Epsilon
einen Hinterhalt plante.
Charlie fuhr im Slalom rechts und links an den Bäumen vorbei, doch er konnte an der Flugbahn des Hubschraubers ablesen, dass die Lichtung vor ihnen wahrscheinlich groß und nicht zu umfahren war. Er versuchte sich ins Gedächtnis zu rufen, was er vom Flugzeug aus gesehen hatte, als er angekommen war, konnte sich aber nicht an genügend Details erinnern.
Plötzlich befanden sie sich, wie er es befürchtet hatte, wieder in freiem Gelände. Der Helikopter hing tief und leicht zur Seite geneigt über der Lichtung und erwartete sie bereits. Er kam in einem spitzen Winkel auf sie zu, und Rod schoss, was sein Maschinengewehr hergab. Mehrere Kugeln trafen den Wagen. Viele der dumpfen Aufschläge waren besorgniserregend laut und hörten sich gefährlicher an als zuvor. Auf dem Armaturenbrett begann zuerst ein einzelnes rotes Warnlicht zu blinken, dann ein zweites. Charlie hatte keine Zeit, zu registrieren, was sie bedeuteten, denn soeben zerbarst das Seitenfenster mit einem hässlichen Splittern.
Susan wirbelte herum, um zu sehen, ob Christopher unverletzt geblieben war. Er war unversehrt, auch wenn er die Augen vor Schreck weit geöffnet hatte. Der Schock, der ihn gepackt hatte, schien weit über bloße Furcht hinauszugehen, aber auch wie ein mentaler Schutzschild zu wirken, der das Allerschlimmste von ihm fern hielt. Der Hund, den er noch immer fest an sich gepresst hielt, winselte klagend. Es klang wie ein ritueller Gesang, mit dem er seine wölfischen Vorfahren um Hilfe anrief.
»Achtung, Charlie!«
Susan hatte sich gerade wieder umgedreht, da sah sie den äußeren Begrenzungszaun der Ranch vor sich aufragen. Es schien ein Lattenzaun aus Holz zu sein, den man mit Stacheldraht verstärkt, vielleicht sogar unter Strom gesetzt hatte. Dazwischen stand alle paar Meter ein Betonpfosten. Charlie hielt genau auf die Mitte zwischen zwei solcher Pfosten zu.
»Runter mit euch!«, schrie er.
»O mein Gott! Chris, geh in Deckung!«
Susan glaubte nicht, dass sie es schaffen würden… Nein, sie wusste, dass sie es nicht schaffen würden. So etwas funktionierte nicht wie in den Filmen, in denen die Leute wie beiläufig mit ihren Autos durch Tore und Barrieren jeder Art brachen und diese leicht wie Sperrholz zerbarsten, woraus die Hindernisse im Film ja in der Tat auch gemacht waren. Im wahren Leben konnte so etwas nicht funktionieren. Gleich würden sie in einem zerfetzten, lichterloh brennenden Blechhaufen sterben.
Die Zeit schien zu gerinnen, als der Kühlergrill des Wagens den Zaun berührte. Sie verging langsamer, aber sie blieb nicht stehen. In der nächsten Sekunde fühlte Susan einen Schlag im Gesicht, und die Welt um sie herum versank im Dunkel.
Der Krach des Aufpralls verklang jedoch nicht. Weder das Lärmen des Motors noch das Wummern des Helikopters über ihnen. Auch das Gefühl, dass sie sich noch immer bewegten, ließ nicht nach. Es dauerte eine Weile, bis Susan merkte, dass ihr Airbag sich aufgebläht hatte. Sie blickte zu Charlie hinüber und sah, dass auch seiner aufgegangen war, er jedoch bereits dabei war, ihn zur Seite zu zerren.
»Alles in Ordnung?«
»Ja«, gelang es ihr unter einiger Mühe zu antworten, während sie versuchte, sich von dem Airbag zu befreien. »Chris?«
»Alles roger. Das war klasse!«
Susan wandte sich zu ihm um. Mit dem Kind war eine Veränderung vor sich gegangen. Statt starr vor Furcht dazusitzen, lächelte Christopher nun, als befände er sich in einem Vergnügungspark. Der Hund schien aus dieser veränderten Stimmung Trost geschöpft zu haben und hatte das Winseln eingestellt.
Susan nahm an, dass Christopher den gleichen Gedanken gehabt hatte wie sie, als sie durch den Zaun gebrochen waren: dass es genau wie im Film war. Er wusste nun, wo er sich befand, nämlich in einem Kinofilm, und alles bekam für ihn plötzlich einen Sinn. Susan sagte nichts. Wenn es ihm half…
»Wir verstecken uns besser hier«, sagte Charlie. »Dann können sie uns kaum ausmachen. Ich glaube, ich weiß, wo wir herauskommen, wenn wir einfach weiter geradeaus fahren. Es gibt da einen Feldweg den Berg hinunter zum Highway. Das Problem ist nur, dass wir dort wieder in freiem Gelände sein werden.« Er hielt inne, um einen Moment nachzudenken, dann fuhr er fort: »Kannst du dieses Ding hier fahren?«
»Klar.«
Charlie suchte das beste Versteck, dass er finden konnte, und hielt an, ohne allerdings den Motor abzustellen. Er zerrte die Reste von Susans Airbag beiseite und stieg
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