Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)
den ganzen Raum aus. Das kleine Wohnzimmer kam mir noch kleiner vor mit ihm mittendrin und seine lässige, überheblich wirkende Ausstrahlung nahm mir fast den Atem.
Er wirkte so … übermächtig. Ein anderes Wort fiel mir dazu nicht ein. Vielleicht passte unheimlich auch noch ganz gut, auf jeden Fall gefiel es mir gar nicht, wie er die ganze Wohnung für sich einnahm. Einfach nur durch seine Anwesenheit. Ich musste an den Vorfall in der Cafeteria denken, wo ich meinte, ihn gesehen zu haben. Von der Statur her, würde es eindeutig passen, aber es machte keinen Sinn.
Allerdings machte es auch keinen Sinn, dass er so unvermittelt lässig in Mariannes Wohnung stand, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt und sie abholte, um mit ihr ins Kino zu gehen. Geplant war das nicht, denn wenn es so gewesen wäre, hätte Marianne das bestimmt nicht für sich behalten. So deprimiert, wie sie nach Samstag wegen seines Auftritts mit dieser Serafine gewesen war.
Irgendwas schwebte in der Luft, das ich nicht fassen konnte, mich aber dazu veranlasste, sein charmantes Lächeln mit einem düsteren Blick zu kommentieren.
David runzelte angesichts meines offensichtlich feindseligen Verhaltens leicht die Stirn. Anscheinend war er es nicht gewohnt, so begrüßt zu werden. Seine eisblauen Augen wirkten plötzlich nicht mehr so gelassen und der Blick, den er mir jetzt zuwarf, war so durchdringend, dass er wohl einschüchternd wirken sollte.
Doch da war er heute bei mir an der falschen Adresse. Ich hatte mich den ganzen Tag über genug von meinen Ängsten leiten lassen und jetzt reichte es mir. Immerhin war ich hier zu Hause. Wenn auch nur vorübergehend von Marianne geduldet, so war das hier doch eher mein Hoheitsgebiet, als Davids und deswegen würde ich mich hier in ihrer Wohnung bestimmt nicht von ihm einschüchtern lassen.
Es kostete mich allerdings ziemliche Mühe, seinem intensiven Blick standzuhalten. Mein Herz klopfte in schnellem Rhythmus und seltsamerweise pochte mein Kopf, wie vor mühevoller Anstrengung. Ich bemerkte, wie über Davids Gesicht Überraschung und Verwirrung wanderten, doch gleich darauf war seine Mimik wieder völlig ausdruckslos und er wandte sich gleichgültig wirkend Marianne zu.
„Fertig?“
Marianne hatte von unserem feindseligen Blickwechsel nichts mitbekommen, denn sie strahlte David an wie ein Honigkuchenpferd. „Ja. Wir können gehen.“ Sie schwebte eindeutig auf Wolke Sieben.
David schenkte ihr ein einnehmendes Lächeln und obwohl ich bemerkte, dass seine Augen davon unberührt blieben, sah ich, wie Marianne dabei errötete.
Ich konnte nicht fassen, wie naiv sie war. Nur weil ein Typ, der zugegebener Maßen nicht schlecht aussah, sie anziehend anlächelte, verlor sie Kopf und Verstand? Wegen demselben Typen, der sie vor kurzem in Beisein einer göttlich aussehenden Frau abwertend nur als „eine gute Freundin“ bezeichnet hatte? Hatte sie nicht gesehen, wie besitzergreifend diese Serafine Davids Arm umfasst hatte? Fand sie Davids Auftritt nicht suspekt?
Mir fiel die Szene mit dem widerlichen Typen im Café ein. Da hatte Marianne auch nicht bemerkt, was für ein schmieriger Typ das gewesen war. Anscheinend war meine große Schwester leicht zu beeindrucken, zumindest was Männer anging. Mir war unwohl bei dem Gedanken, sie alleine mit David losziehen zu lassen.
„Möchtest du uns nicht ins Kino begleiten, Josephine?“, fragte David in jenem Moment völlig arglos, als wäre eben nichts zwischen uns vorgefallen. Seine Stimme klang unbeteiligt, charmant, aber ich meinte in seinem Blick etwas anderes erkennen zu können. So etwas wie Berechnung.
Irritiert sah ich zu meiner Schwester, die mir nun einen wohl kalkulierten tödlichen Blick zuwarf, der eindeutig signalisieren sollte: „Wage es bloß nicht, mir in die Quere zu kommen.“
Ich wand mich innerlich. Tief in meinem Herzen hatte ich nicht das geringste Bedürfnis , mit David in einen dunklen Kinosaal zu sitzen, aber mir war nicht wohl bei dem Gedanken, meine Schwester mit ihm alleine zu lassen. Ich traute David nicht über den Weg. Seine Absichten waren mir schleierhaft und da Marianne ihm bereits hoffnungslos ergeben war und anscheinend nicht mehr klar denken konnte, hatte ich das Gefühl, sie vor ihm beschützen zu müssen.
Doch ihr Blick war eindeutig. Sollte ich es wagen, mich ihnen jetzt anzuschließen, dann konnte ich zukünftig mein Nachtlager unter einer Brücke der Seine aufschlagen.
„Ähm, nun. Bei drei sind einer
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