Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Epicordia

Epicordia

Titel: Epicordia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
Vom Netzwerk:
schmälern kann, dann habe ich das zu akzeptieren. Also, was ist?
Macht ein Vergeltungsakt ungeschehen, was hier passiert ist?«
    Jasper trat einen Schritt näher an Lord Hester heran.
Die Schüchternheit in seinen Augen war schlagartig einer berechnenden Kühle
gewichen.
    Â»Nein«, hauchte er dem Lord ins Gesicht. »Aber wer
auch immer diese Tat begangen hat, wird nie wieder jemandem
Schaden zufügen. Ist dieses Ziel nicht edel genug, Lord?«
    Â»Außer, derjenige hat bereits denselben Schmerz wie du
erlitten und es ist ihm völlig gleich geworden, wen er sonst noch mit diesem
Gefühl beschenkt«, zischte Lord Hester mahnend zurück.
    Jasper wandte sich ab.
    Â»Also, wer war’s?«, fragte er. »Sagen Sie’s mir!«
    Â»Was hältst du von einem Deal?«, lenkte der Lord ein.
    Jasper wandte den Kopf und blickte ihn über die
Schulter hinweg an.
    Â»Ich verrate dir, wer es war, und du hilfst mir dabei,
denjenigen unschädlich zu machen und für den
Rest seines Lebens nach Dismas zu
verfrachten?«
    Misstrauisch beäugte Jasper den Lord.
    Â»Sie mischen sich doch sonst nicht in die
Angelegenheiten von unsereins ein«, überlegte er laut.
    Â»Diesmal schon«, antwortete
der Lord und sein Blick strahlte Entschlossenheit aus.
    Da wandelte sich auch Jaspers Gemüt urplötzlich und er
streckte Lord Hester die Hand entgegen.
    Â»Deal!«, befand er.

    Die Raben in
Lord Hesters Gefolge schienen immer mehr zu werden, je länger sie unterwegs
waren. Zumindest wirkte es auf Lara so, denn immer, wenn sie sich an einen
neuen Ort begaben, schien die schwarze Wolke aus Vögeln größer geworden zu
sein.
    Mittlerweile befanden sie
sich wieder in den heimischen Gefilden der düstergoldenen Stadt und Lord Hester
führte sie die lange Straße durch die Oberstadt hinauf in Richtung der Burg.
Lara wunderte sich, ob der Lord keinen Schlüssel besaß, der ihn direkt dorthin
brachte. Aber die übrigen Gedanken, die in ihrem Kopf schwirrten wie ein
Schwarm verirrter Mücken, ließen sie bald wieder von der Frage abkommen.
    Der Spiegelmacher Jasper hingegen schien sich langsam
zu sozialisieren.
    Â»Also«, brach Lara das Schweigen, indem sie Lord
Hester auf die Schulter tippte. »Was bitte ist nun unsere Rolle in dem ganzen
Theater?«
    Der Lord seufzte.
    Â»Eigentlich wollte ich warten, bis ich alle
Beteiligten um mich versammelt habe. Das dürfte nicht mehr lange dauern. Aber
vielleicht ist es gut, wenn ich dir schon etwas zu denken gebe.«
    Â»Also?«
    Â»Wir müssen an einer Armee aus mechanischen
Gottesanbeterinnen vorbei, wenn wir zum Zentrum des Geschehens in Epicordia vordringen möchten, stimmt’s?«,
vergewisserte sich der Rabenlord, doch es klang mehr rhetorisch.
    Â»Stimmt!«, bestätigte Lara.
    Â»Dann ist es jetzt deine Aufgabe, sich einen Weg
auszudenken, wie wir das bewerkstelligen können«, eröffnete ihr der Lord.
    Oh, dachte Lara verblüfft. Das überraschte sie etwas,
denn sie hatte vermutet, Lord Hester hätte eventuell den einen oder anderen
Trumpf im Ärmel. Dass sich die Trümpfe des Lords in den ihn umgebenden Personen
fanden, war ein Gedanke, der ihr so noch nicht gekommen war.
    Â»Was … was hat denn Alisha dazu gesagt?«, meinte sie.
    Der Lord verlangsamte seinen Schritt, um neben Lara zu
laufen.
    Â»In erster Linie wollte sie Gewalt mit Gewalt
bekämpfen. Sie erzählte mir von ihren eigenen Mechaniken, von Äxten und
Gewehren und natürlich von den ein oder zwei magischen Tricks, die ich selbst
beherrsche.«
    Â»Nun«, gestand Lara. »Das wäre auch mein erster Einfall gewesen.«
    Â»Aber«, überlegte der Lord laut weiter, »wir können
keine wirkliche Schlacht dort unten schlagen, Lara. Wie stellst du dir das
vor?«
    Der Lord hatte schon recht,
das wusste Lara. Rohe Gewalt gegen rohe Gewalt konnten sie gegen die Viecher
vergessen. Sie würden sich dabei bloß auf ein Gemetzel einlassen, das einen
ungewissen Ausgang haben würde. Das war in der feindlichen Umgebung Epicordias
viel zu gefährlich für alle Beteiligten.
    Dann hatte sie eine Eingebung.
    Â»Sand«, sagte sie.
    Â»Ja?«
    Â»Wir brauchen Sand. Der sprichwörtliche Sand im Getriebe ist der absolute Tod für jede Mechanik.«
    Â»Gut«, rief Lord Hester zufrieden. »Dann müssen wir
uns ja bloß noch überlegen, wie wir den Sand zu den

Weitere Kostenlose Bücher