Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)
n würde?“
„Du weißt genau, was ich meine .“
„ Nein. Ich weiß nicht, was du meinst.“ David trat einen Schritt von mir zurück und steckte nonchalant seine Hände in seinen obligatorischen, maßgeschneiderten Anzug. „Ich habe heute hier auf dich gewartet, weil ich hoffte, dass du herkommst. Deine Schwester meinte gestern, du wärst samstags immer in der Bibliothek und ich wollte mit dir reden.“
„Über was willst du denn mit mir reden?“
Einen Sekundenbruchteil fuhr ein unwilliger Gesichtsausdruck über sein Gesicht, dann zuckte er betont gleichgültig mit den Schultern. „Vielleicht über deinen Ohnmachtsanfall vor vier Tagen? Oder darüber, warum du mich offensichtlich nicht leiden kannst und dich mit deiner eigenwilligen Aktion mit Gerard Battinant gegen mich verschworen und mich damit gegenüber Lamentain in eine unangenehme Situation gebracht hast?“
Ich zwickte ungläubig die Augen zusammen. War David mir etwa deswegen gefolgt, weil ich ihn in geschäftlicher Hinsicht brüskiert hatte und er so etwas nicht auf sich sitzen lassen konnte? „Habe ich es etwa tatsächlich geschafft, das Ego de s göttlichen, unantastbaren Davids anzuknacksen?“
David s Gelassenheit schwand. „Dabei geht es nicht um mein Ego. Das war ein unfaires Verhalten von dir. Lamentain ist stinksauer auf mich deswegen.“
Ich zuckte gleichgültig mit den Achseln. „Ist ja nicht so, dass ich irgendetwas versprochen hätte. Für deine Versprechen bist du selbst zuständig.“
David zog pikiert die Augenbrauen hoch. „Immerhin warst du auf meine Einladung hin auf dieser Veranstaltung. Ich hätte diesbezüglich mehr Höflichkeit von dir erwartet.“
„Einladung ist gut. Du hast mich quasi dazu gezwungen, zu dieser Veranstaltung zu gehen .“
„Ich habe dich in keinster Weise dazu gezwungen . Es war deine freiwillige Entscheidung auf die Veranstaltung zu kommen.“
„War es nicht“, herrschte ich ihn an. „Ich wäre nie mitgekommen, hätte Marianne mich nicht dazu gezwungen, und das weißt du auch. Das hattest du so geplant.“
Seine eisblauen Augen nahmen einen kalten Ausdruck an. „Warum unterstellst du mir ständig, ich würde andere Menschen manipulieren?“ Nun klang auch seine Stimme eisig. Gefährlich. Seine ganze Gestalt wirkte plötzlich mehr als bedrohlich. Finster. Dennoch zuckte ich nicht zurück. Ich empfand keine Angst ihm gegenüber. Im Gegenteil. Ich wollte ihn reizen.
„Weil es der Wahrheit entspricht .“
Einen Moment lang funkelten wir uns gegenseitig finster an. Es schien, als würde David mich mit seinem Blick zwingen wollen, klein bei zu geben. Doch ich hielt ihm stand. Bis er nach einer gefühlten Ewigkeit seufzend nachgab, sich mit einer Hand durchs Haar fuhr und mir einen resignierten Blick zuwarf. „Du bist ein seltsames Mädchen, Josephine.“ Er legte den Kopf schief. „Warum gehen wir nicht einen Kaffee trinken und unterhalten uns mal wie zivilisierte Menschen?“
Ich sah David unschlüssig an. Mir war leicht schwindelig, ansonsten fühlte ich seltsamerweise keinerlei trügerische Anzeichen von Bedrängnis in meinem Inneren. Es war, als wäre meine sonst so auf Vorsicht gepolte innere Stimme plötzlich abgeschaltet. Was irgendwie seltsam war, immerhin stand mir gerade David gegenüber. Der Auslöser meiner wachsamen, inneren Stimme, wie ich gedacht hatte. Ich verstand gerade die Welt nicht mehr. Nicht, dass ich sie vorher verstanden hätte, aber jetzt war ich noch verwirrter. Wieso hatte ich David eben nicht gespürt, als ich auf die Bibliothek zugelaufen war, stattdessen aber den zwar schrulligen, aber bis dato völlig harmlos wirkenden alten Mann aus dem Trödelladen?
Das wurde alles immer irritierender, und obwohl ich eigentlich das Bedürfnis hatte, diese neue Erkenntnis für mich zu verarbeiten, so vernahm ich mich zu meiner eigenen Überraschung doch selber nicken und damit auf Davids Angebot eingehen. Er schenkte mir ein fast freundliches Lächeln und deutete in eine Richtung.
„Da hinten ist ein gemütliches Café. Lass uns da hingehen.“
Schweigend gingen wir die Straße lang. Als wir bei besagtem Café ankamen, hielt mir David gentlemanlike die Tür auf und ließ mich einen Platz auswählen. Instinktiv wählte ich einen Platz ein wenig abseits der anderen Tische. Keine Ahnung, warum. Vielleicht lag es daran, weil alle uns anstarrten, als wir durch das Café schritten. Oder besser gesagt, weil alle David anstarrten.
Er erregte mit seinem Erscheinen eindeutig
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