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Envy-[Neid]

Envy-[Neid]

Titel: Envy-[Neid] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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zu bekommen? Einige bleiben früh auf der Strecke. Sie geben auf, schlagen einen anderen Weg ein oder kommen schlicht und einfach zu dem Schluss, das Gesuchte sei weder die Risiken wert noch die Kosten, die es nach sich zieht. Andere hingegen…«
    Er hielt inne und konzentrierte sich auf eine Stelle im luftleeren Raum. »Andere schrecken vor nichts zurück, um zu bekommen, was sie wollen. Vor rein gar nichts. Sie werden jede Grenze überschreiten, Gesetz, Anstand und Moral, so lange sie nur als Sieger hervorgehen.«
    Mike schien schon eine Bemerkung zu diesem kleinen philosophischen Exkurs machen zu wollen, da überlegte er es sich anders und stellte eine, wie Parker fand, weniger provozierende Frage. »Willst du wirklich einer zweitrangigen Figur so viel Gewicht geben?«
    »Du meinst Hadley? Er ist für den Plot wichtig.«
    »Ist er das?«
    »Sogar wesentlich. Das muss ich noch arrangieren.«
    Mike nickte. Offensichtlich beschäftigte ihn ein weiterer Gedanke. Eine halbe Minute verging. Schließlich wollte Parker wissen, was ihm durch den Kopf ging. »Das Tempo? Der Dialog? Wird die Wohnung in Key West zu ausführlich beschrieben? Oder nicht genug?«
    »Diese brünette Stripperin auf dem Dach…«
    »Mary Catherine.«
    »Ist das Mädchen…«
    »Aus dem Prolog, das mit den beiden aufs Boot geht. Weißt du noch? Einer der Jungs zieht ihr das Bikinioberteil aus und schwenkt es über dem Kopf, noch ehe sie aus dem Hafen sind. Also ist es wichtig, dass ich sie in der Vorstellung des Lesers als freundlichen Kumpeltyp einführe. In einer der nächsten Szenen kommt noch mehr über sie.«
    »Parker, sie ist ein nettes Mädchen.«
    »Die Stripperin mit dem herzförmigen Arsch?« Mike warf ihm einen sauren Blick zu.
    Parker fluchte leise vor sich hin. Mike war wild entschlossen, über Maris zu reden. Und wenn sich Mike einmal ein Gesprächsthema in den Kopf gesetzt hatte, kramte er es so lange hervor, bis es tatsächlich zur Sprache kam.
    Parker legte seine Notizen wieder auf den Arbeitstisch. Wenn er den restlichen Nachmittag sinnvoll nutzen wollte, wäre er gut beraten, diese Unterhaltung möglichst rasch hinter sich zu bringen. Das wusste er genau. »Erstens: Maris ist eine Frau und kein Mädchen. Und wer hat je behauptet, sie sei nicht nett? Ich nicht. Hast du je von mir gehört, sie sei nicht nett? Sie sagt ›Bitte‹ und ›Danke‹, behält ihre Serviette auf dem Schoß und hält beim Gähnen die Hand vor.«
    Mike fixierte ihn mit einem warnenden Blick. »Gib’s zu, sie entspricht nicht deinen Erwartungen.«
    »Nein, sie ist einige Zentimeter größer.« Erneut kassierte er einen bösen Blick. Er breitete die Arme aus. »Was soll ich deiner Ansicht nach sagen? Dass sie sich wider Erwarten nicht als Snob entpuppt hat? Okay, hat sie nicht.«
    »Du hast ein verzogenes reiches Mädchen erwartet.«
    »Ein echtes Biest.«
    »Eine hochaggressive…«
    »Zicke.«
    »Die hier hereinschneit, alles durcheinander bringt und versucht, uns mit ihrer überlegenen New Yorker Art einzuschüchtern. Stattdessen war Maris… na ja, du weißt besser als ich, wie sie war.« Nachträglich fügte der alte Mann hinzu: »Trotzdem hat sie Eindruck gemacht, oder?«
    Ja, das hatte sie. Nur einen viel weicheren und weiblicheren Eindruck, als Parker erwartet hatte. Verstohlen schaute er die Vase auf dem Couchtisch an.
    Während eines Morgenspaziergangs hatte Maris Geißblattzweige gesammelt und gefragt, ob er etwas dagegen hätte, wenn sie sie ins Wasser stellte. »Nur um den Raum ein bisschen aufzuheitern«, hatte sie gesagt.
    Mike, der sich fast idiotisch in sie vernarrt hatte, hatte die ganze Küche auf den Kopf gestellt, bis er ein passendes Gefäß gefunden hatte. Tagelang hatte das Wildblumenbukett den Wintergarten mit schwerem Duft erfüllt. Inzwischen war es ein Schandfleck. Die Blüten verwelkt, das Wasser grün und muffig. Trotzdem hatte Parker Mike nicht gebeten, es zu entfernen, und Mike hatte sich seinerseits nicht freiwillig dazu hergegeben, die Vase zu leeren. Beide waren noch nicht bereit, sich von dieser Erinnerung an sie zu trennen.
    Die Muscheln, die sie am Strand gesammelt hatte, lagen noch immer am Tischende, wo sie sie stolz arrangiert hatte. Als sie damit hereingekommen war, hatte sie nackte sandige Füße gehabt, die auf dem Fliesenboden deutliche Spuren hinterließen. Sie hatte darauf bestanden, sie eigenhändig wegzuwischen.
    Seine sterbende Zimmerpflanze machte inzwischen Fortschritte. Sie hatte sie an einen besseren

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