Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
Vom Netzwerk:
irgendwie schwächer geworden war, sie wirkten einfach prachtvoll. Als wäre er sich meines prüfenden Blicks plötzlich bewusst geworden, drehte der Rattendrache sich um. Sein weißer Bart verdeckte halb die schimmernde blaue Perle unter seinem Kinn.
    Doch ich war schon versunken in den unendlichen Tiefen der Geistaugen meines Drachen. Sie beugte den gewaltigen keilförmigen Kopf zu mir herab und ich sah die golden schimmernde Perle an ihrer Kehle. Ich rief unseren gemeinsamen Namen und erwartete freudig ihre Antwort. Goldene, mit dem durchdringenden Duft nach Zimt getränkte Macht erfüllte meine Sinne.
    Meine innere Schau teilte sich zwischen Erde und Himmel. Idos Hua-Körper saß am Strand im warmen Sand vor dem meinen. Zugleich schwebte ich hoch über der Bucht und über dem Dorf und betrachtete den Wirbel der Energiefarben und alter, pulsierender Brachlandlinien durch die Augen meines Drachen. Gemeinsam blickten wir ins Land hinein und bemerkten das Hua vieler Körper, die auf dem Weg waren zum silbrigen Meer. Um uns kreiste der blaue Drache, eine schwebende Macht, die das unablässige Verlangen der zehn anderen Geisttiere abhielt.
    »Die beraubten Drachen – sie spüren uns nicht!«
    »Wir schirmen Euch ab gegen sie«, gab Ido zurück. »Aber das schaffen wir nicht lange. Zeigt Eurem Drachen im Geist, was Ihr von ihm wollt, und setzt dann Eure Drachensicht ein, um den Blitz aufzuspüren.«
    Bebend vor Erregung stellte ich mir Idos erstarrte Flamme aus Energie vor, dann öffnete ich mich dem schwindelerregenden Wechsel in die volle Drachensicht, wobei meine irdische Körperhülle meinen Sinnen entrückt wurde.
    Tief unter uns trennte sich die Welt in gehendes, kriechendes, fliegendes und wogendes Hua. Wir spürten die Energie in uns strömen wie Ebbe und Flut und kosteten ihr empfindliches Gleichgewicht aus. Wir wandten die alten Augen zu den dunklen Wolken und spürten die geschmolzene Energie, die durch die kühleren Höhen der oberen Welt zuckte. Wir betrachteten die kleinen Risse im kalten Hua, von denen jeder einen Blitz gebar.
    Such es, flüsterte es kaum hörbar tief in mir. Such es. Dort unten.
    Die sanfte Beharrlichkeit dieser Stimme brach in meine Konzentration ein und zog mich wieder in meinen Körper zurück.
    »Habt Ihr etwas gesagt?«, fragte ich, obwohl das Flüstern nicht geklungen hatte wie Idos Geiststimme und sie hatte auch nicht die Kraft und den Sog von Kinras Verlangen gehabt.
    »Nein«, erwiderte Ido und das silbrige Hua floss plötzlich rascher durch seine Meridiane. »Waren das vielleicht die zehn? Kommen sie?«
    »Nein!« Ich wollte die Chance nicht verstreichen lassen, meine Macht einzusetzen. »Sie sind es nicht. Es ist nichts.«
    Ich biss die Zähne aufeinander, stellte mir wieder das Bild des Blitzes vor und bemühte mich, es festzuhalten, während ich den Spiegeldrachen rief. Er war da und wartete und die Umarmung seiner Macht trug mich erneut hinaus über meinen erdgebundenen Körper und dessen beschränkte Sinne. Wir stiegen in Spiralen auf in die helle Energiewelt. Macht strömte in uns hinein und aus uns heraus und dieser Austausch war stark und sanft zugleich und geschah in ganz gleichmäßigem, harmonischem Rhythmus. Unsere alten Augen suchten den Himmel ab und warteten auf -
    Such es, flüsterte die Stimme. Dort unten. Such es.
    Dort unten? Wir wandten unsere Aufmerksamkeit zur Erde hin. Hunderte Punkte aus Hua hatten sich auf dem Hügel über dem Dorf zu einem makellosen Fächer gesammelt. Ganze Reihen von Punkten aus Hua. Und sie bewegten sich langsam auf das Meer zu. Auf uns.
    Ganze Reihen?
    »Ido, das sind Soldaten!« Die plötzliche Erkenntnis riss mich aus der Energiewelt. Ich blinzelte gegen das grelle Sonnenlicht und kippte vornüber, denn der jähe Verlust meiner Verbindung mit dem Drachen hatte mich aus dem Gleichgewicht gebracht. »Das sind Soldaten, keine Dorfbewohner!«
    Idos Hände bewahrten mich vor einem Sturz. »Ich weiß. Ich hätte es früher erkennen müssen.« Seine Augen waren ganz bernsteinfarben: Kein Silber glitt mehr darüber.
    »Wir müssen die anderen warnen. Ich muss Kygo finden.« Mit diesen Worten rappelte ich mich auf, doch ich taumelte und landete auf der Seite im weichen Sand. Meine Sinne waren noch halb in der Energiewelt gefangen.
    Ido erhob sich und stellte sich mir in den Weg. »Dazu ist es zu spät, Eona. So viele Angreifer können sie nicht abwehren. Ihr und ich, wir müssen die Soldaten aufhalten.«
    Bei seinen Worten sprang ich

Weitere Kostenlose Bücher