Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)
zusammenzubrechen. Also starrte ich weiter bewegungslos an die Wand, hielt aber seine Hand fest in meiner.
Er drückte schließlich meine Hand, seufzte dann schwer und ich bemerkte aus dem Augenwinkel, wie er seinen Kopf gegen die Wand fallen ließ und die Augen schloss. Und wieder in seine Starre fiel. Ich bemerkte es an seinen langsamer werdenden Atemzügen. Er saß völlig bewegungslos da, die Augen geschlossen, seine Hand lag locker aber warm in meiner und sein Brustkorb hob und senkte sich in einem gleichmäßigen, langsamen Rhythmus.
Ich saß ebenfalls ruhig neben ihm und starrte Luftlöcher in den Raum. Eine Weile lang dachte ich an gar nichts, versuchte einfach nur, die Zeit vergehen zu lassen, doch irgendwann sprangen mich die unausweichlichen Gedanken schließlich von hinten an und ich begann, über David nachzudenken. Ich musterte ihn aus dem Augenwinkel, da ich mich nicht traute, mich zu bewegen, um ihn nicht aus seiner Trance zu reißen. Er hatte keinen Plan. Er hatte nie einen Plan gehabt, das war mir nun klar. Er wollte mir tatsächlich nur beistehen. Warum auch immer. Und setzte dafür sein Leben aufs Spiel.
Eine riesige Welle der Zuneigung und Dankbarkeit überrollte mich bei diesem Gedanken. Dankbarkeit, weil da tatsächlich jemand war, der mir beistand, der mich nicht alleine ließ. David war der erste Mensch, oder besser gesagt das erste Wesen, das mir beistand. Zum ersten Mal in meinem Leben war da jemand, dem nicht egal war, was mit mir passierte. Der sich ausreichend für mich und mein Schicksal interessierte, um mir Halt zu geben. Und das, obwohl ich ihn nicht darum gebeten hatte. Genauer gesagt, sogar trotz der Tatsache, dass ich ihn verscheucht und beleidigt hatte. Er war dennoch an meiner Seite geblieben und wollte mir helfen, mich aus dem Griff der Dunklen zu befreien.
Und allein, dass er nun neben mir saß, gab mir Kraft. Es war zwar abersinnig, aber allein seine Anwesenheit, sein Schatten, der über mich zu wachen schien, gab mir ein Gefühl von Geborgenheit, das ich so nie zuvor erlebt hatte. Zum allerersten Mal in meinem Leben hatte jemand ausreichend Interesse an mir, um mir in einer kritischen Situation beizustehen. Zum allerersten Mal bemerkte überhaupt jemand, dass ich Hilfe benötigte. Das war neu für mich und überwältigend. Und was immer das für andere seltsamen Gefühle waren, die ich für David empfand und jetzt nicht näher entschlüsseln wollte, ich wollte, dass er lebte.
Und deswegen akzeptierte ich nicht, dass ich David keine nährende Energie geben konnte. Immerhin war ich keine reine Helle. Ich war ein seltsames Mischwesen, das jahrelang ohne äußere Energiequellen überlebt hatte. Ich hatte meine eigene Quelle in mir. Ich konnte mich selbst nähren, mich selbst mit Kraft aufladen. Wieso sollte ich diese Kraft nicht an einen anderen weitergeben können?
Mich durchfuhr ein aufgeregtes Kribbeln und ich setzte mich aufrechter hin. David reagierte nicht. Ich hielt weiterhin seine Hand fest und konzentrierte mich dann ganz auf meine mentale Kraft, auf die pulsierende Energiekugel in meinem Kopf. Dann suchte ich meinen Schutzwall, hob ihn komplett hoch, so dass David alle meine Gedanken lesen konnte. Dann rief ich ihn in Gedanken an.
Er reagierte nicht. Ich rief erneut, doch wieder keine Reaktion. Ich öffnete die Augen und tippte David schließlich an die Schulter. „David, wach auf.“
Er reagierte immer noch nicht. Ich fasst e ihn stärker an der Schulter, drückte sie und rief seinen Namen sowohl laut als auch in Gedanken, doch bis auf ein leises Stöhnen bekam ich keine Antwort. Er öffnete nicht einmal die Augen.
Panik wollte in mir hochsteigen, doch ich schluckte sie gleich wieder hinunter. Ich durfte meine Konzentration jetzt nicht gefährden, ich musste ruhig bleiben, um bei meiner Kraft zu bleiben, bei der pulsierenden Energiekugel in meinem Kopf.
Ich schüttelte erneut , und diesmal ziemlich kräftig, an Davids Schulter, doch alles, was ich dabei erreichte war, dass er zur Seite sackte. Sein Kopf fiel schwer auf meine Schulter. Er öffnete die Augen nicht. Er zeigte keinerlei Reaktion.
Nun war es wohl soweit. Er hatte es doch nicht geschafft, seine Kraft ausreichend lange aufrecht zu erhalten. Ich versuchte in Davids Kopf einzudringen, doch ich prallte gegen eine Wand. Ich gab ihm den scharfen Gedankenbefehl, sich mir zu öffnen, doch nichts geschah. Ich hatte keine Ahnung, wie das mit dem nährenden Gedankenlesen genau funktionierte. Musste er
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