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Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Titel: Enwor 10 - Die verbotenen Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wieder geschehen
würde,
wenn nicht…
    -    ja, wenn was nicht?
    Für eine Sekunde überlegte er ernsthaft, Kiinas Rat zu folgen
    -    aufzustehen und sich das erste erreichbare Pferd zu nehmen, um zu reiten, so weit und so lange, wie das Tier durchhielt. Die Idee war schlicht und einfach kindisch, aber vielleicht war eine kindische Reaktion in einer Welt voller Wahnsinniger das einzige, was Sinn machte.
    »Was hast du?« fragte Kiina. Sie sah ein wenig erschrocken aus, und Skar begriff, daß sich seine Empfindungen deutlich auf seinem Gesicht widergespiegelt haben mußten. Er schüttelte den Kopf, stand mit einer ruckhaften Bewegung auf und ging zu einer der schweren hölzernen Truhen, in denen seine Kleider verwahrt waren. Sie hatten noch viele Stunden, aber er streifte trotzdem den Mantel ab, öffnete die Truhe und begann seinen Harnisch anzulegen. Nicht die prachtvolle Rüstung, die Rowl aus den unergründlichen Waffenkammern Carans für ihn geholt hatte, sondern den alten, zerschrammten Brustharnisch aus Leder; mit Ausnahme des Schwertes das einzige, was ihm von seiner alten Satai-Kleidung geblieben war.
    Mit nur einer Hand war es nicht leicht, die Schnallen und Klemmen zu schließen. Kiina sah ihm eine Weile wortlos und kopfschüttelnd dabei zu, dann trat sie hinter ihn, stieß seine ungeschickt tastenden Finger einfach beiseite und half ihm. Wieder wurde ihm mit schmerzhafter Deutlichkeit bewußt, daß sie vielleicht das letzte lebende Wesen auf der Welt war, das seine Berührung nicht fürchtete, und absurderweise war es gerade dieses Wissen, das
ihre
Berührung unangenehm werden ließ. Skar beschimpfte sich in Gedanken für diese idiotische Reaktion, aber er wußte gleichzeitig, daß er diese Furcht nie wieder loswerden würde — die Angst, eines Tages in Kiinas Augen zu blicken und darin die gleiche Furcht zu sehen, wie sie in Titchs und Rowls Augen stand.
    Als Kiina zurücktrat und sich herumdrehte, stieß ihr Fuß gegen etwas, das klappernd davonflog — der kleine Dolch, mit dem der Quorrl-Priester Skar zu töten versucht hatte. Instinktiv bückte sie sich, um ihn aufzuheben, aber Skar hielt sie mit einer fast erschrockenen Handbewegung zurück.
    »Laß ihn liegen«, sagte er.
    Kiina sah verwirrt auf, verbiß sich aber jede Frage. Sie schien zu begreifen, warum Skar befohlen hatte, daß die Waffe dort liegenbleiben sollte.
    »Warum hat er das getan?« fragte sie nachdenklich.
    »Er mußte versuchen, mich zu töten. Ich an seiner Stelle —«
    »Das meine ich nicht.« Kiina deutete auf die winzige Waffe und machte eine Bewegung, als wolle sie sie mit dem Fuß anstoßen. »Ich frage mich, warum er es
so
getan hat. Er hätte dir mit einer Hand das Genick brechen können — ohne sich selbst zu verstümmeln.«
    »Vielleicht mußte er es«, antwortete Skar. Er hatte lange über diese Frage nachgedacht, aber zu einer befriedigenden Antwort war er nicht gekommen.
    »Du meinst, es war kein einfacher Meuchelmord, sondern etwas wie eine zeremonielle Tötung.«
    Aus Gründen, die ihm im allerersten Moment selbst nicht völlig klar waren, erfüllten diese Worte Skar mit Zorn. Aber er beherrschte sich; statt Kiina anzufahren, was sein erster Impuls war, nickte er nur und wandte sich rasch ab, damit sie sein Gesicht nicht sah. Kiina war der Wahrheit vermutlich sehr nahe. Was ihn zornig machte, das war nur die Wahl ihrer Worte. Obwohl der Quorrl gekommen war, um ihn zu töten, war es Skar unmöglich, Feindschaft für ihn zu empfinden. Der Priester tat, was er glaubte, tun zu müssen. Wie sie alle.
    Er bückte sich nach seinem Mantel, streife ihn wieder über und schloß ungeschickt die silberne Schnalle. Während er dies tat, wurde ihm klar, was für einen Kontrast das Kleidungsstück bilden mußte: der prachtvolle Zeremonienmantel des Kriegsherrn aller Satai über dem zerschrammten Lederharnisch eines einfachen Kriegers. Aber vielleicht, dachte er, auf eine hysterische Art belustigt, war er das ja jetzt auch: der Kriegsherr
aller
Satai, — und sei es nur, weil er vielleicht der
letzte
Satai war. Er hatte nichts mehr von Del und dem Heer gehört, seit sie die Ruinen Elays verlassen hatten. Aber alles, was seither geschehen war, hatte bewiesen, daß sie ihre Gegner nicht unterschätzen durfen. Ihr beinahe totaler Sieg hier in Cant bedeutete nicht, daß auch Del und seine Begleiter ihr Ziel erreicht hatten.
    »Ich frage mich, ob sie angekommen ist«, murmelte er.
    »Wer?«
    Er drehte sich zu Kiina um. »Das

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