Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
Vom Netzwerk:
Taille klammerte. Doch meine eigentliche Aufmerksamkeit galt Ido am Rande meines Gesichtsfelds. Er saß rittlings auf einem großen Pferd, und obwohl seine Handgelenke an den Sattelknauf gebunden waren, war seine Haltung von lässiger Anmut. Er beobachtete mich aus fast geschlossenen Augen, und sein Lächeln war so vertraulich, als hätte er seine Hände um meine Hüften und nicht gefesselt an einem Sattel. Die Erinnerung an seine Umarmung trieb mir die Hitze ins Gesicht und ich wandte mich rasch wieder nach vorn.
    Der herbeigewinkte Reiter saß ab und verbeugte sich vor Kygo. Im Gesicht hatte er noch Reste der Sandtarnung.
    »Lässt dein Pferd sich von einem Neuling reiten?«, fragte Kygo.
    »Ja, Majestät. Meine Stute ist so ruhig wie ein Fels. Selbst mein dreijähriger Sohn reitet sie ohne Sattel.«
    Kygo drehte sich zu mir um. »Was meint Ihr, Lady Eona? Werdet Ihr mit dem Tier zurechtkommen? Ich möchte, dass Ihr an meiner Seite in das Lager reitet.«
    Obwohl dies ein ernst gemeinter Befehl war, hinter dem offenkundig mehr steckte als Fragen des Protokolls, musste ich bei seinem leichten Lächeln die Augen zusammenkneifen.
    »Natürlich«, gab ich zurück, obwohl ich mir in Wahrheit nicht sicher war, ob ich mich allein auf so einem Tier halten konnte. Doch ich würde es versuchen. Immerhin wusste ich, wie man absaß. Ich schwang das Bein über den Rücken des Pferdes, glitt herunter und landete einigermaßen anmutig auf den lockeren Kieseln.
    Der Dünenmann lächelte ermutigend und forderte mich auf, seine Stute zu tätscheln. »Sie heißt Ren«, sagte er. »In der Sprache meines Stammes bedeutet das ›Geduld‹.«
    Ich strich ihr über das seidige Nackenhaar. Geduld: Das arme Tier würde eine Menge davon brauchen, wenn ich auf ihr säße.
    Beim Weiterreiten erwies Ren sich als so gutmütig, wie der Dünenmann behauptet hatte – sie trabte ganz gleichmäßig und vergab mir, wie unerfahren ich die Zügel führte. Kygo blieb dicht neben mir und unsere Pferde berührten sich an den Schultern beinahe. Ren – die Götter mögen ihr angenehmes Naturell segnen! – schien Kygos Pferd, das gelegentlich an ihrem Zaumzeug knabberte, gar nicht zu bemerken.
    »Das macht Ihr gut«, sagte Kygo.
    »Sie lässt mich gut aussehen.« Ich warf ihm einen durchdringenden Blick zu. »Aber das soll sie ja auch, oder? Worüber macht Ihr Euch Sorgen?«
    »Wie schnell Ihr immer seid, Naiso.« Er beugte sich etwas zu mir und senkte die Stimme. »Als Oberbefehlshaber der Armee hat Sethon die Östlichen Stämme jahrelang rücksichtslos unterjocht und sie sind ihm deshalb feindlich gesinnt. Aber von mir sind sie auch nicht völlig überzeugt. Schließlich hat mein Vater Sethons Feldzüge im Osten erlaubt.« Er fuhr mit der Hand über seinen Zopf. »Außerdem bringen sie den Drachenaugen nicht die gleiche Ehrerbietung entgegen wie der Rest des Landes, weil sie seit fünfhundert Jahren ohne deren segensreiches Walten auskommen müssen.«
    Seit der Hinrichtung des Spiegeldrachenauges und der Flucht des Spiegeldrachen nämlich. Ob es im Osten Legenden über Kinra gab? Oder war sie auch hier aus den Geschichten getilgt worden?
    »Und jetzt ist der Spiegeldrache wieder da, und die Ankunft des Spiegeldrachenauges steht bevor«, führte ich seinen Gedanken fort. »Was, meint Ihr, wird geschehen?«
    Sein Blick sprang zu Tozay, der einige Schritte hinter uns ritt. »Er sagt, die Leute im Osten haben nur Respekt vor Stärke. Also zeigen wir Stärke.« Mit düsterer Miene wandte er sich wieder zu mir. »Seid Ihr dazu bereit … meine Liebste?«
    Das leise, zögernd ausgesprochene Kosewort loderte durch mich hindurch. Kygo hatte mich seine Liebste genannt. Ich wusste, dass er mich vor den Menschen im Osten warnte, doch ich dachte nur an dieses süße Wort und konnte das Lächeln nicht unterdrücken, das aus meiner Seele kam.
    »Ja«, gab ich zurück. »Ja, ich bin bereit.«
    Ich wollte ihm meinerseits einen Kosenamen geben, doch ich wusste nicht, was ich sagen sollte, da ich das noch nie getan hatte. Doch mein Lächeln schien zu genügen, denn er beugte sich zu mir und nahm meine Hand, und sein Lächeln hielt mich umarmt.
    Einen freudigen Moment lang vergaß ich, dass ich ihn über Ido und den Wirbelsturm angelogen hatte. Dann kam mir das Drachenauge wieder in den Sinn: die Erinnerung daran, wie seine Hände meinen Körper berührten und wie sein Mund auf dem meinen lag; und an seine herrliche Macht. Wenn Kygo davon wüsste, dann würde er mich nicht

Weitere Kostenlose Bücher