Epsilon
konnte. »Fahr weiter!«, brüllte er zurück. »Bleib nicht stehen!«
Der Helikopter bereitete sich auf einen neuen Angriff vor, diesmal mit der Schnauze voran. Das war äußerst ungünstig. Aus diesem Winkel hatte Charlie noch weniger Chancen, ihn zu treffen. Er verfluchte sich dafür, dass er den Staub nicht einkalkuliert hatte, der ihm in den ersten entscheidenden Sekunden die Sicht genommen hatte. Damit hatte er den einzigen wirklichen Vorteil eingebüßt, der ihm zur Verfügung stand. Jetzt war es fast zu spät.
Doch noch war nichts verloren, und Charlie gab niemals auf. Er veränderte seine Position, dehnte den Rücken, während der holpernde Wagen ihm einen schmerzhaften Stoß nach dem anderen versetzte, und bereitete sich auf den nächsten Angriff vor.
Charlie sah, wie der Hubschrauber erneut auf sie zuraste. Rod lehnte aus der Seitentür, bereit, loszufeuern, und selbst auf die Entfernung sah Charlie, wie seine Lippen sich zu einem triumphierenden Lächeln verzogen. Rod war sich offenbar sicher, diesmal zu treffen. Doch was als Nächstes geschah, fegte ihm das Grinsen schneller aus dem Gesicht, als Charlie es hätte tun können, wenn sie sich alleine in einem Raum befunden hätten.
Ohne Vorwarnung und ohne ersichtlichen Grund begann der Helikopter wild hin und her zu schaukeln. Charlie sah, dass Rod fast den Halt verloren hätte und beinahe aus der Maschine gefallen wäre. Wütend brüllte er auf Mrs. Hathaway ein, die ebenso laut zurückschrie.
Das Scheren des Helikopters wurde heftiger und verwandelte sich schließlich in ein Trudeln. Charlie wusste, was geschehen war. Er hatte, wie vermutet, das Heck getroffen, vielleicht den Rotor oder eine seiner Kontrollvorrichtungen. Jedenfalls ließ die Maschine sich nicht länger beherrschen. Es lag eine seltsame, morbide Faszination darin, den langsamen Tanz des Hubschraubers in der Luft zu beobachten, der allmählich immer schneller wurde, elegante, todbringende Pirouetten drehte, bis er plötzlich aufhörte, eine Flugmaschine zu sein, und wie ein Stein vom Himmel fiel.
Irgendwo hinter ihnen erklang eine heftige Explosion, und ein gigantischer Feuerball aus Rauch und Flammen stieg auf. Charlie stieß einen erleichterten Seufzer aus und richtete sich auf. »Okay, du kannst jetzt langsamer werden. Es ist vorbei«, rief er Susan nach vorne zu.
Sie fuhren schneller als zuvor. Charlie konnte sehen, wie Susan nach vorne gebeugt dasaß, das Lenkrad fest umklammert hielt und es angestrengt nach links und rechts riss.
»Ich kann nicht«, schrie sie zurück. »Sie haben die Bremsen getroffen! Das wollte ich dir die ganze Zeit schon sagen.«
Irgendwie gelang es ihr, das Fahrzeug auf dem Weg zu halten, doch jeden Augenblick konnte ein unerwartetes Schlagloch oder eine falsch berechnete Kurve sie allein aufgrund der Zentrifugalkraft aus der Bahn und in den Abgrund schleudern.
»Halte durch! Ich komme!«
Charlie kletterte über den Rücksitz, über Christopher und den Hund hinweg, packte Susan an den Schultern und drückte sie zur Beifahrerseite. Seine Hände umklammerten das Lenkrad, bevor sie es losließ, und fast noch bevor sie aus dem Sitz war, saß er auf dem Fahrersitz und hatte die Füße auf den Pedalen. Es war genau, wie Susan gesagt hatte: Es war kein Druck auf den Bremsen, und die Handbremse funktionierte ebenfalls nicht. Sie befanden sich im freien Fall, und ihre Geschwindigkeit nahm mit jeder Sekunde zu. Wenigstens funktionierte die Lenkung. Charlie musste das Beste daraus machen.
»Okay, alles klar«, rief er und brüllte über den Lärm des Motors weiter, über das Krachen der Stoßdämpfer, als der Wagen in die Luft sprang und scheppernd wieder auf dem unebenen, steinigen Weg landete. »Alles klar… Ich werde es schaffen… Ich werde es schaffen…«
EPILOG
Charlie verspürte eine angenehme Müdigkeit, genau wie man es ihm angekündigt hatte. Unzählige Male hatte man ihm versichert, er brauche sich keine Sorgen zu machen. Er verstand die Einzelheiten nicht, aber die Ärzte hatten ihm mithilfe von Röntgenbildern und einer Menge unverständlicher Fachbegriffe zu erklären versucht, dass – obwohl es sich um eine ganz einfache Operation handelte – eine Vollnarkose unumgänglich war, weil das winzige Implantat an einer prekären Stelle in seinem Brustkorb saß.
»Wir müssen es nicht herausnehmen«, hatte man ihm gesagt. »Sie können mit dem Implantat leben. Es wird Ihnen in keiner Weise schaden. Es ist inzwischen völlig
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