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EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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auf uns zu und stand dann einen Moment lang wie gelähmt vor Ido, bevor er sich schließlich zögernd verbeugte. Er wusste, dass Ido unser Gefangener sein sollte, doch die silbrige Macht, die noch immer in Idos Augen pulste, und seine natürliche Autorität besagten etwas anderes.
    Yuso trat vor. »Ist Seine Majestät in Sicherheit?«, fragte er und riss Caido aus seiner Starre.
    »Er wartet mit dem Rest meiner Leute am vereinbarten Treffpunkt«, gab der Widerständler zurück, doch dann wurde seine Aufmerksamkeit auf die Trümmer der Palastmauer gelenkt. Er blinzelte in den wogenden Rauch und wies auf die dunklen Umrisse von ein paar Soldaten, die vorsichtig über den Schutt stiegen. »Da kommen noch welche. Wir müssen los!«
    »Die lernen es einfach nicht.« Ido fuhr zum Palast herum und drehte die Handflächen nach außen. Der gekieste Reitweg wölbte sich und explodierte. Ich duckte mich, als die Erde mit ungeheurem Krachen längs der Palastmauer riss, sich unter den schreiend fliehenden Soldaten auftat und diese unter Schutt und Steinen begrub. Erde rauschte donnernd herab, während der riesige Spalt sich jenseits der Palastgrenzen ausbreitete und die Gärten entzweiriss, bis ein unüberwindlich klaffender Abgrund beide Seiten trennte.
    Das Poltern verebbte. Zurück blieb nur unheimliche Stille und eine dichte Staubwolke. Dann begann das Schreien; Männer kreischten vor Schmerz und vor Angst.
    Ido schaute mich an und ging weg. Der Hauptmann wollte ihm nachstürzen, doch Ido ballte die Fäuste und der Boden unter dem Schattenmann hob sich. Yuso stolperte und landete schmerzstöhnend auf dem Rücken.
    »Lord Ido«, rief ich. »Wir haben eine Abmachung. Ihr sagtet, Ihr würdet mich unterweisen.«
    Obwohl sein ausgemergeltes Gesicht ganz leer war vor Erschöpfung, glitt noch immer Macht in silbrigen Fäden durch seine Bernsteinaugen. »Was habt Ihr erwartet, Eona? Dass ich Euch nachtrotte wie Euer Insulanerhund?« Er wies auf Ryko, der mit Vida und Dela misstrauisch auf ihn zu kam. Ido hob warnend die Hand und die drei blieben stehen. »Wenn Ihr lernen wollt, Eona, müsst Ihr mich begleiten. Zu meinen Bedingungen.« Er lächelte und ich hatte das Gefühl, als würde ich das Gewicht seines Körpers bereits auf mir spüren.
    »Ihr wisst, dass ich Euch niemals begleiten werde. Niemals!«
    »Ich weiß, wie sehr Ihr Eure Macht wollt – das ist wie ein Hunger, der Euch verzehrt«, erwiderte er. »Und ich weiß, dass Ihr sie ohne mich nie haben werdet. Also entscheidet Euch. Lernt, Paläste dem Erdboden gleichzumachen – oder bleibt ein nutzloses Mädchen, das nicht den Mumm hat, dem Weg seiner Macht zu folgen.«
    Ich trat vor. Er hatte recht: Ich wollte meine Macht so sehr, dass dieser Wunsch meinen Geist ständig quälte. Doch in der Annahme, ich hätte keinen Mumm, täuschte er sich ganz und gar.
    In wilder Erwartung stieß ich mein Hua nach außen und suchte den silbernen Pfad in Idos Willen. Ich spürte, wie meine Lebenskraft einen anderen Herzschlag überrollte und ihn unaufhaltsam unter den meinen gleiten ließ: den Puls von Ryko.
    Keuchend sank der Insulaner neben mir zu Boden. Ich stutzte; schließlich hatte ich gar nicht an ihn gedacht.
    Ido kauerte sich hin. Er spürte die Bedrohung. Ich sah, wie das Silber in seinen Augen zerrann, während er seine Macht sammelte. Ich durfte nicht mehr zögern. Ich stieß mein Hua durch seine Erschöpfung und ein Geschmack strömte in meinen Mund, eine üppige Woge aus pulsierender oranger Macht, die ihn in die Knie zwang.
    Was macht Ihr da? Sein Zorn fraß sich in mich wie Säure.
    Ich kämpfte darum, seinen Puls dem meinen zu unterwerfen, und sein Widerstand war wie ein Brüllen in meinem Blut. Langsam, so als hievte ich ein schweres Netz hoch, glich ich seinen Herzschlag dem meinen an. Er wehrte sich und seine stampfende Wut kämpfte gegen den Zugriff meines Hua. Ganz sachte bahnte er sich den Weg durch meine Macht hindurch und kam schwankend auf die Beine. Doch dieser Kampf hatte ihn Kraft gekostet und sein Puls unterwarf sich für zwei Schläge dem meinen, um dann wieder seinem eigenen Takt zu folgen.
    Instinktiv suchte ich nach mehr Macht. Ryko . Er wand sich in der Nähe auf dem Boden und seine wilde Energie wartete nur darauf, angezapft zu werden. Ich griff danach und sog sein helles Hua in mich hinein. Ryko schrie – ein schreckliches rasselndes Geräusch –, doch ich konnte nicht aufhören. Die plötzliche Woge aus Energie in mir schlug hoch wie ein heulendes

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