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EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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sagte er. »Ich habe die Futterale oben eingefettet.«
    Zögernd nahm ich die Scheide. Ich hatte Kinras Waffen seit dem Kampf beim Dorfgasthaus nicht mehr berührt. Wie lange war das schon her! Ryko verschränkte die Arme und wartete, ob sich die Schwerter reibungslos aus dem Futteral ziehen ließen. Ich biss die Zähne aufeinander und ergriff ein Heft und ich spürte, wie Kinras Zorn durch mein Blut schäumte. Er war noch immer da und mit unveränderter Stärke.
    »Es ist gut«, brachte ich knapp hervor und steckte das Schwert wieder zurück. Kaum stak es ganz im Futteral, war meine Wut verflogen.
    »Und das zweite Schwert?«
    »Ich habe volles Vertrauen zu dir«, sagte ich.
    »Probiert es aus, Mylady.«
    Ich zückte die Waffe. Mühelos und mit leisem, tödlichem Zischen glitt sie aus der Scheide. Ich steckte sie wieder zurück und löste die Hand sofort vom Griff. »Wunderbar. Danke.«
    Er verbeugte sich.
    »Ryko.«
    Argwöhnisch blickte er auf.
    »Danke, dass du meine Schwerter gehütet hast.« Ich hatte etwas anderes sagen wollen, doch die Spannung zwischen uns machte es mir unmöglich, das auszusprechen, was ich eigentlich sagen wollte.
    »Ich habe nur meine Pflicht getan«, erwiderte er. »Und das werde ich auch weiterhin tun.« Er zog sich zurück.
    Schließlich ertönte vom Ausguck im Mastkorb her ein lauter Ruf – das Signal war gesichtet, obwohl am Ufer und in den Dünen niemand zu sehen war.
    Mit Kygo, Tozay und zwei Bogenschützen von Caido nahm ich meinen Platz im ersten Beiboot ein. Ein zweites, größeres Boot folgte mit Dela, Ryko und weiteren Bewaffneten, von denen zwei Ido bewachten. Schweigend ruderten wir die Strecke von der Dschunke zum Ufer und nach der steifen Brise auf dem Meer kam mir die Luft auf unheimliche Weise still und heiß vor. Und von unseren Verbündeten war noch immer nichts zu sehen an dem breiten Sandstrand.
    »Wo sind sie?«, flüsterte ich.
    »Wartet ab«, sagte Tozay.
    Die Boote erreichten gleichzeitig das Ufer, und die Bogenschützen gaben uns Feuerschutz, während wir ausstiegen und durch das warme Wasser an Land wateten. In dem grellen Licht musste ich blinzeln und blickte suchend über den welligen Horizont aus Sand. Die Gewissheit, dass wir beobachtet wurden, kribbelte auf meiner Haut. Tozay ging den Strand hinauf bis über die Flutlinie, blieb stehen, die Hände in die Hüften gestemmt, und betrachtete die Berge und Täler des Dünenzuges vor uns. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, dass sich am Ende der Düne etwas bewegte. Ich fuhr herum und griff nach Kinras Schwertern; sofort drehten die Bogenschützen sich in die gleiche Richtung. Der Sand zuckte und hob sich, fiel wieder herunter und gab mehrere menschliche Gestalten frei.
    »Nicht feuern«, bellte Tozay.
    Ich ließ die Arme sinken. Ungefähr zwanzig Männer in sandfarbener Kleidung sprangen auf und musterten uns mit gezückten Waffen. Einer hob die Faust und führte sie in einem Bogen durch die Luft.
    Tozay erwiderte das Zeichen. »Die Luft ist rein«, sagte er zu Kygo.
    Wir waren auf die Armee des Östlichen Widerstands getroffen.
    Der leise sprechende Anführer brachte sein Pferd zum Stehen, wandte sich im Sattel um und wartete, bis Kygo ihn auf unserem robusten Dünentier erreicht hatte. Ich war wieder einmal hinter dem Kaiser aufgesessen, doch diesmal lag seine Hand auf meiner Rechten, die ich um seine Taille gelegt hatte, und unsere Körper bewegten sich hypnotisierend harmonisch im Takt des Pferdes. Wir waren die ganze Nacht über geritten – die Dünenmänner und unser Trupp – und hatten dabei stets auf höheres, strategisch günstigeres Gelände zugehalten. Der im Mondlicht silbern schimmernde Sand war allmählich kahlen Ebenen und seltsamen dunklen Felszungen gewichen. Nun gab das erste Morgengrau der struppigen Landschaft und den Gesichtern ringsum wieder Konturen.
    Kygo zügelte sein Tier neben dem des Anführers, und auch Tozay schloss mit seinem Pferd zu uns auf.
    »Wie Ihr befohlen habt, Majestät«, sagte der Mann mit einer Verbeugung. »Wir sind nun eine Viertelstunde von unserem Lager entfernt.« Seine Worte schienen in der kalten Morgenluft den Geruch von Rauch heraufzubeschwören und ich erkannte ein schwaches Leuchten, das auf Feuerstellen hinwies.
    Kygo nickte. »Wer von Euren Männern hat das fügsamste Pferd?«
    Der Anführer wies auf einen Reiter in der Gruppe hinter uns. Ich drehte mich um und lächelte Dela weiter vorn auf einem Grauen zu, während meine Mutter sich nervös an ihre

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