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Enwor 7 - Das schweigende Netz

Enwor 7 - Das schweigende Netz

Titel: Enwor 7 - Das schweigende Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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war dicker als ein Haar, aber sie erschienen Skar sehr fest, und irgendwie ... lebendig. Es war, als bewegten sie sich, so sacht und auf so sonderbar falsche, fremdartige Weise, daß er diese Bewegung nicht wirklich sehen konnte, aber sehr deutlich fühlte.
    »Großer Gott, Del — was ist das?« murmelte er.
    Del erwiderte nichts, aber er spürte sein Achselzucken und die Bedrückung, die der andere ebenso wie er empfand. Es war nicht einfach so, daß der Anblick allein furchterregend oder ekelhaft gewesen wäre — jeder von ihnen hatte Dinge zu Gesicht bekommen, die zehnmal erschreckender und hundertmal widerwärtiger waren — aber er war... bedrohlich. Falsch, auf unmöglich in Worte zu fassende Art.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Del schließlich doch. Mit zwei Schritten umrundete er den Leichnam der
Errish
und ging Skar gegenüber in die Hocke, hielt aber weitaus mehr Abstand zu der Toten ein, als nötig gewesen wäre. Er spürt es auch, dachte Skar. Selbst die Quorrl, die in kleinen Gruppen auf dem Schlachtfeld standen, hielten fast respektvollen Abstand zu den Toten. Skar fiel auf, daß niemand auch nur versuchte, die Leichen auszuplündern.
    »Sie haben es alle.«
    Skar sah auf, und Del machte eine erklärende Handbewegung.
    »Es sind alles
Errish,
Skar. Und sie haben alle dieses... Ding.«
    Er schluckte. »Mach ihre Rüstung auf.«
    Skar gehorchte, wobei ihm eine innere Stimme riet, es besser nicht zu tun, denn er mochte Dinge sehen, die er eigentlich gar nicht sehen wollte. Dessen ungeachtet beugte er sich vor, suchte mit den Fingern nach einer Lücke in der schwarzen Panzerung der
Errish
und zog mit einem kräftigen Ruck.
    Der Brustharnisch der sonderbaren Rüstung zerbrach mit einem Laut wie zersplitterndes Glas, und Skar starrte verblüfft auf das, was er für geschwärztes Eisen gehalten hatte. Es war kein Metall. Es war
Horn!
    Verwirrt blickte er auf die scharfkantigen kleinen Scherben herab, die er plötzlich in der Hand hielt, ließ sie schließlich fallen und beugte sich wieder über die Tote.
    Er hatte den Anblick erwartet, aber er erschreckte ihn trotzdem.
    Das schwarze Gespinst beschränkte sich nicht nur auf ihr Gesicht, sondern erstreckte sich weiter. Wie ein Netz aus der Haut gequollener Adern zog es sich an ihrem Hals herab und verschwand im Ausschnitt des braunen Lederwamses, das sie unter der Rüstung trug, und Skar mußte seine Phantasie nicht sonderlich strapazieren, um sich vorzustellen, welcher Anblick sich ihm bieten würde, wenn er das Hemd aufschnitt.
    Trotzdem tat er es.
    Das Netz war hier weitmaschiger, und die Fäden dicker. Unter den Brüsten der Toten erreichten sie die Stärke eines Kinderfingers, und hier und da gewahrte er kleine, glitzernde Klümpchen des gleichen Materials, die sich an den Knotenstellen der Fäden gebildet hatten und sanft pulsierten, in unregelmäßigem, aber erkennbarem Rhythmus. Der Anblick erinnerte ihn an etwas. Er hatte etwas wie dies schon einmal gesehen, in anderer Form und anderem Zusammenhang, aber er wußte nicht mehr, wann und wo.
    Fast behutsam breitete er das zerschnittene Wams wieder über dem Oberkörper der Toten aus und kroch ein kleines Stück von ihr fort. Wie Del war er plötzlich sehr darauf bedacht, diesem entsetzlichen Etwas nicht zu nahe zu kommen.
    »Sie haben alle dieses... dieses Netz, sagst du? Ihr habt sie alle untersucht?«
    Statt einer direkten Antwort zog Del seinen Dolch aus dem Gürtel, beugte sich vor und verlängerte den Riß, den Skar in das Gewand der Toten geschnitten hatte. Skar erkannte, was er meinte, ohne daß es eines weiteren Wortes der Erklärung bedurft hätte.
    Das schwarze Netz hüllte den Körper der toten
Errish
vollkommen ein, und in seiner Mitte, zwei Fingerbreit neben ihrer rechten Hüfte, saß ein fast faustgroßer, pulsierender schwarzer Klumpen, wie eine beinlose glitzernde Spinne, ein widerliches Etwas ohne klar bestimmbare Form, das im gleichen, unheimlichen Rhythmus pulsierte wie die dünnen Nervenfäden, die von ihm ausgingen. In Skars Mund war plötzlich ein bitterer Geschmack. Übel schmeckender Speichel sammelte sich unter seiner Zunge, und er spürte selbst, wie sein Gesicht die Farbe verlor. Er mußte ein paarmal rasch hintereinander schlucken, um die Übelkeit zurückzudrängen. Dabei war es nicht einmal der Anblick selbst, der ihm so zusetzte; es war wie das Bild des schwarzen Netzes auf dem Gesicht der
Errish —
es war nicht sein Aussehen, es war das heftige Empfinden des auf

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