Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Envy-[Neid]

Envy-[Neid]

Titel: Envy-[Neid] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
Vom Netzwerk:
Ihre Kniekehlen knallten gegen die Chromreling. Hilflos ruderte sie mit den Armen. Mit einem Schrei fiel sie über Bord. Kaum traf sie aufs Wasser, war es still.
    Roark starrte auf den leeren Fleck, wo sie an der Reling gestanden hatte. Sofort begann er zu schluchzen. »Zum Schwimmen ist sie viel zu betrunken!«
    Mit einem flachen Hechtsprung tauchte er ins Wasser. Das Salzwasser brannte in seinen offenen Gesichtswunden. Keuchend kam er hoch. Er musste kämpfen. Ihm war speiübel. Zu viel Alkohol und vermutlich eine Gehirnerschütterung vom Schlag mit der Flasche.
    Aber das alles war ihm kaum bewusst. Er trat auf der Stelle, blinzelte, um wenigstens einigermaßen sehen zu können, und suchte verzweifelt die dunkle Wasseroberfläche nach irgendeinem Zeichen von Mary Catherine ab.
    »Siehst du sie?«, brüllte er zu Todd hinauf, der an Deck stand und zu ihm hinunterschaute. Vom Kinn tropfte Blut auf seine glatte Brust. »Todd? Himmel, hast du mich gehört? Siehst du sie?«
    »Nein.«
    »Schalt die Lichter ein.«
    Todd stand nur da und glotzte ins Wasser. Offensichtlich war er vor Schock erstarrt.
    »Scheiße.«
    Mit Herzrasen und dröhnendem Schädel hechtete Roark knapp unter der Oberfläche dahin. Die Augen hielt er offen, obwohl es wie verrückt stach. Aber das war egal. Genauso gut hätte er durch ein Tintenfass schwimmen können. Nicht einmal seine eigenen Hände konnte er sehen, wenn er damit herumfuchtelte und blindlings suchte, in der Hoffnung, Gliedmaßen, Haut, Haare zu finden.
    Er blieb unten, bis er das Brennen in seiner Lunge keine Sekunde länger ertragen konnte. Er tauchte auf und schnappte heftig nach Luft. Zu seiner Überraschung war er bereits ein ganzes Stück vom Boot weggeschwommen. Wenigstens hatte Todd seine Trance abgeschüttelt und die Unterwasserscheinwerfer angemacht. Sie tauchten die unmittelbare Umgebung des Bootes in gespenstisch grünes Licht. Leider drangen sie nicht weit genug.
    Obwohl sich seine Arme und Beine wie Blei anfühlten und sein Gehirn die Kontrolle darüber aufgegeben zu haben schien, begann Roark, in Richtung Boot zu schwimmen. Todd machte sich an Backbord zu schaffen. Hoffnung füllte Roarks Brust. Er schrie: »Hast du sie gefunden? Ist sie dort drüben?«
    Todd kam wieder nach Steuerbord. »Kein Glück.«
    Glück? Das hier war kein Angelausflug. Was war mit ihm los? »Ruf die Küstenwache. Ich kann sie nicht finden. Lieber Gott.« Als ihm das ganze Ausmaß der Situation bewusst wurde, schluchzte er. Vielleicht war sie bereits tot. Mary Catherine – Sheila – war vielleicht ertrunken, weil er nicht im Stande gewesen war, sie zu retten.
    »Ruf die Küstenwache an«, wiederholte er, ehe er erneut in die Tiefe tauchte.
    Obwohl er wusste, dass es vergebens war, zwang er sich mit Gewalt durchs Wasser. Offene Augen sahen nichts, Hände tasteten umher, spürten aber nichts. Trotzdem war er nicht bereit aufzugeben. Wenn es auch nur die leiseste Chance gäbe, dass sie noch durchhielt und sich in der verzweifelten Hoffnung auf Hilfe ans Leben klammerte…
    Wieder und wieder tauchte er hinunter, kam lediglich kurz zum Atemholen hoch und schoss erneut in die Tiefe, so weit, dass seine Ohren schmerzten.
    Ein letztes Mal kämpfte er sich an die Oberfläche. Er hatte Angst, es nicht zu schaffen, Angst, der letzte Ausfall wäre zu viel gewesen. Endlich schmeckte er Luft. Gierig saugte er sie ein. Noch einen Tauchgang würde er nicht überleben. Er war so müde, dass er nicht einmal die Strecke zum Boot hinüberschwimmen konnte. Matt paddelte er auf der Stelle. Er konnte sich kaum mehr oben halten.
    »Todd!«, rief er heiser. »Todd!«
    Todd tauchte an der Reling auf. Salzwasser hatte Roarks Augen verätzt. Er sah nur noch verschwommen. »Ich kann sie nicht finden. Kann nicht mehr suchen. Wirf mir den Rettungsring zu.«
    Todd ging den Rettungsring holen. Dumpf wunderte sich Roark, warum er ihn nicht längst vorbereitet hatte.
    Vor Erschöpfung hätte er am liebsten die Augen geschlossen, hatte aber Angst, dass er dann untergehen und ertrinken würde, bevor er sich mit letzter Kraft retten könnte. Offensichtlich war er kurz davor, ohnmächtig zu werden, denn als der Bootsmotor dröhnend ansprang, schreckte er hoch.
    Todd hätte nicht den Motor starten sollen. Einen Rettungsring hätte er ihm zuwerfen sollen. Nachdem sie der Küstenwache ihre genaue Position durchgegeben hatten, sollten sie an Ort und Stelle bleiben, bis Hilfe eintraf. Es war verdammt dumm, einen Außenbordmotor

Weitere Kostenlose Bücher