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Enwor 1 - Der wandernde Wald

Enwor 1 - Der wandernde Wald

Titel: Enwor 1 - Der wandernde Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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erweiterte sich allmählich, und in unregelmäßigen Abständen zweigten Nebengänge nach rechts und links ab. Noch immer war keine Spur von den Hogern zu sehen oder zu hören, aber Skar fühlte sich keineswegs beruhigt. Im Gegenteil — das Gefühl, mitten in das Gebiet eines unheimlichen Feindes hineinzumarschieren, ohne auch nur das geringste von seiner Anwesenheit zu bemerken, ängstigte ihn. Wäre der Gedanke, den Ungeheuern soviel Intelligenz zuzubilligen, nicht zu erschreckend gewesen, hätte er geglaubt, mitten in eine Falle hineinzumarschieren.
    Der Gang endete schließlich in einer runden, kuppelförmig gewölbten Höhle, von der ein Dutzend oder mehr weitere Stollen abzweigten.
    Bernec blieb stehen und hob seine Fackel. Flackernde rote Lichtreflexe liefen über Wände und Boden und schufen Leben und Bewegung, wo keine waren. Wieder spürten sie den warmen, feuchten Wind, der sie bereits beim Betreten des unterirdischen Labyrinths begrüßt hatte. Der Boden unter ihren Füßen schien sanft zu beben, und manchmal bildete sich Skar ein, ein fernes, unablässiges Donnern zu vernehmen.
    »Wohin jetzt?« fragte einer der Krieger.
    »Rechts«, sagte Bernec nach kurzem Überlegen. »Solange wir keine konkrete Spur haben, halten wir uns immer rechts. Auf diese Weise finden wir wenigstens den Rückweg, sollte uns etwas zustoßen.«
    Skar lächelte anerkennend. Bernec drehte sich halb herum und sah
ihn
sekundenlang an, fast, als erwarte er Zustimmung oder Lob, hob die Fackel dann noch höher und winkte mit der freien Hand. »Weiter.«
    Hintereinander drangen sie in den niedrigen Stollen ein. Die Wände waren hier stark geneigt, so daß der Gang einen beinahe dreieckigen Querschnitt aufwies, und ihre Struktur erinnerte Skar irgendwie an organische Formen, wenn sie auch mit nichts vergleichbar waren, was er jemals gesehen hatte. Je weiter sie sich in die Tiefe bewegten, desto wärmer wurde es; wärmer und feuchter, so daß ihnen unter den Mänteln bald der Schweiß ausbrach. Von der niedrigen Decke tropfte jetzt Wasser, und der Boden unter ihren Füßen fühlte sich schwammig und weich an und federte spürbar. Der Gang endete nach einer Strecke, die ihnen allen viel weiter vorkam, als sie wahrscheinlich war, in einer weiteren Höhle.
    Bernec, der an der Spitze der Gruppe ging, blieb plötzlich stehen und hob warnend die Hand. »Still«, zischte er. »Ich glaube, da vorne ist irgend etwas.«
    Skar schob sich hastig an den vor ihm gehenden Kriegern vorbei und trat lautlos neben ihn. Bernec hatte die Fackel gesenkt und die Flamme zusätzlich mit seinem Mantel abgeschirmt, so daß nur ein schwaches rötliches Glimmen in die Höhle hinausfiel. Aber auch so spürte Skar, wie gewaltig der Raum sein mußte. Der Boden stürzte vor ihnen senkrecht in die Tiefe; der Gang endete nicht ebenerdig, sondern irgendwo mitten in einer der Höhlenwände. Skar wollte etwas sagen, aber Bernec schüttelte hastig den Kopf und deutete nach vorne.
    Auch Skar starrte konzentriert nach vorne und versuchte die pechschwarze Finsternis mit Blicken zu durchdringen. Der rötliche Lichtschein, der unter Bernecs Mantel hervordrang, störte ihn, aber trotzdem glaubte er nach einer Weile etwas wahrzunehmen… Bewegung… ein kaum merkliches Erbeben noch schwärzerer Schattierungen in der Schwärze… die reine Empfindung von Leben, Eindrücke, die er nicht einzeln und bewußt wahrzunehmen vermochte, die ihm in ihrer Gesamtheit aber zweifelsfrei mitteilten, daß da vorne etwas war… irgend etwas…
    Er bückte sich, tastete mit den Händen über den Boden und hob einen faustgroßen Stein auf. Bernecs Brauen zogen sich mißbilligend zusammen. Aber sie würden nicht zum Ziel kommen, wenn sie ihre Umgebung nicht irgendwie erforschten, und das wiederum war kaum möglich, ohne ein Risiko einzugehen.
    Er beugte sich vor, streckte die Hand aus und ließ den Stein fallen. Schon nach knapp zwei Sekunden hallte das gedämpfte Geräusch des Aufpralles zu ihnen hinauf.
    »Fünfzehn Meter«, schätzte Bernec. »Vielleicht zwanzig. Nicht mehr.«
    Skar ließ sich auf ein Knie herabsinken und versuchte, mit der Hand über die senkrecht abfallende Wand unter sich zu tasten. Wie schon draußen im Gang bestanden die Wände nicht aus Fels und massivem Gestein, sondern aus Erdreich, von seinem eigenen Gewicht zusammengebacken und hart, aber nicht fest genug, um ohne Risiko daran hinunterklettern zu können.
    »Haben wir ein Seil?« fragte er.
    Bernec nickte überrascht. »Du

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