Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enwor 7 - Das schweigende Netz

Enwor 7 - Das schweigende Netz

Titel: Enwor 7 - Das schweigende Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Panzerechsen getötet, die beiden anderen standen reglos und verwirrt da, nicht mehr als stumpfsinnige Fleischberge, die in ihren kleinen Hirnen jetzt vermutlich vergebens nach einer Antwort auf die Frage suchten, wie sie hierhergekommen waren, und warum.
    Del blickte sehr lange und sehr nachdenklich auf das bewußtlose Mädchen hinab, aber er sagte kein Wort, stellte keine einzige Frage, sondern wandte sich nach einer Weile mit einem lautlosen Seufzer wieder um und deutete zurück in die Richtung, aus der er gekommen war. »Komm mit«, forderte er ihn auf. »Da ist etwas, was du dir ansehen solltest.«
    Skar folgte ihm, aber nicht, ohne vorher seinen Mantel abzustreifen und ihn über das reglose Mädchen auszubreiten; weniger eine Geste des Mitleids als vielmehr Folge rein praktischer Überlegung — sie hatten nicht sehr viel Zeit. Das Mädchen war schon jetzt gefährlich unterkühlt, und es würde schlichtweg erfrieren, wenn es noch lange im Schnee lag.
    Sie näherten sich einer der riesigen Panzerechsen, und obwohl Skar wußte, daß sie jetzt nicht mehr als stumpfsinnige Tiere waren, überkam ihn ein sehr ungutes Gefühl, nicht direkt Angst, aber doch etwas, das ihr sehr ähnlich war. Aufmerksam musterte er die Augen des Riesentieres. Vorhin waren sie ihm klein vorgekommen, aber das stimmte nicht — sie waren so groß wie Dels geballte Faust. Aber das satanische Feuer, der Funken boshafter Intelligenz und der unbändige Wille zu töten und zu vernichten waren daraus verschwunden. Das Wesen, dem er jetzt gegenüberstand, war keine unbesiegbare Killermaschine mehr, sondern nur noch eine ziemlich große und ziemlich dumme Masse von Fleisch und Knochenplatten, die gar nicht verstand, was all diese kleinen hektischen Wesen von ihr wollten — falls sie sie überhaupt zur Kenntnis nahm, hieß das. Trotzdem ertappte Skar sich dabei, einen respektvollen Bogen um den stacheligen Giganten zu schlagen, während er Del folgte. Der Drache befand sich eindeutig jenseits der Grenze von Körpergröße und Aussehen, vor der logisches Denken der Angst noch überlegen war.
    Sie umrundeten die Panzerechse fast zur Gänze, ehe sie eine Gruppe von Satai und Quorrl erreichten, die einen reglosen Körper umstanden, der halb im Schnee begraben lag. Die Männer traten achtungsvoll zur Seite, als sie näher kamen, und Del machte eine ungeduldige Handbewegung, schneller zu gehen.
    Aus irgendeinem Grund war er nervös.
    Es war einer der Drachenreiter. Er lag so da, wie er vom Rücken des riesigen Tieres heruntergestürzt war, mit verrenkten Gliedern und durchbohrter Rüstung, aus deren Seite noch der Schaft einer zersplitterten Lanze ragte, aber jemand hatte seinen Helm aufgebrochen, mit brutaler Kraft, so daß er nur noch seinen Hinterkopf und Nacken wie eine schwarze Schale mit gezackten Rändern umgab.
    Skar erstarrte, als er das Gesicht sah, das darunter zum Vorschein gekommen war. Er blieb mitten im Schritt stehen, tauschte einen erschrockenen Blick mit Del und ging unsicher weiter, als dieser abermals eine auffordernde Bewegung mit der Hand machte.
    Zögernd, so vorsichtig, als befürchte er ernsthaft, der Tote könne plötzlich die Augen aufschlagen und nach ihm greifen, ließ er sich neben der reglos daliegenden Gestak auf ein Knie herabsinken und streckte die Hand aus.
    Es war eine Frau. Sie war wesentlich älter als das Mädchen auf der grünen Echse, aber jünger als Del oder gar er — und es war eine
Errish,
wenn er jemals eine gesehen hatte. Ihre weit offenstehenden Augen waren von dem strahlenden, makellosen Weiß, das nur bei einer
Errish
zu sehen war, und auf ihrer rechten Schläfe befand sich eine winzige, hellviolette Tätowierung, die dem Kundigen ihren Rang in der Kaste der Drachenherrinnen verriet. Für einen ganz kurzen, aber schrecklichen Moment fragte er sich entsetzt, ob sie vielleicht dem Falschen geholfen hatten. Aber trotzdem war es nicht das, was ihn so erschütterte. Was ihn traf und was die Ursache für das abgrundtiefe, mit Furcht gemischte Erschrecken in Dels Augen gewesen war, war ihr Gesicht.
    Etwas ... bedeckte es.
    Im allerersten Moment glaubte er, es wäre ein Muster aus geronnenem Blut, das auf ihren Zügen erstarrt war, aber das stimmte nicht. Es war ... ein Gespinst, dachte er angeekelt, etwas wie ein schwarzes, weitmaschiges Netz aus haardünnen glitzernden Fäden, schwarze Spinnweben, die einem Muster zu folgen schienen, das er nicht zu erkennen vermochte, das aber da war. Keiner der Fäden

Weitere Kostenlose Bücher