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Envy-[Neid]

Envy-[Neid]

Titel: Envy-[Neid] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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jetzt begann er, Hemingways Größe wirklich zu schätzen.
    Talent war etwas Angeborenes. Entweder hatte man’s oder nicht. Aber nur Talent war nutzlos. Um dieses Talent zum Leben zu erwecken, es mit Schliff zu versehen, musste man sich stundenlang anödend herumplagen. Um jenen packenden »einzig wahren Satz« zu schreiben, der sich dann so verdammt einfach las.
    Diese Einfachheit war trügerisch. Mit Zufall hatte sie nichts zu tun. Diese Fähigkeit flog einem auch nicht einfach zu. Schreiben war Arbeit, fordernde, zermürbende Arbeit in Einsamkeit. Ein Schriftsteller grub in den Stollen seines Gehirns, und Wörter waren seine Spitzhacke. Eine ganze Woche angestrengter Arbeit förderte vielleicht ein einziges Goldstück zutage, das es wert war, behalten zu werden. Doch selbst darüber konnte man noch in gerührter Dankbarkeit weinen.
    Todd bewunderte alle, die schrieben, und dazu auch noch gut. Und doch mischte sich Groll in seine Bewunderung. Hemingway und Konsorten knauserten mit ihrem Talent und ihrer Begabung. Nachdem man sich so lange intensiv mit ihren Werken beschäftigt hatte, jede Phrase studiert und sie wortwörtlich bis zum Erbrechen analysiert hatte, hätte man meinen mögen, die Fähigkeit, so zu schreiben, müsste abfärben, ihr Genie müsste ansteckend wirken. Zählte denn der tiefe Wunsch nach etwas gar nichts? Doch es gab Tage, an denen er in seiner eigenen Arbeit nicht ein Gramm Genialität entdecken konnte.
    Und offensichtlich auch sonst niemand.
    Er knüllte Professor Hadleys Kritik zusammen und schleuderte sie an die Zimmerecke.
    Gerade als die Papierkugel mehrere Zentimeter vor dem Papierkorb landete, kam Roark herein. »Ist Hadley wieder auf seinen Prinzipien herumgeritten?«
    »Hadley ist ein Arschloch.«
    »Als ob ich das nicht wüsste. Mich hat er auch über glühende Kohlen gejagt.«
    »Echt?«
    »Und dann hat er mich schmoren lassen. Deshalb dachte ich, da wir heute Abend frei haben, könnten wir uns betrinken.«
    »Liebend gern«, sagte Todd mürrisch. »Kann’s mir nur nicht leisten.«
    »Ich auch nicht. Aber ein Job als Barkeeper hat auch seine Vorzüge.« Damit zog Roark die Hand hinter dem Rücken hervor und wedelte mit einer Flasche billigen Scotchs.
    »Du hast sie gestohlen?«
    »Diese Pampe will keine Schlampe.«
    »Du bist ein Dichter.«
    »Und wüsste es gar nicht. Gehen wir.«
    Todd wälzte sich aus seiner Koje. »Da lass ich mich nicht zweimal bitten.«
    Am Strand tranken sie abwechselnd: auf den Sonnenuntergang, dann auf die Dämmerung und schließlich auf die Nacht. So prosteten sie dem Himmel zu, bis die einzelnen Sterne verschwommen zu tanzen begannen und das Universum an den Rändern ein wenig ausfranste.
    »Sternchen, Sternchen, hell und klar… et cetera. Wünsch dir was, Roark.«
    »Ich wünschte, du würdest mir den Whisky reichen.« Todd gab ihm die Flasche. Roark trank, gab sie zurück , streckte sich dann im Sand aus und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Er fing an zu lachen.
    »Was ist?«, fragte Todd, während er sich mit dem Hintern eine bequemere Sitzkuhle in den Sand bohrte.
    »Wünsche«, erwiderte Roark. »Dabei fällt mir ein Witz mit einem Flaschengeist ein.«
    »Davon gibt’s hunderte. Welcher?«
    »Ein Typ findet eine Zauberlampe, reibt daran, der Geist springt heraus, gewährt ihm drei Wünsche. Der Typ wünscht sich einen Ferrari. Und puff! steht am nächsten Morgen ein nagelneuer Ferrari in seiner Einfahrt. Wieder reibt er die Lampe, der Geist springt heraus und sagt, er habe noch zwei Wünsche frei. Der Typ wünscht sich zehn Millionen Dollar. Und puff! findet er am nächsten Morgen zehn Millionen Dollar feinsäuberlich auf seinem Nachtkästchen gestapelt. Wieder reibt er die Lampe, der Geist springt heraus und sagt, er hätte noch einen letzten Wunsch frei. Der Typ wünscht sich einen Penis bis zum Boden. Und puff! wacht er am nächsten Morgen mit dreißig Zentimeter langen Beinen auf.«
    Als sie ausgelacht hatten, fügte Roark noch hinzu: »Und die Moral von der Geschicht’: Man sollte mit seinen Wünschen vorsichtig sein.«
    Todd knurrte: »Ich wünschte, Hadleys Pimmel würde verschrumpeln und dann abfallen. Wenn er überhaupt einen hat, was ich bezweifle.«
    »Welches Manuskript hast du ihm denn geschickt?«
    »Vernichtet.«
    »Mit dem Buch hast du dir doch den Arsch aufgerissen. Was hat er gesagt?«
    Todd nahm noch einen Zug aus der Flasche. »Dem Plot mangle es an Plausibilität. Meine Dialoge seien Scheiße.«
    »Hadley hat

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