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Envy-[Neid]

Envy-[Neid]

Titel: Envy-[Neid] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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kräftig genug war, um mit dem Wiederaufbau der Beine zu beginnen, hat er mit Zähnen und Klauen gekämpft, wenn einer der Ärzte auch nur das Wort Amputation erwähnt hat. Nicht einmal eine Teilamputation. Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, warum sie seine Wünsche beachtet haben. Vielleicht weil er ein junger Mann war. Vielleicht… Ich weiß es nicht«, wiederholte er achselzuckend. »Göttliche Intervention? Vorsehung? Vielleicht haben die Ärzte einfach nur seine Willensstärke bewundert und beschlossen, sie zu honorieren. Jedenfalls hat man ihm die Beine nicht abgenommen. Sie entschieden sich dafür, sie wiederherzustellen, so gut es ging.«
    »Ich habe seine Narben gesehen.«
    »Die äußerlichen. Die unsichtbaren gehen weitaus tiefer.«
    »Verursacht durch Noahs Verrat.«
    »Während Parker ums Überleben kämpfte, zog Noah bei den Behörden alle Register. Mary Catherine lebte nicht mehr, um seine Version der Ereignisse in Frage zu stellen. Letztlich stand sein Wort gegen das von Parker. Er stellte Parker als eifersüchtigen, neidischen Hitzkopf dar, der im Suff durchgedreht hatte und gewalttätig geworden war. Er habe Noah attackiert. Als Mary Catherine versuchte, sie auseinander zu bringen, habe Parker um sich geschlagen und sie über die Reling gestoßen. Unter der Wucht seines Hiebs sei er selbst über Bord gegangen. Als die Ärzte den Ermittlern endlich eine Befragung gestattet haben, hatte er Parker bereits in die Defensive gedrängt. Bei der Konfrontation mit den falschen Anschuldigungen hat Parker, nach seinen eigenen Aussagen, Noah in die Hände gespielt. Er reagierte wie ein eifersüchtiger, neidischer Hitzkopf, mit gewalttätigen Untertönen. Sein wildes Leugnen ließ ihn eher schuldig als unschuldig erscheinen. Er drohte, seinen lügnerischen Freund vom Krankenbett aus zu ermorden.«
    Mike lächelte. »Ich stelle mir vor, dass er seine Beherrschung der englischen Sprache, der gehobenen wie der Umgangssprache, bestens einzusetzen wusste. Ich kann mir denken, wie er an seinen Armfesseln gezerrt hat und buchstäblich Schaum vor dem Mund hatte.«
    »Vermutlich ist das nicht übertrieben.«
    »Jedenfalls erweckte er den Eindruck eines tollwütigen Irren, der für sich und andere gefährlich ist. Man glaubte Noah, nicht Parker. Mary Catherines Ertrinken wurde ihm als fahrlässige Tötung angelastet. Als er das Krankenhaus verlassen konnte, wurde er angeklagt und vor Gericht gestellt. Er bestritt nichts.«
    »Warum nicht?«, rief Maris aus. »Er war unschuldig.«
    »Trotzdem fühlte er sich verantwortlich.« Sie schüttelte den Kopf. »Noah war’s.«
    »Ich teile Ihre Ansicht, aber Parker machte sich Vorwürfe, weil er sie nicht hatte retten können. Noah nahm an der Verhandlung gegen Parker nicht teil, sondern schickte ein Videoband mit einer Aussage unter Eid. Er wirkte bescheiden und bekümmert und redete leise, wenn er nicht sogar offen weinte. Er sagte, er bedaure es, die schreckliche Wahrheit über jenen Tag erzählen zu müssen. Damals habe sich eine Doppeltragödie ereignet, sagte er. Mary Catherine sei ertrunken, und seine Freundschaft mit Parker Evans gestorben. Er hätte geglaubt, ihn zu kennen, aber binnen weniger Stunden habe sich sein bester Freund in seinen Feind verwandelt. Er sagte, Parker und er hätten sich näher gestanden als zwei Brüder, aber als Noah mehr Erfolg hatte, hätte dies in Parker etwas ausgelöst. Ihn verdreht. Mit ernstem Blick in die Kamera hat Noah geschluchzt: ›Ich begreife nicht, was mit Parker an diesem Tag passiert ist. Er hat sich in einen hinterhältigen Lüstling und Mörder verwandelt.‹ Ich denke, ich zitiere korrekt.«
    Maris holte tief Luft und atmete langsam aus. »Also hielt Noah dank Vernichtet mit Glanz und Gloria Einzug in New York.«
    »Und Parker wanderte ins Gefängnis.«
    »Gefängnis? Gefängnis.« Sie senkte den Kopf und rieb sich die Stirn. »Einmal hat er mir erzählt, er habe Jahre in Rehabilitationskliniken und ›anderen Institutionen‹ verbracht. Dass er damit aufs Gefängnis angespielt hat, hätte ich mir nie träumen lassen.«
    »Auf Grund mildernder Umstände und seiner körperlichen Verfassung wurde er in den offenen Strafvollzug eingewiesen und durfte sein Behandlungsprogramm und seine Physiotherapie fortsetzen. Nachdem er zweiundzwanzig Monate seiner achtjährigen Strafe abgebüßt hatte, wurde er freigelassen. Möglicherweise wäre es besser für ihn gewesen, wenn ihn der Staat noch länger behalten hätte. Allein kam er nicht

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