Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)
halbes Jahr leben. Sehr gut sogar. Es war mir ein Rätsel, wie man soviel Geld für ein Kleidungsstück ausgeben konnte, auch wenn es wirklich ein Traum von einem Kleid war.
Seufzend ließ ich den weichen Stoff durch meine Hände gleiten. Was träumte ich hier herum, rief ich mich selbst zur Raison. Ich würde darin sowieso wie eine Vogelscheuche aussehen. Ich war für solche Kleider einfach nicht gemacht oder umgekehrt, diese Kleider waren nicht für mich gemacht. Das konnten nur super sexy, wohlgeformte Models tragen. Mir blieb nur der sportliche Schlabberlook.
Erneut aufseufzend drehte ich mich um und fand mich unmittelbar David gegenüber, der keine fünf Meter von mir entfernt lässig am anderen Ende des Ladens stand und mich süffisant lächelnd beobachtete.
Ich glaubte erst, ich hätte Halluzinationen und starrte ihn an wie eine Fata Morgana, als ich plötzlich Marianne überrascht aufquieken und sei nen Namen rufen hörte. „David!“
Sie tänzelte auf ihn zu und er ließ sich von ihr Küsschen links, Küsschen rechts geben. „Was für eine Überraschung! Meine Schwester und ich sind gerade ein wenig beim Shoppen.“ Sie zeigte überflüssigerweise auf mich und David schenkte mir seine viel gerühmte Aufmerksamkeit.
„Hallo Josephine.“
Mich noch allzu gut an das letzte Begrüßungsdesaster erinnernd, ging ich zögernd auf die beiden zu, brachte aber nicht mehr als ein Nicken zur Begrüßung zustande.
„Was machst du denn hier?“, fragte meine Schwester David neugierig und sah sich im Laden um. Das war eindeutig ein Frauenladen und selbst meine Schwester war so clever zu kombinieren, dass er nicht alleine hier war. Ihrem Gesichtsausdruck nach hoffte sie wohl, gleich eine Frau reiferen Alters zu entdecken, die sich als Davids Mutter entpuppte. Doch sie wurde jäh enttäuscht als aus dem hinteren Teil des Ladens ein engelhaftes Wesen mit einem himmlischen Lächeln auf uns zukam.
Es war eine Frau von unvergleichlicher Schönheit. Jung, schlank, sehr elegant gekleidet. Jeder Zoll ihres Köpers war perfekt. Von den Zehen bis zu den Haarspitzen. Der Gott David hatte wohl seine Göttin gefunden. Was für eine Enttäuschung für meine Schwester.
Die Göttin begab sich an Davids Seite und hängte sich vertraulich bei ihm ein. „Hallo“, hauchte sie mit einer wohlklingenden, melodiösen Stimme, die eigentlich ziemlich freundlich klang.
Meine Schwester war irritiert. Ich sah ihr deutlich an, dass sie wenig begeistert von der Begegnung war. David verhielt sich, als bemerkte er Mariannes Enttäuschung nicht. „Darf ich vorstellen: Meine Begleitung Serafine. Serafine, das ist eine gute Freundin von mir, Marianne, und Josephine, ihre Schwester.“
Er sah mich an, als erwartete er einen Kommentar von mir. Und da meine Schwester etwas hilflos wirkte, speziell nach der mit unbewegtem Tonfall geäußerten Betitelung „eine gute Freundin“, was ein herber Tiefschlag für sie sein musste, übernahm ich wohl oder übel das Wort.
„Schön, sie kennen zu lernen, Serafine“, stotterte ich unbeholfen, und da ich kein Bedürfnis hatte, länger als notwendig mit David zu reden und meine Schwester anscheinend auch nicht, leitete ich gleich wieder die Verabschiedung ein. „Meine Schwester und ich müssen jetzt auch schon wieder los. Einen schönen Tag noch.“ Damit zog ich Marianne, die immer noch irgendwie abwesend wirkte, mit und wandte mich zur Tür.
„Wollt ihr nicht einen Kaffee mi t uns trinken?“, hielt uns Davids ruhige, tiefe Stimme zurück.
Als ich mich zu ihm umwandte, bemerkte ich, wie Serafine angesichts dieses Vorschlags überrascht die Stirn runzelte, doch sie hatte ihr ebenmäßiges Gesicht sofort wieder unter Kontrolle und lächelte mich liebenswürdig an.
„Nein, danke, das haben wir eben schon hinter uns“, erwiderte ich vielleicht ein bisschen zu barsch, aber ich wollte nur noch hier weg. Ohne eine Reaktion abzuwarten, zog ich Marianne, die immer noch stumm blieb, nach draußen und lief los in Richtung Heimat.
Nach einigen Metern hatte sie sich anscheinend wieder gefangen, denn sie blieb plötzlich stehen. „Hast du ihre Haut gesehen? Ihre Figur? Sie war so perfekt.“
Ich ersparte mir einen Kommentar. Wenn eine Frau perfekt war, dann wohl diese Serafine. Es wunderte mich nicht, dass David so eine Frau an seiner Seite hatte. Sie passte zu ihm.
Leider schien meine Schwester das nicht so zu empfinden. Sie zog einen Schmollmund und lief weiter. Und beklagte sich den ganzen Weg nach
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