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EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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sagte sie und schloss meine Finger wieder um den Ring. Ihr Lächeln war so verkrampft wie mein Herz.
    Einen Moment lang fühlte ich mich siegreich, so als hätte ich einen stillen Kampf zwischen uns gewonnen. Dann aber blickte ich auf ihre Hand, die die meine umschloss, und vor meinem inneren Auge sah ich nur, wie diese langen bleichen Finger langsam über Kygos heilige Haut strichen.
    Ich hatte die Arena noch nicht einmal betreten.
    Nach einer scheinbaren Ewigkeit besah Mama Momo mich wieder von allen Seiten. Sie hatte Dela dabei.
    »Das habt Ihr großartig gemacht, meine Liebe«, sagte sie zu Mondorchidee. »Seid Ihr nicht auch dieser Ansicht, Lady Dela?«
    Dela lächelte zustimmend, doch sie sah besorgt aus. Sie hatte uns ganz zu Anfang bei unseren Vorbereitungen besucht, als hätte das Weibliche hier sie angezogen wie eine Flamme die Motte. Sie hatte neben mir gesessen, während Mondorchidee mein Gesicht herrichtete, und ich hatte gesehen, wie ihre knochigen Hände über Pinseln und Tiegeln verharrten und wie ihre Blicke das flinke Tuschen meiner Wimpern und das Schminken meiner Lippen abschätzten. Ich konnte fast körperlich spüren, wie sehr es sie danach verlangte, sich die Stoppeln abzurasieren und sich die Umrisse ihres wahren Selbst wiederaufzumalen!
    »Seid ihr in Ordnung?«, flüsterte ich, als Mondorchidee einen Moment beiseitegetreten war.
    Dela setzte den Tiegel ab, den sie in der Hand hielt, und biss sich auf die Lippen. »Jeden Tag sieht Ryko mich in diesem Männeraufzug. Das ist für mich schon schwer genug – und für ihn ist es noch schwerer.«
    Ich fasste sie am Arm. »Das macht nichts. Er weiß, wer Ihr wirklich seid.«
    »Aber warum fällt mir dann auf, dass er sich von mir zurückzieht?«, fragte sie.
    »Ich denke, das liegt nicht an Euch«, erwiderte ich finster. »Es liegt an mir.«
    Am anderen Ende des Zimmers betrachtete Vida in einem Spiegel an der Wand ihren fertigen Aufzug als Färberdistel. Sie berührte das Glas und zuckte zurück, als ihr Finger gegen die harte Oberfläche stieß. Ich dachte daran, wie erschrocken ich war, als ich mich zum ersten Mal in voller Größe im Spiegel der Arena gesehen hatte – dieser plötzliche Schwenk vom Leben im eigenen Körper zur Wahrnehmung dieses Körpers in Form und Umriss, in einer Gestalt, die ich war, die sich aber zugleich außerhalb von mir befand. Rasch wandte Vida die Augen von den Augen in dem kostbaren Glas ab; vielleicht wollte sie in deren Tiefen nicht sich selbst begegnen. Sie beobachtete, wie ihre gespiegelte Hand den Schwung ihrer Taille nachfuhr. Ihr Körper war in durchscheinendes blaues Gewebe gehüllt, das da und dort nur eine Lage aufwies und den Glanz ihrer eingeölten Haut durchschimmern ließ, an anderen Stellen aber drei oder vier Lagen hatte und alles vor den Blicken verbarg, bis auf den Umriss ihres Körpers. Stirnrunzelnd und mit geröteten Wangen trat sie ein paar Schritte zurück.
    »Es wird schwer sein, darin zu kämpfen«, sagte sie. »Es sitzt sehr eng und ich kann keine Waffe darin verstecken.«
    »An den Wachen lässt sich sowieso nichts vorbeischmuggeln«, erwiderte Momo. »Kommt, Lady Eona.« Sie winkte mich zum Spiegel. »Seht Euch Eure Verwandlung an.«
    Ich raffte den Rock meines rosa und grünen Gewands und ging hinüber zu dem Spiegel, begierig, mein Abbild zu sehen, und doch voller Angst.
    Eine feingliedrige Frau betrachtete mich misstrauisch aus dem glatten Glas. Durch die dunkelgrau getuschten Wimpern und Brauen wirkten ihre großen Augen noch größer. Ihr volles, zu Zöpfen geflochtenes Haar war zu drei Schnecken aufgedreht und mit herrlichen goldenen Blüten oben am Kopf festgesteckt und ließ ihre kleine Gestalt größer erscheinen. Ihr Mund war zu einer stilisierten Blütenknospe geschminkt, was ihm einen seltsam melancholischen Ausdruck gab. Die weiße Schminke überdeckte den natürlichen Aufwärtsschwung der Lippen und ließ das trotzige Kinn sanfter und den Hals länger und eleganter wirken.
    Ich blinzelte, um aus den Einzelteilen meines Gesichts ein Ganzes zusammenzusetzen. Die Frau vor mir war hübsch, aber nicht schön wie Mondorchidee. Mein Blick folgte der bis zum Halsansatz aufgetragenen weißen Schminke. Die Grube zwischen den Schlüsselbeinen selbst war nicht geschminkt, ein kostbarer Fleck weicher, natürlicher Haut, der verhieß, was unter der eng anliegenden Umhüllung aus rosa und grüner Seide und der fest gebundenen, üppig bestickten Schärpe war.
    »Sie ist zwar völlig

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