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Envy-[Neid]

Envy-[Neid]

Titel: Envy-[Neid] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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hatte.
    Als sie ihm auf der flachen Hand eine Meeresmuschel zum Bewundern hingestreckt hatte, hatte er mit der Fingerspitze behutsam die zarten Wellenstrukturen nachgezogen, als befürchtete er, sie könnte unter zu viel Druck zerbrechen. Vor seiner Berührung müsste eine Frau nie zurückzucken.
    »Er ist das komplexeste Individuum, das mir je begegnet ist«, sagte sie mit belegter Stimme. »Außerordentlich begabt.« Sie stellte sich Parkers Gesicht vor und hörte sich selbst sagen: »Und genauso zornig. Sehr zornig. Man erkennt das in seinen Texten. Sogar wenn er entspannt mit Mike herumblödelt, ist sein Zorn spürbar.
    Sein Lächeln hat etwas Verstörendes an sich, einen Zug ins Grausame. Und das ist sehr bedauerlich, weil ich nicht glaube, dass er ohne diesen eingewachsenen Zorn überhaupt grausam sein könnte. Aber der ist immer da, ganz dicht unter der Oberfläche. Es gibt eine Stelle in seinem Roman, wo er Roarks Wut auf Todd beschreibt. Er vergleicht sie mit einer Schlange, die durch stilles dunkles Wasser gleitet, ohne aufzutauchen, ohne sich je zu zeigen. Und doch ist sie immer da, stumm, unheimlich und tödlich. Immer auf der Lauer, um alle beide zu vergiften.
    Wahrscheinlich ist er nur deshalb zornig, weil er an einen Rollstuhl gefesselt ist. Und doch spüre ich da noch etwas – etwas, was ich nicht kenne, was ich übersehen habe. So als müsste noch ein Geheimnis ans Licht kommen.«
    Sie lachte leise. »Auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, was das sein könnte. Mit ihm habe ich so viele Überraschungen erlebt. Und nicht nur angenehme.« Sie trank einen Schluck Wein und zuckte hilflos mit den Schultern. »Eine bessere Antwort auf deine Frage weiß ich nicht.«
    Nachdenklich musterte Daniel sie einen langen Augenblick, während er weiter Tabak in seine Pfeife stopfte, die er nur selten anzündete. Er mochte einfach dieses Ritual, die Handbewegungen. Damit hatte er eine Beschäftigung, während er sich gedanklich sammelte.
    Als er schließlich den Mund aufmachte, sagte er nur leise: »Offengestanden, Maris, hat sich meine Frage auf Noah bezogen.«
    Vor Verlegenheit lief sie knallrot an. Geschlagene fünf Minuten hatte sie über Parker gequasselt. »Oh… oh, ach ja«, stammelte sie, »ja, er… Noah hat mich nicht traurig gemacht, das möchte ich nicht sagen. Ich war nur über sein Treffen mit WorldView empört. Und noch empörter war ich, weil er mir davon bewusst nichts erzählt hat.«
    Daniel legte die Pfeife weg und griff nach seinem Whiskyglas. Während er den bernsteinfarbenen Inhalt betrachtete, fragte er: »Hat dir Noah erzählt, dass er einen Termin mit Howard hatte? An dem Nachmittag, an dem er sich umgebracht hat?«
    Die Art, wie Daniel das fragte, schnürte Maris die Kehle zu. Das war kein beiläufiges Sich-Erkundigen. »Er hat es erwähnt.«
    »Es war nur wenige Stunden vor Howards Selbstmord.« Maris war der Appetit auf ihren Wein vergangen. Sie stellte das Kristallglas auf den Beistelltisch und wischte sich die Feuchtigkeit – oder war es Schweiß? – von den Händen. »Und worum ging es bei ihrem Treffen?«
    »Laut Noah brauchte Howard ihn, um einen endgültigen Vertrag zwischen uns und einem unserer ausländischen Lizenznehmer abzuschließen. Noah hat die Korrekturen gebilligt, und das war’s dann auch.«
    »Glaubst du…« Sie räusperte sich und setzte neu an.
    »Bezweifelst du das?«
    »Dazu besteht kein Grund. Obwohl….« Maris wartete in atemloser Spannung, dass er fortfuhr. »Howards Sekretärin hat mir erzählt, der Termin mit Noah sei an diesem Tag der Letzte gewesen. Und dass er beim Verlassen des Büros ganz verändert war.«
    »Genauer gesagt?«
    »Er habe aufgewühlt gewirkt. ›Ungewöhnlich erregt‹ waren wohl ihre genauen Worte.« Daniel trank einen Schluck Whisky. »Vermutlich hatte das eine mit dem anderen nichts zu tun. Howard könnte sich über vieles erregt haben. Über irgendetwas in seinem Privatleben, das weder mit Matherly Press etwas zu tun hatte, noch mit Noah.«
    Aber daran glaubte ihr Vater nicht. Wenn ja, würden sie dieses Gespräch nicht führen. »Pa, glaubst du…«
    »Gut, ich sehe, ihr habt schon ohne mich angefangen.« Noah schob die große Flügeltür auf und schneite fröhlich ins Zimmer. »Liebling, nochmals Entschuldigung, weil ich dich gezwungen habe, allein herzufahren.« Er beugte sich hinunter und gab Maris einen Kuss. Anschließend spitzte er genießerisch die Lippen. »Guter Wein.«
    »Stimmt, sogar sehr gut.« Sie stand auf und trat

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