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Enwor 2 - Die brennende Stadt

Enwor 2 - Die brennende Stadt

Titel: Enwor 2 - Die brennende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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immer zwei oder mehr Stufen auf einmal genommen haben.
    Ein winziger gelber Funke glomm auf, dann erfüllte der flak-kernde Schein einer Öllampe den Gang.
    »Tritt ein.«
    Skar nahm die letzten Stufen rascher und senkte den Kopf, um nicht gegen den niedrigen Türbalken zu stoßen. Das Zimmer war winzig — ein Rechteck, das gerade Platz für ein strohgedecktes Lager, einen Tisch und einen dreibeinigen Hocker bot. Es gab ein schmales, mit einem Laden und zusätzlichen Gitterstäben gesichertes Fenster an der Südwand und gegenüber ein paar flache Nischen, die zur Aufbewahrung der verschiedensten Dinge dienten; für einen Schrank wäre kein Platz gewesen.
    Gowenna wartete geduldig, bis Skar seine Musterung beendet hatte. »Du siehst, es lauern keine Mordbuben unter dem Bett«, sagte sie spöttisch. »Und im Boden ist auch keine Falltür. Du kannst also getrost eintreten.« Sie deutete mit einer Kopfbewegung auf den Hocker und wich gleichzeitig zur Tür zurück. »Warte hier«, sagte sie. »Meine Herrin wird in wenigen Augenblicken da sein. Du wirst dann alles Notwendige erfahren.«
    Skar wollte etwas sagen, aber Gowenna fuhr mit einer raschen Bewegung herum und war verschwunden, ehe er Gelegenheit zu weiteren Fragen hatte. Ihre Schritte verklangen auf der Treppe, dann fiel die Tür unter ihm zu.
    Skar blieb einen Moment unschlüssig stehen, ehe er sich auf die Bettkante setzte und sich in einer Mischung aus Ärger und widerwilliger Neugier umsah. Das Zimmer gab auch bei der zweiten Betrachtung nicht mehr her, es war schäbig, selbst für eine drittklas-sige Herberge im übelsten Viertel der Stadt, ein Loch, gerade gut genug zum Schlafen und vielleicht nicht einmal das. Er konnte sich nicht vorstellen, daß Gowenna oder die, für die sie arbeitete, hier lebten. Vermutlich hatte sie das Haus einzig und allein wegen seiner abgeschiedenen Lage gewählt.
    Seine Geduld wurde auf keine harte Probe gestellt. Schon nach kurzem hörte er wieder das Geräusch der Tür, danach eilige Schritte. Leichtere Schritte als die Gowennas. Skar erhob sich, schlug seinen Umhang zurück und legte die Hand neben dem Schwertgriff auf den Gürtel.
    Es war eine Frau. Sie war jünger als Gowenna, schlanker und kleiner. Und sie war, wie Gowenna, von Kopf bis Fuß in mattes, fließendes Grau gekleidet.
    Skar wußte plötzlich wieder, woran ihn die Farbe erinnert hatte.
    Sein Erstaunen mußte sich deutlich auf seinen Zügen widerspiegeln, denn die Fremde lächelte plötzlich. Sie zog die Tür hinter sich ins Schloß, schlug mit einer graziösen Bewegung ihre Kapuze zurück und bedachte ihn mit einem zweiten spöttischen Lächeln.
    »Was Ihr denkt, ist richtig, Satai«, sagte sie. »Ich bin eine Errish. Und Ihr müßt Skar sein.« Als hätte sie damit alles gesagt, was an Erklärung notwendig war, streifte sie ihren Umhang ab, warf ihn nachlässig zu Boden und bückte sich unter das Bett, um ein sauberes Tuch aufzuheben, mit dem sie sich Gesicht und Hände abzutrocknen begann. Ihre Kleider waren bis auf einen schmalen, dunklen Streifen um die Füße, der das Kleid wie ein unregelmäßiger Saum abschloß, vollkommen trocken. Das graue Cape mußte wasserdicht sein.
    Skar musterte sie offen und mit einer Mischung aus Ehrfurcht und unverhohlener Neugier. Sie war noch jünger, als er im ersten Moment geglaubt hatte — vielleicht fünfundzwanzig, kaum älter, obwohl, wie er rasch in Gedanken hinzufügte, Jugend — äußerlich sichtbare Jugend — bei einer Errish nicht viel bedeuten mußte. Sie hatte ein hübsches, ehrlich wirkendes, rundes Gesicht. Um ihren Mund lag ein energischer Zug, und ihre Augen, dunkle Augen, blickten mit einer seltsamen Mischung aus Lebenslust und Ernst in die Welt. Ihr Haar war, wie bei den Errish üblich, im Nacken zusammengeknotet und von einer goldenen Spange gehalten; das einzige, was nicht grau war an ihr. Dunkles Haar, das sehr lang und sehr schön sein muß, wenn es offen herabfällt, dachte Skar. Aber was er sah, war nichts, denn ihr Äußeres war nur eine Maske, perfekt bis ins Letzte, doch nicht mehr als Schein. Niemand hatte je das wirkliche Gesicht einer Errish gesehen.
    Sie trocknete sich sorgfältig und ohne sichtliche Hast ab, warf das Tuch ebenso achtlos zu Boden wie vorher den Umhang und nahm einen Krug und zwei Becher aus einer der Nischen. »Trinken wir einen Wein«, sagte sie. »Nach der kalten Nacht und dem Regen wird er uns guttun. Ich bin durchnäßt von den wenigen Schritten, die ich laufen mußte.

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