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EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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»Eurer Mutter geht es gut, Lady Eona. Sie sieht Eurer Ankunft erwartungsvoll entgegen.« Er warf einen kurzen Blick zum Schiff zurück. »Wenn ich bitten darf, Majestät – wir müssen uns sputen, falls wir mit der einsetzenden Ebbe segeln wollen.«
    Der Mann, der am Beiboot gewartet hatte, verbeugte sich, als Kygo, Tozay und ich herankamen. Kygo kletterte als Erster in die Nussschale und setzte sich ans Heck. Tozay nahm meine Hand, half mir hinein und führte mich zum Sitz am Bug. Dann sprang er behände zwischen uns und ergriff die Ruder, während seine Männer das Boot ins Wasser schoben. Mit seinen starken Ruderschlägen waren wir bald auf halbem Weg zwischen Küste und Schiff und ein kühler Seewind milderte den Geruch nach verbrannten Leichen, der vom Land aufs Meer zog. »Was gibt es Neues?«, fragte Kygo.
    Tozay warf mir einen Seitenblick zu.
    »Ihr könnt frei sprechen«, fuhr Kygo fort. »Lady Eona ist sich inzwischen über die wichtige Rolle klar, die sie bei den künftigen Ereignissen spielen wird.« Wir sahen uns an. Es war keine Kleinigkeit, dass er mir vertraute, ohne zu wissen, was Tozay zu berichten hatte. »Lady Eona ist mein Naiso«, setzte er hinzu. Die Worte klangen wie eine Entschuldigung und wie eine Lossprechung zugleich.
    Dass Tozay kurz die Brauen hob, als er wieder weiterruderte, entging mir nicht. »Es gibt weitere Berichte über schlimme Unglücke – Überflutungen, Erdbeben, Schlammlawinen –, vor allem aus dem Süden und dem Westen.«
    Ich sah zum immer dunkler werdenden Himmel hinauf, wo vor den schweren Wolken einige weiße Möwen kreisten und im Sturzflug zum Meer abtauchten. Was Tozay da sagte, ergab auf schreckliche Weise Sinn: Alle mit den westlichen und südlichen Bereichen des Kompasses verbundenen Drachen waren im Exil, während der Spiegeldrache und der Rattendrache im Norden und im Osten noch ein gewisses Gleichgewicht der Erdenergien schaffen konnten. Doch dieses Gleichgewicht war empfindlich und würde sich nicht lange aufrechterhalten lassen, falls Ido mit seiner Einschätzung recht hatte, dass unsere Macht schwand. Bestimmt hatte er gewusst, dass die Ermordung der übrigen Drachenaugen ein solches Durcheinander auslöste.
    »In den Tavernen wird immer lauter gefordert, das Recht des Unglücks anzuwenden«, setzte Tozay hinzu. »Das bringt uns eine Reihe fähiger Mitstreiter.«
    Ich richtete mich auf der harten Sitzbank auf. Dem Recht des Unglücks gemäß konnte ein Kaiser, dessen Regierung von zu vielen Erdbeben und Überschwemmungen heimgesucht wurde, von seinem Volk abgesetzt und durch einen Herrscher ersetzt werden, der in der Gunst der Götter stand. So ließe sich Sethons Regentschaft ohne Krieg beenden.
    »Diese Forderungen werden nicht laut und energisch genug erhoben«, versetzte Kygo und zerstörte meine Hoffnung. »Wenn mein Onkel schon einen rechtmäßigen Anspruch auf den Thron nicht respektiert, wird er jeden Versuch, das Recht des Unglücks geltend zu machen, gewiss sofort im Keim ersticken. Trotzdem arbeitet diese Unzufriedenheit für uns. Die Menschen begreifen langsam, dass Sethon weder die Gunst der Götter noch die der letzten beiden Drachenaugen genießt.« Sein Blick sprang kurz zu mir und wieder zu Tozay. »Welche Neuigkeiten gibt es von den Fortschritten meines Onkels zu berichten?«
    »Der Köder zeigt Wirkung, Majestät. Sethon führt seine Männer höchstselbst in Gewaltmärschen gen Osten, um dort zum letzten Schlag auszuholen. Allerdings ist er mit mehr Soldaten unterwegs, als wir erwartet haben.«
    »Mit wie viel mehr Soldaten?«
    Für kurze Zeit war nur das rhythmische Eintauchen der Ruder und das Klatschen der Wellen am Bug zu hören. »Meine Kundschafter rechnen mit mindestens fünfzehntausend Männern«, sagte Tozay.
    Ich schlug die Hand vor den Mund. Sollten Ido und ich so viele Menschen töten? Das kalte Grauen darüber, dass ich erst vor ein paar Stunden vierhundert Mann getötet hatte, lief mir über den Rücken.
    Kygos Schweigen war beredt. »Hat er Truppen von seinen anderen Bataillonen abgezogen?«, fragte er schließlich.
    Tozay schüttelte den Kopf. »Er hat Söldner angeworben.«
    Kygo atmete vernehmlich aus. »Das ist weniger gut, als wenn er die eigenen Truppen geschwächt hätte, aber es ist besser, als wenn er ein Bündnis geschlossen hätte. Und bezahlte Fremde ins Land zu holen, macht ihn beim Volk sicher nicht beliebter.«
    Tozay schnaubte. »Sethon hat sich nie um das Hua-do geschert.«
    Kygo senkte zustimmend den

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