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Envy-[Neid]

Envy-[Neid]

Titel: Envy-[Neid] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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nicht aufhalten dürfen.«
    »Unsinn. Das war wichtig.« Er wollte zwar diesen Anruf rasch beenden, aber vorher unbedingt ihre Sorgen wegen Daniel zerstreuen. Sonst würde sie diese Fürsorge womöglich zu einem übereilten Rückflug verleiten.
    »Maris, mach dir wegen Daniel keine Sorgen«, sagte er zärtlich. »Er ist ein zäher alter Vogel und viel kräftiger, als wir ihm zutrauen. Es gibt wirklich keinen Grund zur Beunruhigung. Wenn überhaupt, dann hat er die letzten Tage sogar noch mehr wie früher gewirkt. Nur Hohn und Spott.«
    »Sicher hast du Recht. Nur, wenn ich nicht bei ihm bin, schlägt meine Fantasie Purzelbäume, und dann fange ich an, mir Sorgen zu machen.«
    »Völlig unnötig, versichere ich dir. Und jetzt verzeih, ich muss wirklich rennen.«
    »Richte Howard meine Entschuldigung aus. Sag ihm, ich allein sei an deiner Verspätung schuld.«
    »Keine Angst, das werde ich.« Er lachte in sich hinein.
    »Und jetzt, ade.«
    »Noah«, fügte sie noch hinzu, ehe er auflegte, »ich liebe dich.«
    Einen Augenblick war er perplex, dann erwiderte er in der geistesabwesenden Manier eines treuen, aber stark beschäftigten Ehemannes: »Ich dich auch, Schatz.«
    Liebesbekenntnisse bedeuteten ihm nichts. Es waren Wortfolgen ohne jede Tragweite. Schon mancher Frau hatte er gesagt, er liebe sie, aber nur, um sie ins Bett zu locken. Während er Maris den Hof gemacht hatte, hatte er ihr klar und deutlich seine Liebe erklärt, weil das erwartet wurde. Um den Segen ihres Vaters zu ihrer Hochzeit zu erhalten, hatte er seine Liebe zu ihr beschworen und anschließend bis zum Exzess den überschwänglichen, frisch vermählten Ehemann gemimt. Im Laufe der letzten Monate waren seine diesbezüglichen Beteuerungen allerdings deutlich geschwunden.
    Im Gegensatz dazu war Maris von Natur aus zärtlich. Ihre Kuschelmentalität hatte fast schon etwas Irritierendes. Mindestens einmal täglich verkündete sie ihre Liebe. Seine Ohren hatten sich daran gewöhnt, aber ein echtes Gefühl rief es noch immer nicht in ihm hervor.
    Und doch gab ihm dieses jüngste Liebesbekenntnis zu denken, was nicht an den Worten selbst lag. Merkwürdig war die Art und Weise, wie sie es betont hatte. Als versuchte sie, diese Tatsache erneut innerlich festzuschreiben, entweder bei ihm oder bei ihr selbst. War es ihm nicht gelungen, ihr mit der Überraschungsparty anlässlich des Hochzeitstags seine Hingabe zu dokumentieren? Bezichtigte sie ihn insgeheim immer noch der Untreue?
    Mit kaum merklichem Kopfnicken rauschte er an Bancrofts Assistentin vorbei in das persönliche Büro des Rechtsanwalts, in Gedanken noch bei dem Gespräch mit Maris. Es hatte zu Fragen geführt, die weiteres Nachdenken erforderlich machten. Ihre Liebeserklärung hatte unterschwellig nach Verzweiflung geklungen. Sollte das etwas bedeuten, dann musste er es unbedingt herausfinden.
    Eines stand fest: Wenn sie den Inhalt des Aktenordners kennen würde, den er gerade bei sich trug, wäre es mit ihren Liebeserklärungen aus und vorbei.
    »Hallo, Howard, Entschuldigung, bin spät dran.« Um einer Bemerkung von Bancroft bezüglich seiner Verspätung zuvorzukommen, redete er forsch weiter. »Ich habe Maris am Telefon informiert, dass sie dieses Dokument entweder morgen oder spätestens übermorgen erhält. Sie sitzt in der Pampa, irgendwo am Ende der Welt. Aber sie hat mir versichert, dass der Paketdienst dorthin zustellt.«
    Unaufgefordert setzte er sich auf ein Sofa, legte, die Lässigkeit in Person, beide Arme über die Rückenlehne und bemerkte nach einem Blick durch die Fenster hinter dem Schreibtisch des Anwalts: »Wissen Sie, Howard, ich weiß wirklich nicht, womit Sie dieses Büro verdient haben. Es hat eine unglaubliche Aussicht.«
    Seine beiläufige Haltung war genau berechnet, um Bancroft von seinem eigentlichen Ansinnen abzulenken. Eines wusste er allerdings aus Erfahrung: Der kleine Jude war kein Leichtgewicht. Sein verschrumpeltes Äußeres machte ihn ein Jahrzehnt älter, als er war. Mit den Einlagen in den Schuhen maß er ganze ein Meter fünfundsechzig. Er hatte eine spitz zulaufende Glatze, die von einer deutlich sichtbaren Wölbung gekrönt wurde, und liebte breite Hosenträger, zu denen er ohne Rücksicht auf die Jahreszeit Tweedhosen trug. Auf seiner Nase thronte eine kleine runde Nickelbrille. Howard Bancroft erinnerte an einen Gnom, oder besser gesagt an das, was er war: ein ausgefuchster Rechtskundler.
    »Ist das Dokument fertig?«, fragte Noah, obwohl besagte Papiere

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