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Epsilon

Epsilon

Titel: Epsilon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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hinwegfliege.«
    Sie begannen sich mit der Geschwindigkeit eines landenden Flugzeuges zu bewegen – nur dass es kein Flugzeug gab, kein Fenster, durch das sie spähten, bloß offenes Gelände unter ihnen, über das sie hinwegzogen wie Peter Pan und Wendy, an unsichtbaren Fäden aufgehängt.
    »Da ist die Ranch«, meinte Susan und deutete nach vorne auf eine Ansammlung von Gebäuden. »Wir machen einen Augenblick Halt, damit du dir einen Überblick verschaffen kannst.«
    Sie erstarrten mitten in der Luft, begannen sich dann langsam zu drehen, während Susan ihm zeigte, was er im Gedächtnis behalten musste. Eine Umgehungsstraße wand sich vom Highway durch den Wald und tauchte nicht weit vom Begrenzungszaun der Ranch wieder auf.
    »Soweit ich weiß«, sagte Susan, »ist das die einzige befestigte Straße, die dort hinaufführt. Aber es gibt auch eine Hand voll Trampelpfade, die ich aus der Luft entdeckt habe.«
    Sie bewegten sich hierhin und dorthin – oder vielmehr bewegte sich die Erde unter ihnen. Nur einer der Wege sah so aus, als sei er breit genug für ein Fahrzeug. Er führte an einer anderen Stelle des Begrenzungszauns aus einem dichten Wäldchen heraus, fiel dann steil nach unten ab und erreichte schließlich eine kleine Straße, die vermutlich zum Highway führte.
    »Da drüben«, fuhr Susan fort und deutete in eine andere Richtung, »kannst du die Landebahn sehen.«
    Charlie blickte hinüber. An einem Ende der Bahn parkte eine Privatmaschine, die wie ein Spielzeug wirkte. Nicht weit davon entfernt stand ein ebenfalls winziger Helikopter. Nachdem Charlie sich alles angesehen hatte, begaben sie sich an eine Stelle direkt über dem Hauptgebäude mit dem angrenzenden Pool, dem Tennisplatz, den Scheunen und Ställen.
    »Okay«, meinte Susan, als Charlie sich alles eingeprägt hatte, was aus diesem Blickwinkel erkennbar war, »und nun gehen wir runter und schreiten das Gelände ab.«
    Erneut löste sich die Welt um sie herum auf und setzte sich in einer neuen Perspektive wieder zusammen. Charlie begann sich an diese seltsamen Sprünge durch Raum und Zeit zu gewöhnen: Es war, als befände er sich mitten in einem Film, statt nur unbeteiligter Zuschauer zu sein. Er stand nun vor einem langen, zweistöckigen Gebäude mit einer Veranda, die an zwei Seiten des Hauses entlanglief.
    »Das ist das Hauptwohngebäude«, erklärte Susan. »Wir werden es nur kurz anschauen, da du wahrscheinlich nicht viel darüber wissen musst.«
    Sie wanderten durch die Räume, nicht in Schrittgeschwindigkeit, sondern mit der Schnelligkeit eines Videobandes, das man beschleunigt ablaufen lässt. Bei diesem Tempo hatte Charlie nicht das Gefühl, wirklich dort zu sein; er war ein körperloser Besucher, der durch das Haus jagte. Bei zwei, drei Gelegenheiten jedoch hielten sie an, um sich Details anzusehen, und dabei lief die Zeit wieder normal.
    Normal. Charlie lachte still in sich hinein, als er über das Wort nachdachte. Dann lachte er erneut, als er überlegte, was er mit »in sich hinein« meinte. Was bedeutete das eigentlich? Wo genau war das? Konnte man immer tiefer und tiefer in sich hinein reisen? Konnte man implodieren? War der Mensch vielleicht eine Art Schwarzes Loch? Oder fühlte nur er, Charlie, sich so – der Mutant?
    Susans Stimme unterbrach seine Überlegungen – oder genauer gesagt, so verbesserte er sich: ihre Gedankenstimme in ihm.
    »Ich möchte dir Christopher zeigen«, sagte sie, »damit du weißt, wie er aussieht.«
    Sie rasten ein paar Meter vorwärts und kamen auf der Vorderveranda des Hauptgebäudes zum Stehen, die auf einen großen freien Platz hinausging. Plötzlich materialisierte sich in einer Entfernung von etwa fünfzehn Metern ein Kind auf einem Pferd aus dem Nichts heraus. Ein junger Mann schien ihm Anweisungen zu geben und half ihm dann vom Pferd, als wäre die Reitstunde beendet. Das Kind rannte mit ausgestreckten Armen auf sie zu, außer sich vor Freude, sie zu sehen. Für Charlie war es ein seltsames Gefühl, dieses unbekannte Kind auf sich zukommen zu sehen, als wäre er ein Verwandter oder ein geliebter Freund. Er spürte Unbehagen in sich aufwallen und fragte sich, wie er reagieren sollte, falls das Kind in seine Arme springen würde, was es offensichtlich vorhatte. Doch in letzter Sekunde erstarrte das Bild.
    »Es ist kein genaues Abbild«, erklärte Susan. »Ich musste ihn von einem Foto generieren. Aber das ist Christopher.«
    Charlie musterte ihn eine Zeit lang und prägte sich die feinen

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