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Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Titel: Enwor 4 - Der steinerne Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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erwachte endlich aus seiner Erstarrung. Hinter ihm wütete der Wolf wie ein blutrünstiger Todesengel unter den Thbarg, die seinem ersten Ansturm entgangen waren, aber der Kampf konnte nur noch Sekunden dauern. Skar rannte los. Herger fuhr herum und verschwand im Dunkel hinter der Tür. Skar erreichte den Durchgang, warf sich mit einem verzweifelten Sprung hindurch und glitt auf dem nassen Kopfsteinpflaster aus.
    »Zum Stall, Skar!« brüllte Herger verzweifelt. Skar erkannte ihn nur als undeutlichen Schemen im grauen Licht der heraufziehenden Dämmerung. Er sprang wieder auf, hetzte, ohne sich noch ein weiteres Mal umzublicken, hinter ihm her und holte ihn mit wenigen Schritten ein.
    Herger deutete auf ein flaches, strohgedecktes Gebäude zwanzig Meter vor ihnen. Skar nickte, lief schneller und warf sich mit aller Macht gegen die Tür. Ein betäubender Schmerz zuckte durch seine Schulter, aber der Riegel gab unter dem ungestümen Anprall nach und zerbrach; die Tür flog krachend nach innen und prallte gegen die Wand. Skar taumelte, vom Schwung seiner eigenen Schritte vorwärtsgerissen, ein Stück weit in den Stall hinein, versuchte stehenzubleiben und glitt ein weiteres Mal aus. Der Stall roch nach Heu und Schweiß und Pferdemist, und die Tiere, die beiderseits der Tür in schmalen, hölzernen Verschlagen untergebracht waren, begannen unruhig zu schnauben und mit den Hufen zu stampfen.
    Herger langte keuchend neben der Tür an, griff mit der Linken nach dem Pfosten und deutete mit einer Kopfbewegung auf den Verschlag direkt neben dem Eingang. »Die ... die beiden dort«, stieß er schweratmend hervor.
    Skar sprang auf, verlor erneut das Gleichgewicht und fing den Sturz im letzten Moment ab. Für einen zeitlosen, schrecklichen Augenblick begann sich der Stall vor seinen Augen zu drehen; Übelkeit und Schwindel ergriffen ihn. Er wankte, griff haltsuchend um sich und bekam etwas Warmes, Weiches zu fassen. »Warte«, keuchte Herger, »ich helfe dir.«
    Das Schwächegefühl wurde stärker. Skars Knie drohten nach-
    zugeben. Er merkte kaum, wie Herger den Verschlag aufriß und die beiden Pferde ungeduldig an den Zügeln hervorzerrte. Eine Hand berührte ihn an der Schulter, riß ihn mit erstaunlicher Kraft auf die Füße und stieß ihn vorwärts. Das Pferd tauchte wie ein massiger schwarzer Schatten aus den wallenden Nebelschwaden vor seinen Augen auf. Er griff" blind nach dem Sattelknauf, zog sich mit letzter Kraft empor und tastete nach den Zügeln. Das Pferd scheute, warf den Kopf zurück und schlug aus. Seine Hufe trafen das Holz eines Verschlages und zerschmetterten es.
    »Skar!« Hergers Stimme zitterte vor Panik, überschlug sich fast. »Verdammt noch mal,
reiß dich zusammen!«
    Skar hob mühsam den Kopf und sah Herger an. Der Hehler war ebenfalls in den Sattel gestiegen und deutete wild nach draußen. Sein Gesicht war verzerrt; eine entstellte Grimasse, die kaum mehr Ähnlichkeit mit einem menschlichen Gesicht zu haben schien. Skar hörte die Worte, aber es dauerte lange, endlos lange, bis ihm ihr Sinn klarwurde.
    »Wir müssen weg!« keuchte Herger.
    Skar nickte, aber die Bewegung war nur ein blinder Reflex seines Körpers. Das wattige Grau der Dämmerung vor der Stalltür wich allmählich flackerndem, blutigem Feuerschein. Ein gellender Schrei wehte zu ihnen herein. Über dem Hof von Hergers Haus lag ein lodernder Schirm aus weißer und gelber Helligkeit; Feuerschein, der direkt aus den tiefsten Schlünden der Hölle emporzuwabern schien.
Das Feuer Combats,
dachte Skar, von seinem Wächter hierher, ans andere Ende der Welt getragen, um ihn zu verbrennen ...
    Der Gedanke riß ihn endgültig aus seiner Lethargie. Er richtete sich im Sattel auf, sammelte noch einmal alle Kraft und preßte dem Pferd die Schenkel in die Seiten. Das Tier schnaufte erschrocken, machte einen Satz und preschte los.
    Seite an Seite jagten sie aus dem Stall hinaus.
    Hinter ihnen griffen die Flammen allmählich auf die benachbarten Häuser über. Als sie aus der Gasse hervorbrachen und auf die Hauptstraße Anchors hinausgaloppierten, sah Skar sich noch einmal um. Hergers Haus brannte wie eine Fackel. Und davor, vor dem Hintergrund der lodernden Feuerwand überdeutlich auszumachen, stand ein zottiger schwarzer Schatten.

B esser jetzt?« Herger lächelte aufmunternd, knotete den Verband zusammen und sah Skar mit mühsam verhohlener Besorgnis an. Sein Gesicht war noch immer grau vor Schrecken, aber seine Hände hatten nicht gezittert, als er

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