ENTWEIHT
Sardinenbüchsen!«
»Normalerweise wären sie das auch«, meinte Chung.
»Ach ja«, nickte Trask. »Ich vergaß – El Niño.«
»Ganz recht«, sagte Chung. »Die Leute flüchten vor der Sonne! Außerdem ist auf ein paar griechischen Inseln, vor allem Zypern, Kreta und Rhodos, die Pest ausgebrochen. Hinzu kommen diverse politische Probleme – die ganzen Spannungen und so weiter – das schreckt die Leute ab.«
»Das ist anzunehmen! Aber die Pest? Die neue Art der Beulenpest aus China? Ich dachte, man hätte alles im Griff?«
»Wir schon«, pflichtete der Lokalisierer ihm bei. »Die reichen Länder zumindest. Aber die weniger reichen haben Schwierigkeiten, die Medikamente zu bezahlen. Wir helfen ihnen zwar aus, aber das geht nicht so von heute auf morgen – der übliche bürokratische Weg. Aber darüber brauchen wir uns nicht den Kopf zu zerbrechen; die Impfungen, die wir drüben in Australien erhielten, reichen vollkommen aus. Ich fühle mich immer noch ganz wund von der Spritze!«
»Okay«, sagte Trask. »Dann besorge uns Tickets für morgen. 08:30 Uhr ab …?«
»Gatwick«, führte Chung den Satz für ihn zu Ende. »Aber was hast du gemeint, als du sagtest, es könnte uns sogar dienlich sein?«
»Als Touristen«, entgegnete Trask, »als ganz gewöhnliche Urlauber werden wir keinem auffallen. Weißt du, ich habe vor, das Spiel nach ihren Regeln zu spielen, den Regeln der Wamphyri. Genauso, wie sie sich verhalten haben, bislang jedenfalls. Anonymität ist gleichbedeutend mit einem langen Leben, heißt es nicht so?«
»So heißt es«, sagte Chung.
»Also verhalten wir uns unauffällig«, sagte Trask. »Wenigstens so lange, bis wir ihnen auf die Pelle rücken. Okay, was ist mit den restlichen Reisevorbereitungen?«
»Ian, Liz und Lardis haben ihren Flug für morgen bereits. Sie fliegen direkt nach Szeged. Um die Mittagszeit, vielleicht auch ein bisschen später, wollen sie sich mit Vladi Ferengi unterhalten, und wir werden dann bei Manolis sein.«
»Und mit Liz gibt es keine Schwierigkeiten?«
Chung schüttelte den Kopf. »Ich sagte ihr, wo Jake ist. Anscheinend hat sie sich damit abgefunden – mit der Tatsache, dass er wohl immer diese Art von Ärger machen dürfte. Jedenfalls so lange ...«
»So lange, bis er mit ihnen abgerechnet hat«, sagte Trask. »Ich weiß. Und falls er zufällig tatsächlich mit ihnen fertig werden sollte – das heißt ohne sich dabei umbringen zu lassen – dann ist es ja vielleicht wirklich nur zum Besten ...« Damit begann er wieder auf und ab zu wandern.
»Was ist los, Chef?«, fragte Chung besorgt. »Ich meine, abgesehen von alldem hier?«
»Abgesehen von allem? Nichts! Jedenfalls nichts, was ich nicht wieder in Ordnung bringen könnte. Und das werde ich gleich in Angriff nehmen, sobald du gegangen bist.«
Als Chung der Tür zustrebte, rief er ihm nach: »David, kannst du eine Weile das Heft in die Hand nehmen und zusehen, dass in den nächsten paar Stunden alles glatt läuft? Ich brauche ein bisschen Zeit, um etwas zu klären.«
»Kein Problem«, sagte Chung, indem er die Tür hinter sich zuzog ...
Kaum war Trask allein, hängte er sich ans Telefon und rief Millie Cleary an. »Millie, wegen dieses Abschiedskusses, den du erwähntest?« Er holte tief Luft und hielt sekundenlang den Atem an, ehe es aus ihm herausplatzte: »Was würdest du dazu sagen, wenn wir noch ein, zwei Schritte weiter gingen?«
»Wie bitte?« (Sie klang mehr als nur überrascht.)
»Ich habe heute Abend frei«, sagte Trask. »Wie steht es mit dir?«
»Ich kann über meine Zeit frei verfügen«, erwiderte sie spitz. »Schon vergessen? Ich habe keine Koffer zu packen.«
»Und meine sind immer gepackt«, entgegnete er. »Darum dachte ich mir, vielleicht finden wir irgendwo ein ruhiges Lokal mit einem riesigen Ventilator an der Decke, trinken dort etwas ...«
»Und anschließend gehen wir essen, du zahlst?«
»Danach dürfte es gerade so Zeit fürs Bett sein«, sagte Trask und hielt erneut den Atem an. Immerhin bestand ja die Möglichkeit, dass er sie völlig falsch verstanden hatte.
Das hatte er jedoch nicht, und obwohl er kein Telepath war, war ihm klar, dass sie auf die ihr eigene Art lächelte, als sie ihn fragte: »Gehen wir zu dir oder zu mir?«
In der Nacht zuvor hatte Jake, nachdem Liz ihn in seinem Zimmer allein gelassen hatte, versucht, eine Handvoll der Dezernatsakten zu lesen, die Trask ihm gegeben hatte, konnte sich jedoch nicht konzentrieren. Immer wieder wanderten seine
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