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Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Titel: Enwor 10 - Die verbotenen Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Kiina sah, und er opferte weitere zehn dieser unendlich kostbaren Sekunden damit, sie anzublicken. Er war nicht der einzige, der sich verändert hatte, in den letzten sieben Tagen. Zum ersten Mal seit langer, langer Zeit sah Kiina nicht krank und verängstigt aus. Ihr Gesicht hatte seine jugendliche Frische zurückgewonnen, und in die dunklen aufmerksamen Augen, die sie mehr als alles andere von ihrer Mutter geerbt hatte, war das Leben zurückgekehrt, jener nie ganz erlöschende Trotz, der bereit war, selbst Götter herauszufordern — und gute Chancen hatte, ihnen zu widerstehen. Sie trug einen langen, mit goldenen und silbernen Linien bestickten Mantel aus schwarzer Seide, der an seinen eigenen Zeremonienmantel erinnerte und den sie sich auch wahrscheinlich aus keinem anderen Grund ausgesucht hatte, und darunter eine Rüstung aus winzigen Metallschuppen und —pailletten. Es war die Rüstung eines Quorrl, aber aus irgendeinem Grund paßte sie Kiina so perfekt, als wäre sie eigens für sie angefertigt worden. An ihrer rechten Seite hing ein zweischneidiges Kurzschwert, von dem der ahnungslose Quorrl-Schmied, der es angefertigt hatte, geglaubt haben mochte, es wäre ein Dolch, an der anderen Seite des breiten Schuppengürtels die Scannerwaffe einer
Errish.
Jedes andere Mädchen ihres Alters, dachte Skar, hätte in diesem Aufzug zumindest ein Lächeln hervorgerufen. Kiina nicht. Vielleicht war es ihr Blick und der unbeugsame Wille darin, vielleicht die selbstverständliche Gelassenheit, mit der sie Mantel, Rüstung und Waffen trug, oder einfach die Art, in der sie sich bewegte, die der übertrieben amazonenhaften Verkleidung alles Lächerliche nahm.
    Aber die Veränderung, die mit Kiina vonstatten gegangen war, beschränkte sich nicht nur auf ihre Kleidung. Ganz und gar nicht. Kiina war eine schöne Frau geworden. Vielleicht war sie es immer gewesen, aber die Umstände hatten es nicht gewollt, daß er sie so sah wie jetzt: ein Mädchen, das ganz bestimmt nicht mehr Kind, nicht mehr ganz Mädchen und auch noch nicht ganz Frau war, sondern irgendwo auf jenem haarscharfen Grat dazwischen balancierte, einem zeitlosen Moment, den manche — nur ganz wenige — Frauen Zeit ihres Lebens beibehalten konnten.
    Ihre Mutter hatte zu diesen Frauen gehört, erinnerte sich Skar. Gowenna, die einzige Frau, die er jemals
wirklich
geliebt hatte. Und vielleicht, gestand sich Skar in Gedanken ein, sah er Kiina auch einfach nur so, weil er sie so sehen
wollte.
    »Sagst du mir jetzt, was du denkst?« fragte Kiina.
    »Daß du eine sehr schöne Frau geworden bist«, antwortete Skar. Er hob die Hand und ließ sie sofort wieder sinken. Er hatte Kiina nicht mehr berührt seit Caran, und er tat es auch jetzt nicht. Vielleicht war sie die einzige — selbst Titch eingeschlossen —, die keine Angst vor ihm hatte, aber es war dieses eine winzige Wort, das Skar den Mut nahm, sie zu berühren: vielleicht. Er hätte es nicht ertragen, in ihren Augen das gleiche Entsetzen aufblitzen zu sehen wie in denen des Quorrl.
    »Das weiß ich«, sagte Kiina. Und dann tat sie etwas, das
Skar
überrascht zusammenfahren ließ — mit einem einzigen Schritt durchbrach sie die unsichtbare Mauer und trat neben ihn. Ihre Hand senkte sich auf seinen Unterarm und hielt ihn fest, und in ihrem Blick war nicht eine Spur von Angst oder gar Abscheu. Und nach einer weiteren Sekunde streckte auch Skar zögernd die Hand aus und berührte ihre Finger. Sie fühlten sich kalt an.
    So glatt wie Porzellan und ebenso kalt, und der Puls darunter schlug schnell und verriet, daß sie
doch
Angst hatte. Aber nicht vor ihm, dachte er beruhigt. Nicht vor ihm.
    Und plötzlich war es, als lese
Kiina
seine Gedanken. »Wovor hast du Angst?« fragte sie.
    Er versuchte nicht einmal, es zu leugnen. Der Moment war zu kostbar, um ihn mit einer Lüge zu vergiften.
    »Vor Morgen«, sagte er.
    Kiina nickte, als hätte sie genau diese Antwort erwartet. »Es ist nur eine dumme Prophezeiung, Skar«, sagte sie. »Die Worte eines verzweifelten alten Mannes, der seine Welt zerbrechen sieht.«
    »Nein«, antwortete er. »Das ist es nicht. Der Priester hatte recht, Kiina. Etwas… Furchtbares wird geschehen, wenn wir die Verbotenen Inseln betreten. Ich weiß es.«
    »Dann tu es nicht«, schlug Kiina mit fast kindlicher Unbefangenheit vor. »Hungert sie aus. Belagert diese lächerliche Festung, bis sie aufgeben oder verhungern. Wir haben gesiegt, so oder so.« Sie löste ihre Hand aus seinem Griff,

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