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Enwor 7 - Das schweigende Netz

Enwor 7 - Das schweigende Netz

Titel: Enwor 7 - Das schweigende Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sich nicht mit Gewalt seinen Weg freikämpfen, denn Titchs Quorrl hatten eine Gasse für sie geschaffen, die niemand zu betreten wagte. Trotzdem hatten die wenigen Dutzend Schritte etwas von einem Spießrutenlauf an sich; Skar spürte die vorwurfsvollen, ja, feindseligen Blicke wie glühende Messer, und es gehörte nicht viel Phantasie dazu, sich auszumalen, was die Männer beim Anblick ihres Kommandierenden empfinden mochten, der neben einem
Quorrl
den Hof verließ — nachdem er zwei seiner eigenen Krieger niedergeschlagen und die andern schmählich gefangengenommen hatte. Manchmal beneidete er Titch um die sklavische Ergebenheit seiner Krieger.
    Titch war einer der wenigen Quorrl, die ein Quartier in der Burg hatten: einen sehr großen, nach einer Seite zu einem der zahllosen Innenhöfe der Burg hin offenen Raum, der so spartanisch eingerichtet war, wie Skar es von einem Quorrl erwartet hatte. Die einzige Bequemlichkeit war ein weiches, sehr breites Bett, auf das er Skar fast mit Gewalt niederstieß, damit sich sein Leibarzt Skars Verletzungen ansehen konnte.
    Die Prozedur war sehr schmerzhaft, denn der Quorrl mochte viel von der Heilkunst verstehen, aber er war Patienten gewohnt, die dreihundert Pfund wogen und eine Haut hatten, die kaum weniger fest als Eisen war. Trotzdem ließ Skar alles mit zusammengebissenen Zähnen und klaglos über sich ergehen, und als der Quorrl fertig war, fühlte er sich tatsächlich besser. Sein Arm und die Schulter waren mit einer grauen, übelriechenden Salbe beschmiert und anschließend so dick verbunden worden, daß er sie kaum noch bewegen konnte. Aber die Schmerzen waren verschwunden, und dafür hatte sich ein taubes Gefühl in seinen Gliedern breitgemacht.
    Titch schickte den Arzt weg und goß Wein aus einem tönernen Krug in zwei zierliche Becher, als Skar aufstand. Skar nahm das Getränk wortlos entgegen und kostete. Es war süß und sehr schwer; er würde nicht mehr als diesen einen Becher trinken dürfen, wollte er am nächsten Tag keinen schweren Kopf haben. »Fühlst du dich besser?« fragte Titch. Die Frage kam Skar so überflüssig vor, daß er den Quorrl einen Augenblick lang verwirrt ansah, ehe er begriff, daß Titch nur nach einer Möglichkeit suchte, das Gespräch zu eröffnen. Er hatte nicht viel Übung in Konversation.
    »Ja«, antwortete er. »Dein Mann hat ein kleines Wunder vollbracht.« Er lächelte unsicher. »Ich wußte gar nicht, daß ihr so gute Ärzte habt.«
    »Wer viele Wunden schlägt, der weiß auch, sie zu heilen«, entgegnete Titch. Skar war sich nicht sicher, ob die Worte spöttisch oder ernst gemeint waren. Titch verwirrte ihn immer mehr.
    Je besser er ihn kennenzulernen glaubte, desto weniger verstand er ihn.
    »Ich danke dir jedenfalls noch einmal, daß du mich gerettet hast«, sagte er. »Aber gestattest du mir eine Frage?«
    Titch nickte, und Skar fuhr fort: »Warum hast du es getan?« »Warum?«
    Skar nippte an seinem Wein. Mit dem zweiten Schluck begann er besser zu schmecken, aber Skar spürte auch bereits ein leises Gefühl von Beschwipstheit. Der Wein mußte zu fast hundert Prozent aus Alkohol bestehen, dessen Geschmack nur verändert worden war. Behutsam stellte er den Becher auf den Tisch, ehe er weitersprach. »Wir waren bisher keine Freunde«, begann er vorsichtig. »Ich habe deinen Bruder getötet, und ich habe dich gedemütigt, vor deinen Leuten. Wäre es umgekehrt gewesen, hätte ich mir überlegt, ob es nicht eine bequeme Möglichkeit gewesen wäre, mich loszuwerden.«
    »Und einen Krieg zwischen unseren Leuten zu riskieren?«
    »Es war ein
Satai,
der den Hund auf mich gehetzt hat«, erinnerte Skar.
    »Und es war ein Satai, der dein Schwert wegstieß«, fügte Titch ungerührt hinzu. »Ich weiß. Ich habe alles gesehen. Aber welchen Unterschied hätte das gemacht? Wie hätte dein Freund darauf reagiert, der andere Hohe Satai, wenn man ihm berichtet hätte, daß du tot bist? Wenn er erfahren hätte, daß du dich in einen Kampf zwischen Quorrl und Satai eingemischt und dabei den Tod gefunden hast?« Er schüttelte heftig den Kopf. »Vielleicht werde ich dich eines Tages töten, Satai«, sagte er sehr ernst und ohne die mindeste Spur irgendeiner Drohung. Es war eine reine Feststellung. »Aber wenn, dann wird es ein Kampf nur zwischen uns beiden sein. Warum sollen zwei Völker untergehen, nur weil zwei
Männer
sich streiten?«
    »Es ist wegen Trash, nicht wahr?« fragte Skar. »Er war dein Bruder.«
    »Und mein Vater«, fügte Titch

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