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Envy-[Neid]

Envy-[Neid]

Titel: Envy-[Neid] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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Erinnerungen, aber dann wurde Daniels Miene ernst.
    »Maris, ich wünschte, ich könnte diese Zeiten noch einmal erleben. Dann würde ich mehr Zeit mit dir verbringen. Beim Eislaufen im Park oder beim Monopoly. Bedauerlicherweise habe ich diese Gelegenheiten verstreichen lassen.«
    »Pa, mir ist nicht viel abgegangen. Eigentlich überhaupt nichts. Und schon gar nicht du.«
    »Du bist viel zu großmütig. Trotzdem danke ich dir dafür.«
    Maris spürte heute Abend einen melancholischen Zug an ihm. Obwohl er sich über ihren Anblick sehr gefreut hatte, klang seine scherzhafte Laune nicht ganz echt. Sein komisches Gezanke mit Maxine wirkte gezwungen. Sein Lächeln war eine gekonnte Imitation des echten Gefühls, wirkte aber auffallend angestrengt.
    »Pa, fühlst du dich nicht wohl? Stimmt etwas nicht?«
    Er verwies auf das Begräbnis von Howard Bancroft. »Es findet morgen Vormittag statt.«
    Sie nickte mitfühlend. »Howard war nicht nur dein Chefjustitiar, er war auch ein guter Freund und Vertrauter.«
    »Ich werde ihn vermissen. In der ganzen Stadt wird man ihn vermissen. Ich kann einfach nicht begreifen, was ihn zu einer derart schrecklichen Tat getrieben hat.«
    Natürlich trauerte er um seinen Verlust. Und doch war Maris nicht ganz überzeugt, dass einzig Bancrofts Selbstmord auf Daniels Seele lastete. Sie vermutete, seine Stimmung sei eine Reaktion auf ihre eigene. Sie war ja heute Abend auch nicht unbedingt sprühender Laune. Ihre gedämpfte Stimmung ließ sich auf zwei Dinge zurückführen. Nun ja, eigentlich auf zwei Menschen. Noah und Parker.
    Noah hatte sein Treffen mit WorldView plausibel erklärt. Daniel hatte das sogar bestätigt. Trotzdem verdross es sie, dass man sie über einen für die Zukunft von Matherly Press derart lebenswichtigen Schritt im Unklaren gelassen hatte. So beschäftigt war sie nie gewesen.
    Wäre sie jemand anderes gewesen, hätte man sie auf Grund ihrer hochrangigen Position in der Firma zwangsläufig in Kenntnis setzen müssen. Ihre persönlichen Beziehungen hätten dabei keine Rolle spielen dürfen. Als Geschäftsführerin hatte sie ein Recht auf Information, wenn Blume in ihrem Revier wilderte. Als Ehefrau stand es ihr zu, dass ihr Mann sie respektierte.
    Und genau das hatte sie wirklich erbost: dass Noah ihre Wut so nonchalant abgetan hatte.
    Wie ein Kind hatte er sie behandelt, das man einfach mit einem Lutscher beruhigen kann, oder wie ein Haustier, das einem wieder vertraut, wenn man es nur hinter den Ohren krault. Seine Frieden stiftenden Plattitüden entstammten dem Lehrbuch. 101 Ehekrisen, Lektion drei: Wie man konstruktiv streitet.
    Die Art und Weise, wie er sie beschwichtigt hatte, war noch herabsetzender gewesen als seine ursprüngliche Beleidigung.
    Wie konnte er nur annehmen, sie ließe sich so leicht den Wind aus den Segeln nehmen und abweisen? Kannte er sie wirklich so schlecht?
    »Maris?«
    Sie hob den Kopf und lächelte Daniel verdrossen an.
    »Bin ich abgedriftet?«
    »Höchstens eine Million Kilometer.«
    »Tut mir Leid. Mir geht so viel im Kopf herum.«
    »Würdest du mir bitte nachschenken?« Als sie zögerte, winkte er gereizt ab. »Ich weiß, ich weiß, du findest, ich trinke zu viel. Übrigens dieses Gespräch von Mann zu Mann, das Noah inszeniert hat, habe ich durchschaut. Das kam doch direkt von dir.«
    »Ich mache mir Sorgen, wie du die Treppe bewältigst, nachdem du ein paar Gläser getrunken hast. Das ist alles. Du bist eben ein bisschen wackelig auf den Beinen.«
    »Sollte ich mich heute Abend betrinken, kannst du mich ja Huckepack hinauftragen. Wie fändest du das?« Sie warf ihm einen strafenden Blick zu. Dann ging sie durchs Zimmer, holte sein Glas und brachte es an die Bar.
    »Wenn du schon dabei bist, warum nimmst du dir nicht auch noch ein Glas?«, schlug er vor, »Meiner Ansicht nach könntest du’s gebrauchen.«
    Sie schenkte ihm noch einen Scotch ein und sich einen Chardonnay. »Warum?«
    »Warum ich glaube, dass du etwas Alkohol gebrauchen kannst? Weil du ein Gesicht machst, als wäre dir dein Schoßhund weggelaufen.«
    Wohl wahr. Sie hatte das Gefühl, etwas Enormes verloren zu haben. Trotz ihres Zögerns, die Ursache dafür zu benennen, kannte sie im tiefsten Inneren genau ihren Namen: Parker Evans.
    Sie machte es sich wieder in ihrem Sessel bequem. Während Daniel methodisch seine Pfeife stopfte, wanderte ihr Blick durch den Raum. Sie ließ die riesige Sammlung begehrter ledergebundener Erstausgaben ihres Vaters auf sich wirken. Wie

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