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Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Titel: Enwor 4 - Der steinerne Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zurückgeblieben, während Legis und Mork zu den Daktylen in den hinteren Teil der Höhle hinübergegangen waren, um die Tiere für den Flug auszuwählen und vorzubereiten. »Sobald die Sonne untergeht, können wir aufbrechen«:, setzte Legis hinzu.
    »Wir?« fragte Herger lauernd. »Wer ist das?«
    »Ihr zwei, ich, Mork und ein paar von unseren Männern.«
    »Und wie viele Quorrl?«
    Legis warf Skar einen hilfesuchenden Blick zu, aber Skar schwieg. Er hatte Herger mehr als deutlich gesagt, was er von seinem übersteigerten Mißtrauen hielt, und er hatte einfach keine Lust mehr, sich ständig für den Hehler zu entschuldigen. Wenn Herger es für gut befand, sich Ärger einzuhandeln, dann sollte er es tun. Skar hatte allmählich einen Punkt erreicht, an dem es ihm gleichgültig war, was mit Herger geschah.
    »Fünf«, sagte Legis nach kurzem Zögern.
    Herger schnitt eine Grimasse. »Ihr seid wirklich sehr um unsere Sicherheit besorgt«, murrte er. »Oder habt ihr vielleicht Angst, wir könnten es uns anders überlegen und unterwegs die Richtung wechseln?«
    In Legis' Gesicht arbeitete es. Ihre Augen flammten, aber der Zornesausbruch, den Skar erwartete, blieb aus. Sie schüttelte bloß den Kopf, sagte ein leises, abfällig klingendes Wort, das weder Skar noch Herger verstand, und wandte sich abrupt ab, um zu den Daktylen zurückzugehen.
    Skar folgte ihr, aber die
Errish
ging so schnell, daß sie den Verschlag mit den großen Flugechsen schon fast erreicht hatte, als er sie einholte.
    »Ehrwürdige Frau«, sagte er, bewußt die offizielle, ehrenvolle Anrede wählend, »wartet.«
    Legis blieb stehen, starrte einen Moment wortlos vor sich hin und drehte sich dann mit sichtlichem Widerwillen um.
    »Es ... tut mir leid«, begann Skar unsicher. »Du darfst es Herger nicht übelnehmen. Er ...«
    »Er hat Angst«, fiel ihm Legis ins Wort. »Und er hat recht — wenigstens von seinem Standpunkt aus. Das war es doch, was du sagen wolltest, oder?«
    Skar war verwirrt. »Nun ...«
    »Wir sind allein, Skar«, fuhr Legis fort. »Weder Laynanya noch Mork oder einer der anderen Quorrl ist in der Nähe. Du brauchst dich also nicht zu verstellen.« Sie lächelte flüchtig, aber es war eher eine Miene des Schmerzes. »Warum bist du nicht ehrlich, Satai? Du behauptest, nichts mit Herger zu schaffen zu haben, aber du vergißt, daß wir deine Gedanken kennen. In Wahrheit magst du ihn, weil er jemandem ähnelt, den du gekannt hast. Und in Wahrheit denkst du so wie er. Nur daß er den Mut — oder die Dummheit, das kommt darauf an — besessen hat, seine Gedanken laut auszusprechen.«
    Skar atmete hörbar ein. Er war Legis gefolgt, um sich bei ihr zu entschuldigen, nicht aus Furcht oder Höflichkeit, sondern weil er spürte, daß die
Errish
vielleicht von allen im Lager die einzige war, die es wirklich ehrlich mit ihm meinte. Selbst bei Laynanya war er da nicht sicher. Aber er begann allmählich einzusehen, wie schwer es war, mit einem Menschen zu reden, der seine geheimsten Gedanken und Gefühle kannte.
    »Er hat recht«, sagte Legis noch einmal. »Und du weißt es.
    Wenn du Erfolg hast, gewinnen wir. Wirst du getötet, verlieren wir nichts. Der Entschluß, euch dabei zu helfen, nach Elay zu kommen, war schon gefaßt, bevor du aufgewacht bist.« Sie seufzte. »Ich dürfte dir all das nicht sagen, aber ich glaube, du weißt es ohnehin.« Sie ging langsam weiter, tauchte unter den straff gespannten Seilen, die die Höhle in zwei Bereiche teilten, hindurch und blieb neben einer Daktyle stehen. Skar ging dicht neben ihr, obwohl ihn die Nähe der riesigen Sauriervögel noch immer mit einem vagen Gefühl der Furcht erfüllte. Etwas war in den winzigen Augen der Daktylen, das nicht dorthin gehörte.
    »Du bist nicht der einzige, der sich selbst belügt, Skar«, fuhr Legis fort. Sie sah ihn nicht an, sondern schien ganz darauf konzentriert, den schuppigen Hals der Echse zu streicheln. Sie sprach schnell, und Skar hatte den Eindruck, daß es weniger eine Antwort auf seine Frage war, sondern daß sie sich etwas von der Seele redete. Vielleicht hatte sie nur darauf gewartet, daß er ihr Gelegenheit gab, ihm all dies zu erzählen. »Wir belügen uns alle. Mit jedem Atemzug, den wir tun. Wir wiegen uns in Sicherheit und glauben, daß es genügt, die Augen zu schließen, um die Wahrheit zu verleugnen.« Sie schüttelte den Kopf, drehte sich nun doch zu ihm herum und lehnte sich mit einer erschöpfen Bewegung gegen die Echse, die unwillig krächzte,

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