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Epsilon

Epsilon

Titel: Epsilon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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würdest, würde ich sterben?«
    »Ich könnte dich das glauben lassen.«
    Er erinnerte sich daran, wie er gedacht hatte, er würde ertrinken, und nickte.
    »Charlie«, fuhr sie fort, »du wirst aus deinem Gefängnis nicht entkommen, indem ich den Wachen unbemerkt etwas in den Kaffee schütte. Zum einen würde das beweisen, dass wir beide zusammenarbeiten, und das sollen sie nicht unbedingt erfahren – zumindest nicht so schnell. Also habe ich den Empfänger in deinem Brustkorb außer Gefecht gesetzt. Ich habe es mithilfe des großen Scanners schon eine ganze Weile versucht, aber erst gestern ist es mir gelungen. Das bedeutet, dass man dich nicht mehr ausschalten kann. Ich habe den Zapper in den letzten vierundzwanzig Stunden mehrmals gegen dich eingesetzt, und du hast es nicht einmal bemerkt.«
    Charlie spürte, wie sein Herz schneller schlug. Das, so wusste er, war keine virtuelle Reaktion, das war echt – und zum Teufel mit all den verdrehten Definitionen von »echt«, die Susan ihm geliefert hatte.
    »Ganz ruhig«, sagte sie, »reg dich nicht auf. Ich kann deine Reaktionen sehen, sie werden vom Kurvenleser aufgezeichnet. Alles, was ich dir jetzt sage, gilt unter dem Vorbehalt, dass du dein Versprechen, mir zu helfen, hältst, wenn du hier rauskommst. Trotz all der Technologie kann ich eins noch immer nicht tun, Charlie: deine Gedanken lesen. Ich weiß nur das, was du beschließt, mir mitzuteilen. Ob du es mir sagst oder ich es an deinen Gehirnaktivitäten ablese, spielt dabei keine Rolle. Vielleicht werden wir in dieser Beziehung bald Fortschritte machen, aber noch sind wir nicht so weit.«
    »Vertrau mir.«
    »Das tue ich, Charlie. Hast du das noch nicht bemerkt?«
    Charlie musterte sie, wie sie nur ein paar Schritte von ihm entfernt inmitten der völlig realistischen und dennoch unwirklichen Mondlandschaft stand, und er fragte sich, ob ihr nachdenkliches Lächeln etwas zu bedeuten hatte. War es nur eine computererzeugte Reaktion? Oder spiegelte es ihre wahren Gefühle? Fand ein tatsächlicher Austausch zwischen ihnen statt, oder warfen sie einander hinter ihren elektronischen Masken nur leere Worte zu? Und was das betraf: Gab es überhaupt einen Unterschied zwischen elektronischen Masken und solchen, die aus Fleisch und Blut bestanden?
    »Und nun«, sagte sie und klang plötzlich ganz geschäftsmäßig, »sollten wir zu den Einzelheiten kommen…«
    Der Übergang war nahtlos, und er raubte Charlie wieder einmal den Atem. Eben noch hatte er auf dem Mond gestanden, mit einer spektakulären Aussicht auf die weit entfernte Erde, und nun fand er sich plötzlich auf einem steinigen Hügel unter einem blau-weißen Himmel wieder, mit Blick auf einen Mischwald sowie einen See.
    »Das ist eine Simulation, zusammengesetzt aus meiner Erinnerung und aus Vermutungen. Ich habe keinen Zugang zu Landkarten oder Fotos, also kann das nur eine computerunterstützte Annäherung an die Wirklichkeit sein. Es sieht echt aus, aber die Details stimmen nicht hundertprozentig. Du wirst jedoch alle nötigen Bezugspunkte finden.«
    Sie begannen den Hügel hinabzusteigen, während Susan Charlie auf verschiedene Landschaftsmerkmale aufmerksam machte, die ihm bei der Orientierung helfen konnten. »Ich habe das alles nur von oben gesehen, als ich zur Ranch geflogen bin«, erklärte sie, »aber dort drüben führt ein Highway nach Süden – den sollten wir uns näher anschauen.«
    Die Welt um sie herum löste sich auf, dann fügte sie sich wieder zusammen, diesmal zu einem sechsspurigen Highway. Sie standen auf dem Mittelstreifen, und Fahrzeuge brausten in beide Richtungen an ihnen vorbei. Charlie reagierte instinktiv und ergriff Susan am Arm, um sich zusammen mit ihr in Sicherheit zu bringen.
    »Schon gut, Charlie«, sagte sie. »Wir sind nicht hier, um mit dem Verkehr zu spielen. Ich werde dir zeigen, wozu wir hier sind. Pass auf deinen Magen auf!«
    Charlie war sich nicht sicher, ob der Boden sich absenkte oder sie sich in die Luft erhoben. Er merkte nur, wie sich sein Blickwinkel abrupt änderte und er den Highway mitsamt seiner baumbedeckten, hügeligen Umgebung plötzlich aus der Vogelperspektive sah. Er schluckte, und obwohl er wusste, dass er sich in Wirklichkeit nicht bewegt hatte, spürte er, wie sich ihm der Magen umdrehte.
    »Entschuldige, wenn das etwas zu schnell ging«, sagte Susan, die neben ihm in der Luft schwebte, »aber du musst dir einen Überblick über das Gelände verschaffen. So sehe ich es, wenn ich darüber

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