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Epicordia

Epicordia

Titel: Epicordia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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umher und schafften Eimer
um Eimer voll Wasser heran. Lara hatte nicht gewusst, dass es in Ravinia eine
freiwillige Feuerwehr gab, doch offensichtlich hatte man von irgendwoher zwei
Wasserschläuche aufgetrieben, die auch tatsächlich gespeist wurden. Doch die
Wassermengen, die aus ihnen hervorsprudelten, waren der Feuersbrunst gegenüber
eher kläglich.
    Und während Patrick neben ihr noch zögerte, verließ
Lara seine Seite und stürmte blindlings auf das Inferno zu. Sie hatte
schlagartig erkannt, was ihr am meisten unter die Haut fuhr: Im Zentrum der
Flammen musste das Haus der Kreidefrau liegen, das ihnen eben noch Schutz vor
dem Regen geboten hatte.
    Jemand packte sie unsanft am Arm.
    Â»Lara.«
    Es klang mehr überrascht als erbost. Sie wandte den
Kopf und sah Lee, der sie mit einem Ruck zum Stehen brachte.
    Â»Um Gottes willen, Lee«, stöhnte sie erleichtert und
fiel ihm um den Hals.
    Â»Hey, hey«, beschwichtigte er sie und erwiderte die
stürmische Umarmung. »Ist ja gut.«
    Sie ließ von ihm ab und musterte ihn. Sein Haar war
verrußt und eine lange Brandwunde zierte einen seiner Unterarme, wegen der er seinen Hemdsärmel hochgekrempelt hatte.
Mit der Hand des lädierten Armes hielt er den Riemen seiner Umhängetasche fest.
Es sah aus, als schützte er seinen verletzten Arm.
    Â»Was ist passiert?«, fragte Lara atemlos.
    Â»Das wüssten wir auch gerne«, meinte Lee. Er hörte
sich nicht minder atemlos an. »Ganz plötzlich ging alles in Flammen auf.
Einfach so, ich –«
    Â»Was ist mit Berrie?«, unterbrach sie ihn.
    Â»Keine Panik, ihr geht es gut. Nur dem Haus …«
    Er brach hilflos ab. Das Chaos um sie herum sprach für
sich.
    Â»Wir … wir kriegen es nicht unter Kontrolle«, gestand
er etwas leiser. Es klang resigniert.
    Â»Seit wann?«
    Â»Schon seit einer halben Stunde.«
    Noch nie hatte Lara Lee in
einem solch alarmierenden Zustand gesehen. Er war ihr immer cool vorgekommen,
ein Ruhepol in einer sich überschlagenden Welt. Beinahe schon eine Nummer zu cool . Aber jetzt war alles anders. Die Leute um sie herum schienen verzweifelt. Alles hier war
aus Holz und aus Stoffen und
die Flammen kannten keine Gnade – sie fraßen wie ein hungriges Raubtier alles
auf. Fraßen und fraßen und fraßen.
    Â»Und was zum Teufel machst du dann hier ?«,
fragte sie plötzlich. »Warum hilfst du nicht beim Löschen?«
    Â»Hey, seh ich etwa so aus, als würde ich bloß
zuschauen?«
    Lara wich seinem Blick kurz aus.
    Â»Nein, entschuldige, aber –«
    Â»Ich suche nach einer Ursache«, unterbrach er sie
erneut. »Es hat den halben Tag geregnet, alles müsste feucht sein und trotzdem
brennt es wie trockenes Stroh.«
    Â»Und das fällt dir jetzt ein?«
    Er winkte ab.
    Â»Sagen wir einfach, ich hatte mal wieder eine meiner
komischen Vorahnungen und –«
    Â»â€“ und du bist ein Wahrsager und deshalb musst du
ihr nachgehen. Verstanden.«
    Lee nickte.
    Â»Komm mit«, winkte er ihr und lief durch das Gewimmel
um sie herum in Richtung der Gasse, aus der Lara und Patrick eben gekommen
waren.
    Â»Was zum –«
    Doch diesmal unterbrach sie sich selbst, rief sich zur
Ruhe, um nicht gleich auszurasten, und huschte Lee nach.
    Ein Blick über die Schulter verriet ihr, dass Patrick
sich ins Getümmel gestürzt hatte und sich an
den Löscharbeiten beteiligte. Er war tatsächlich einfach da, wenn er
gebraucht wurde. Eine bewundernswerte Eigenschaft.
    Sie fasste Lee ins Auge und sah ihn noch um eine Ecke
verschwinden. Eilig folgte sie ihm. Ob Liza wohl auch einfach da war, wenn sie
gebraucht wurde? Lara konnte nicht einschätzen, wie viel Glück Lee in dieser
Hinsicht mit dem Efeumädchen gehabt hatte. Doch waren solche Gedanken in diesem
Augenblick nicht auch völlig fehl am Platze?
    Lee wartete auf sie.
    Â»Komm schon!«, drängte er sie.
    Gemeinsam huschten sie durch eine dunkle Gasse an der
Rückseite des Rondells. Auf diese Weise mussten sie sich dem flammenden Inferno
früher oder später von hinten nähern. Hinter den dunklen Schatten der Fassaden
sah Lara den Flammenschein bis tief in die Nacht hinein steigen. Die Rufe der
Bewohner, die sich an den verzweifelten Löschversuchen beteiligten, hallten
gedämpft zu ihnen herüber.
    Sie brachten die nächste Biegung hinter sich und kamen
dem Feuer immer

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