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Epicordia

Epicordia

Titel: Epicordia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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Jahre war das
nun her.
    Ein Dutzend mechanische Menschen drehte sich zugleich
um und starrte sie durch Augen an, die keine Augen waren. Ziffernblätter
befanden sich an ihrer statt in den Höhlen. Speichen und Zahnräder klickerten
und surrten.
    Der feiste Mann, in dessen
dunkles, nach hinten gegeltes Haar sich endlich die ersten Spuren von Grau zu
mischen schienen, kam auf sie zu und breitete die Arme aus, als wollte er sie
darin einschließen. Die Freude auf seinem Gesicht war nicht gespielt, doch war
sie grausam, kühl und boshaft.
    Â»Ruben!«, spie Lara vor ihm aus, blind vor Wut. Sie
wollte aufspringen, doch Geneva hielt sie fest.
    Der Mechaniker, der sie in Böhmen beinahe gefangen
hatte. Der Mann, der ein unglaubliches Talent für mechanische Tiere, ja sogar
mechanische Menschen hatte, wie sie im Dutzend hinter ihm standen.
    Â»Sieh an, sogar die hübsche Nachtwächterin von damals
hast du dabei«, lobte Ruben sie. Er war einige Schritte entfernt stehen
geblieben – Lara spürte Ekel in sich hochsteigen.
    Â»Mistkerl!«, fauchte Geneva ihn an, ohne jedoch den
Griff um Lara zu lockern. Und Lara erinnerte sich, wie die Konfrontation mit
Rubens mechanischen Dienern Geneva einst ein Auge gekostet hatte.
    Â»Wie unhöflich.« Ruben grinste schief und ekelhaft
süffisant. »Indes, wo ist denn der Lord hin? Hat er es etwa nicht bis hierher geschafft?«
    Â»Sie elender, dreckiger
Bastard!«, schrie Lara, kurz davor, die Kontrolle zu verlieren. Doch Geneva
hielt sie immer noch fest,
während Laras Hass tobte. Er war schuld daran, dass Tom nicht hier an ihrer Seite war, um sie mit seiner
magischen Taschenuhr aus der Schusslinie zu holen. Er war schuld daran, dass
Lord Hester zwischen den Maschinen einen ausweglosen Kampf ausfocht.
    Nein ,
brachte sie ihre Gedanken in Ordnung.
    Ruben Goldstein war nur ein Werkzeug.
    In Wirklichkeit war es Roland Winter, der ihre Freunde
verletzte. Was hätte sie darum gegeben, Lee jetzt und hier an ihrer Seite zu
wissen. Und wo war Patrick?
    Noch hatte sie in ihrer von Wut heraufbeschworenen
Blindheit nicht erkannt, worum es sich bei dem großen Konstrukt einige Meter
hinter Ruben handelte.
    Sie zwang sich zitternd auf die Beine.
    Â»Und?«, fragte sie laut. »Was hat er Ihnen auf die Brust tätowiert?«
    Diesmal schien ihr Gegenüber fast überrascht.
    Etwas durchzuckte Rubens Gesicht.
    Â»Sie sind ein Nichts«, schrie Lara weiter, während sie
ihre Hände rieb, um die kleinen Steinchen loszuwerden, die sich im Fallen
hineingebohrt hatten. Sie spürte den Schmerz in ihrer rechten Handfläche, als
sie über die Bandage strich. »Sie haben alle verraten. Baltasar, meinen Vater,
meine Mutter, die Stadt. Sie können all diese großartigen Sachen erschaffen …
und Sie nutzen Ihr Talent nur, weil Roland Winter Sie unter seiner Fuchtel hat.
Sie können so vieles – und sind doch nichts weiter als ein bedeutungsloser
Niemand.«
    Was einen Augenblick zuvor
noch diebische Freude gewesen war, verfloss auf Rubens Gesicht zu echter
Überraschung.
    Ruben öffnete den Mund …
    â€¦ und ein Schuss ertönte.
    Noch einer.
    Ruben wurde an der
Schulter nach hinten gerissen und landete auf dem Rücken, den unverletzten Arm
zum Schutz reflexartig vor sich gestreckt.
    Lara und Geneva wirbelten herum.
    Myra Jones rannte an ihnen vorbei, stürzte sich auf
Ruben Goldstein und trat ihm in die Rippen.
    Der stöhnte und krümmte sich.
    Â»Myra«, brachte er leise über die Lippen. Seine Augen
weiteten sich vor Schmerz.
    Ãœberall um sie herum ließen Rubens mechanische Diener
mit schleifenden Geräuschen lange Schwertklingen aus ihren Armen fahren.
    Myra Jones lachte. Es
klang halb wahnsinnig – als ließe jemand den tiefsten Schmerz der Welt aus sich
heraustriefen.
    Â»Du hast nicht mit mir gerechnet«, schrie sie wie
irre. »Du verdammter Bastard! Du Sohn einer Ratte!«
    Noch bevor jemand
reagieren konnte, setzte sie ihm ihren Revolver auf den Oberschenkel und
drückte ab. Der Schuss ließ den Mechaniker vor Schmerz zusammenfahren. Er
schrie erbärmlich auf. Seine Selbstherrlichkeit war wie weggeblasen.
    Die mechanischen Diener setzten sich in Bewegung.
    Â»Schluss damit!«, donnerte es durch die Höhle. Nein,
es donnerte nicht. Diese Stimme war kalt und schneidend und grausam. Die Schallwellen
veränderten selbst die Luft um sie herum.
    Jeder hielt

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