr das Wort ab. »Ich kann tun, was du verlangst und ihm alles – wirklich alles – erzählen und zusehen, wie er reagiert. Sollte er danach weiterhin, vielleicht umso heftiger dagegen ankämpfen, dann wissen wir, dass er es auch wert ist, sich mit ihm abzugeben und gerettet zu werden. Aber falls er diesem Ding nachgibt und unterliegt … nun, dann werden wir das ebenfalls merken. In diesem Fall müssten wir ihn umso genauer im Auge behalten. Und das wirst dann wohl
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