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Epicordia

Epicordia

Titel: Epicordia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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Verhältnis zwischen mir und Francesco …
nicht das beste, würde ich sagen.«
    Sie hatten das große Gatter erreicht, das in den
Garten der Bastianis führte, und blieben stehen.
    Â»Das ist keine gute Geschichte«, stellte Lara
betroffen fest.
    Â»Nein.«
    Geneva schüttelte den Kopf.
    Â»Aber sie war sehr ehrlich«, sagte Lara. »Danke.«
    Und einem spontanen Impuls folgend umarmte sie ihre
Freundin mit aller Herzensgüte, zu der sie fähig war. Und die Umarmung wurde
erwidert.
    Â»Danke«, sagte Geneva, als sie sich voneinander
lösten. »Und entschuldige wegen heute, ich –«
    Â»Ist schon gut«, winkte Lara ab. »Ihr habt ja alle
recht. Das war einfach himmelschreiend dämlich. Nur gut, dass wir heil aus der
Sache rausgekommen sind.«
    Geneva nickte.
    Â»Nur eins verstehe ich nicht«, brach es aus Lara
hervor.
    Â»Ja?«
    Â»Ich dachte in den letzten Tagen, du und Tom, ihr … na
ja … ich dachte, da würde was laufen. Aber wenn du nicht auf Männer stehst,
dann –«
    Sie wusste nicht, wie sie es weiter hätte ausführen
sollen, aber sie spürte das Lächeln, das Genevas Lippen umspielte.
    Â»Wir leben in einer Welt voller Möglichkeiten«, sagte
sie nur. »Aber mehr verrate ich dir nicht. Oder soll ich dich nach Patrick
Davenport ausfragen?«
    Lara blickte zu Boden. Nein, das sollte Geneva ganz
sicher nicht. Sie musste plötzlich grinsen. Es tat gut, nicht mehr böse
aufeinander zu sein.
    Â»Lass uns reingehen«, sagte sie. »Die Nächte hier sind
mir irgendwie zu kurz.«
    Und so huschten sie leise durch das Gatter und den
Garten und mit Genevas Hilfe hinein ins Haus und in ihre Betten.

5. Kapitel, das die Dinge ausnahmsweise einmal aus Lees Sicht erzählt.
    I didn’t see it’s like
living in a movie
twisting the plot
my friends and family
the little things I’ve got
I’ve got
    Â Ben Bridwell
    Verrückt.
    Verrückt, was alles in Ravinia passierte.
    Und verrückt, wie es sich anfühlte, in Ravinia zu
sein.
    Lee sog Ravinia mit jeder Faser seines Körpers ein,
lebte diese Welt, die sich ihm erst erschlossen hatte, nachdem er fünfzehn
Jahre in einem Waisenhaus in Neuengland verbracht hatte.
    Nein, er vermisste gar nichts von damals. Nicht den
kleinsten Hauch jenes Städtchens, in dem er stets nur schief angeblickt worden
war ob seiner seltsamen Vorahnungen. Den anderen Kindern im Heim war er immer
ein wenig unheimlich gewesen. Aber wie Kinder nun einmal so sind, hatten auch
die Kinder vom Waisenhaus in Garden’s End ihren Gefühlen Luft verschafft: Sie
hatten ihn angefeindet und ihn zum Außenseiter gemacht.
    Auch die Ungewissheit über
den Verbleib seiner Eltern war davongeweht
mit den Flügelschlägen der Raben. Sie waren gestorben in den Unruhen, die
Roland Winter vor langer Zeit heraufbeschworen hatte. Doch Lee selbst hatte
Winter vernichtet, hatte die gefrorene Melodie geschmolzen, an der dessen Leben
gehangen hatte wie an einem seidenen Faden. Mithilfe seiner Freunde, die Lee in
Ravinia gefunden hatte, war es ihm gelungen, das Leben auf jene Art und Weise
kennenzulernen, die er sich stets erträumt hatte. Denn trotz all jener
Ungerechtigkeiten, die Lara so oft mit sich und der Welt hadern ließen, fand
Lee, dass es immer einen Funken Hoffnung gab. Und an die Hoffnung zu glauben
war besser, als sich wegen verlorener Träume zu grämen.
    Seine eigenen Talente hatten ihm den Weg nach Ravinia
gewiesen, wo ihn Berrie, die Kreidefrau, aufgenommen und begonnen hatte, ihn
die Kunst der Wahrsagerei zu lehren.
    Seit seiner Ankunft in Ravinia waren die Leute, mit
denen er sich umgab, stets gut zu ihm gewesen. Lara hatte in ihm einen
Seelenverwandten gefunden, ebenfalls ohne Eltern, fremd und manchmal störrisch.
    Und Tom – der Mann, der in den letzten beiden Jahren
zu lächeln gelernt hatte – ließ ihn in der alten Wohnung über dem
Schlüsselladen in der Victoria Street leben, die ihm seit Baltasar Quibbes’ Tod
gehörte.
    Und dann hatte er seit einigen Wochen auch noch Liza –
Lizzy durfte er sie nennen. Das Efeumädchen hatte ihm den Kopf verdreht. Aber
das ließ er gerne mit sich machen, denn sie war hübsch und klug und manchmal
vielleicht etwas biestig. Doch vor allem war sie magisch. So magisch wie das
meiste in Ravinia, und letztlich war es wohl das, was sie so hinreißend machte.
    Es gab

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