Enwor 11 - Das elfte Buch
vermutete Skar.
»Die Quorrl und die Satai führen einen Stellvertreterkrieg«, sagte Kama. »Wären nicht sie es, wären es andere. Aber viel gefährlicher sind die Digger.«
»Schon wieder wir Digger«, mischte sich Esanna ein, die es nun offenbar überhaupt nicht mehr eilig hatte, ihr halbwegs komfortables Lager zu verlassen. »Was soll denn dieser Schwachsinn. Wir tun doch niemandem etwas.«
»Oh, ihr tut sehr schlimme Dinge«, sagte der Nahrak. »Ihr grabt nach Kaol. Dadurch ihr schwächt es. Und damit stärkt ihr das
Khtaam.«
»Wir haben überhaupt nichts mit diesen
Khtaam
zu tun«, behauptete Esanna. »Ich habe heute Nacht zum ersten Mal davon gehört.«
»Ein Teil von dir hat heute Nacht zum ersten Mal davon gehört«, gab ihr Kama Recht. »Ein anderer Teil kennt die Wahrheit schon viel länger. Denn du bist bestimmt, Skar zu helfen.«
Esanna zog die Stirn kraus und zuckte zusammen, als würde ihre Stirnwunde dabei schmerzhaft zu pochen anfangen. »Schwachsinn«, sagte sie leise und führte die Hand an die Stirn, um mit dem Handballen gegen die Wunde zu drücken.
»Kein Schwachsinn«, widersprach Kama. »Nur ihr beide zusammen können Enwor retten. Ihr beide wurdet dazu auserwählt — auf eine Weise, die ihr vielleicht erst in vielen Jahren verstehen werdet. Es wird nicht leicht sein für euch zu begreifen, was muss getan werden, und es sein eine Zeit der Prüfung, bis es euch kann gelingen, den unsinnigen Krieg zwischen Quorrl und Satai zu beenden. Ihr müsst diesen Weg gemeinsam beschreiten, Esanna, gegen das Khtaam und für Enwor. Wenn ihr es nicht tut, ist Enwor verdammt.«
»Enwor soll verdammt sein, wenn ich jetzt meiner Wege gehe und nicht mit Skar ziehe?« Esanna schüttelte den Kopf. »Das glaubst du doch selber nicht. Wir kennen uns ja nicht einmal. Im Grunde genommen weiß ich ja nicht einmal, wer Skar ist.«
»Du selbst hast doch das Zeichen erkannt«, sagte Kama sanft. »Du hast doch gesehen, was ist mit seiner Brust verwachsen.«
»Das Zeichen… ja.« Ihre Stimme zitterte und ihr Blick flackerte plötzlich vor Angst. »Und ich habe Skar kämpfen sehen. Anders als alle anderen Männer, die ich je im Kampf sah — anders selbst als die beiden Satai, die letzten Winter für meinen Vater kämpfen.«:
»Zwei Satai?« Skar sah eine Chance das Gespräch in eine unverfänglichere Richtung zu lenken. »Hat sie dein Vater angeheuert?«
»Angeheuert ist wohl das falsche Wort«, antwortete Esanna leise. »Sie tauchten irgendwann von selbst auf… und sie verhielten sich äußerst merkwürdig.«
»Inwiefern merkwürdig?«
»Nun… sie… sie…« Esanna schüttelte angeekelt den Kopf. »Aber das ist ja auch nicht so wichtig.«
»Wieso ist das nicht wichtig?«, fragte Skar. »Mich interessiert alles, was mit den Satai zu tun hat. Ich muss wissen, was in den letzten dreihundert Jahren mit ihnen geschehen ist.«
»Ich will aber nicht über sie reden!«, schrie Esanna mit erschreckender Heftigkeit. Sie wandte ihren Kopf ab und barg ihr Gesicht in den Händen und ein heftiges Schluchzen erschütterte ihren Körper, das so ganz im Gegensatz zu ihren vorherigen schroffen Worten stand und doch genauso dazu passte wie eine kalte Nacht, die auf einen strahlenden Tag folgte.
Skar wollte sich zu ihr herüberbeugen, aber Kama schüttelte den Kopf. »Lass sie«, sagte er. »Ich kann dir erklären, was du willst wissen.«
»Na schön«, sagte Skar wenig überzeugt. Bislang hatte er noch nicht einmal die Hälfe von dem verstanden, was ihm der Nahrak auf die Nase hatte binden wollen. Vielleicht war ja tatsächlich etwas Wahres daran, vielleicht war aber auch einfach alles ein wirrer Mischmasch alter Überlieferungen und allzu freizügiger Interpretation.
»Die Satai haben sich verändert in den letzten drei Jahrhunderten«, begann der Nahrak. »Sie nicht mehr dieselben sind. Früher sie standen für…«
»Ich weiß, wofür sie früher gestanden haben«, knurrte Skar. »Falls du es nicht wissen solltest: Ich selber habe viele Jahre den Mantel des Hohen Satai getragen.«
»Ja, ich weiß«:, seufzte Kama. »Und wenn du ihn noch heute würdest tragen, vieles wäre anders. Doch jetzt ist alles… viel schwieriger geworden.«
»Inwiefern?«
»Die alten Ideale — sie wurden abgewaschen durch die Zeit. Darunter es kam zum Vorschein Habgier und Selbstsucht.«
»Die Satai waren noch nie ein Verein hilfsbereiter junger Männer«, sagte Skar schroff. »Wir haben uns verdingt, haben dem gedient, der
Weitere Kostenlose Bücher