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Envy-[Neid]

Envy-[Neid]

Titel: Envy-[Neid] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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dessen war sie sich bewusst, und doch gab sie keinen Millimeter nach. Bis hierher war sie schon gekommen.
    Schließlich sagte er: »Kommen Sie rein.«
    Sie stieß die schwarz glänzende Eingangstür auf und betrat eine ausladende Halle. Er tauchte aus einem der direkt angrenzenden Zimmer auf und wischte sich die Hände an einem fleckigen Lumpen ab. Er trug khakifarbene Shorts und ein ganz normales, dünnes Jeanshemd, das er bis zu den Ellbogen aufgerollt hatte. Beide Kleidungsstücke waren ziemlich ausgebeult und hatten mindestens so viele Flecken wie der Lumpen. An den Füßen trug er ein Paar Turnschuhe, die schon bessere Tage gesehen hatten.
    Rasch warf er einen Blick hinter sie. »Sind Sie allein gekommen?«
    »Ja.«
    »Die Moskitos kommen herein.«
    »Oh, Entschuldigung.« Sie drehte sich um und schloss die Haustür.
    »Kein Hilfssheriff auf dem Beifahrersitz?«
    Seine Stimme klang eine Spur vorwurfsvoll. Eine Erklärung war wohl angebracht. »Der Anruf beim Sheriff war meine letzte Rettung, eine reine Verzweiflungstat. Ich habe mich bei Harris nur erkundigt, ob er in seinem Bezirk jemanden kennt, der unter den Initialen P.M.E. registriert ist. Dass er eine Suchaktion starten würde, konnte ich nicht ahnen. Sollten sich daraus irgendwelche Peinlichkeiten ergeben haben, entschuldige ich mich in aller Form dafür.«
    Er räusperte sich. Ob damit ihre Entschuldigung angenommen war, vermochte sie nicht zu sagen. Sie war einfach erleichtert, dass er sie nicht verwünscht und hinauskomplimentiert hatte. Entgegen ihrer vorgefassten Meinung wirkte er gar nicht so Furcht einflößend. Er war älter und physisch weniger imponierend, als seine Telefonstimme hatte vermuten lassen. Den schleppenden Tonfall erkannte sie wieder, allerdings ohne die rüde Art.
    Trotzdem war er nicht allzu freundlich. Vorsichtig musterten sie seine blauen Augen.
    »Ich war mir nicht sicher, was mich bei meiner Ankunft erwarten würde«, sagte sie in der Hoffnung, ihn mit ihrer Ehrlichkeit zu entwaffnen. »Ich habe schon befürchtet, man würde mich nicht einmal hereinbitten.«
    Sein prüfender Blick von Kopf bis Fuß ließ sie nachträglich an ihrem Entschluss zweifeln, sich in Savannah nicht die Zeit zu nehmen, sich herzurichten. Hätte sie doch wenigstens etwas anderes angezogen. In New York hatte ihr Reisekostüm zur Jahreszeit gepasst, aber für dieses Klima war es viel zu schwer. Es wirkte stadtfein und schrecklich deplatziert. Außerdem hatten Taxifahrten, Flüge und Bootstouren sichtbare Knitterspuren hinterlassen.
    »Sie haben sich weit von Manhattan entfernt, Mrs. Matherly-Reed.«
    Seine Bemerkung fasste ihre eigenen Gedanken mehr oder weniger zusammen. »Nicht nur geografisch. Bis auf den Golfcart könnte St. Anne aus einem anderen Jahrhundert stammen.«
    »Die Insel ist in vieler Hinsicht primitiv. Die Leute, die hier leben, wollen das so beibehalten.«
    Was sie zu einer Außenseiterin machte, die nach allgemeinem Dafürhalten auch besser draußen geblieben wäre. Sie fühlte sich befangen und wollte von sich ablenken, deshalb schaute sie sich rasch um.
    Aus dem Foyer erhob sich eine eindrucksvolle Freitreppe, aber im ersten Stock war es dunkel. Obwohl ihr ein Dutzend Fragen zur Historie des Hauses durch den Kopf schossen, wollte sie ihr Glück nicht überstrapazieren. Sie war immerhin schon so weit gekommen. Deshalb sagte sie nur: »Das ist ein außergewöhnliches Haus. Wie lange wohnen Sie schon hier?«
    »Gut ein Jahr. Es war total baufällig.«
    »Dann haben Sie schon eine Menge geschafft.«
    »Es gibt immer noch viel zu tun. Eigentlich arbeite ich gerade an einem Projekt im Esszimmer. Möchten Sie es gerne sehen?«
    »Sehr gern sogar.«
    Er lächelte sie an, sie lächelte zurück, dann drehte er sich um und ging wieder in den Raum, aus dem er gekommen war. Sacht pendelte der Kristalllüster an der Zimmerdecke hin und her. Er ertappte sie bei einem Blick nach oben.
    »Die Installation einer zentralen Klimaanlage war eine meiner ersten Renovierungsarbeiten. Der Luftstrom geht direkt auf den Kronleuchter und setzt ihn in Bewegung. Wenigstens habe ich mich für diese Version entschieden.« Er lachte mysteriös und deutete dann auf den offenen Kamin.
    Man hatte die üppig geschnitzte Ummantelung bis aufs blanke Holz abgebeizt. Nun wartete sie auf die Restauration. »Das Projekt hat sich wider Erwarten ausgeweitet«, gestand er. »Wenn ich geahnt hätte, wie viele Lack und Farbschichten die früheren Bewohner aufgetragen haben, und wie

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