ePub: Der letzte Zauberlehrling
waren schlechte Nachrichten. Wir hatten eigentlich vorgehabt, so bald wie möglich nach Bordeaux weiterzufahren. Vielleicht kamen wir noch bis dorthin, aber wie sollten wir dann nach Biarritz gelangen?
»Zumindest bestätigt das unsere Vermutung, dass Pompignac in Biarritz ist, sonst würden sie nicht einen solchen Aufwand treiben«, sagte Agnetha.
»Und dass sie Prometheus für gefährlich genug halten, ihre Pläne zu Fall zu bringen«, ergänzte Papillon.
»Das hilft uns nicht viel weiter«, murmelte ich.
Die anderen ließen ebenfalls die Köpfe hängen, als Aticus plötzlich aufsprang und rief: »Oh, aber es gibt einen Weg!«
Sechzehntes Kapitel
in dem Lothar seekrank wird und Agnetha alle überrascht
L a Tranche-sur-Mer war ein verschlafener Fischerort an der Atlantikküste, der weder einen Bahnhof besaß noch eine eigene Tageszeitung. Der Polizeiposten wurde, so berichtete Aticus, von drei eher schlafmützigen Beamten besetzt, die mehr Wert auf ihre Ruhe als auf die Verfolgung von Gesetzesbrechern legten, von denen es in La Tranche sowieso kaum welche zu geben schien. Vor einigen Jahren hatte ein Gemeinderatsmitglied vorgeschlagen, La Tranche zu einem Urlaubsort zu machen, denn die Stadt verfügte über Sandstrände von mehreren Kilometern Länge. Sein Antrag war aber mit großer Mehrheit abgeschmettert worden, denn niemand legte Wert auf den Trubel, den Touristen mit sich brachten.
In den frühen Abendstunden tuckerten wir mit unserem kleinen Lieferwagen in den Ort. Aticus saß neben Prometheus in der Fahrerkabine, Moriarty hinten bei uns anderen auf der Ladefläche. Er sah müde aus. Die halbe Nacht hatte er sich mit Prometheus ein Wortgefecht geliefert, nachdem Aticus seine Idee vorgetragen hatte.
»Ich kenne den Kapitän eines Fischkutters, der in Tranche-sur-Mer lebt«, hatte er erklärt. »Er ist mir noch einen Gefallen schuldig und könnte euch an euer Ziel bringen, ohne dass ihr an einer einzigen Kontrolle vorbeimüsst.«
»Übers Meer?« Das Entsetzen war aus Lothars Stimme deutlich herauszuhören.
Moriarty drehte sich zu Lothar um, der aufrecht auf seiner Decke saß, die Augen weit aufgerissen. »Er kann sprechen. Wie außergewöhnlich.« Trotz seiner Worte schien er allerdings nicht wirklich überrascht zu sein.
» Er kann sogar noch viel mehr«, schnappte Lothar. »Nur eins kann er nicht: zur See fahren. Denn er hasst das Wasser.«
»Lothar hat so seine Eigenarten«, entschuldigte ich ihn. »Und er ist nicht wirklich ein Hund.«
»Das hatte ich mir bereits gedacht.« Moriarty stand auf und ging zu dem Dämon herüber. »Und was sind wir dann, alter Knabe?«
»Was wir sind, kann ich dir nicht sagen«, knurrte Lothar. » Ich bin jedenfalls ein Werhörnchen.«
»Zweifellos eine Bereicherung der irdischen Fauna«, sagte der Magier. »Ich vermute, wenn ich in der Encyclopedia Britannica unter ›W‹ nachschlagen würde, dann würde ich dort keinen Eintrag dieses Namens finden, stimmt’s, alter Junge?«
»Wahrscheinlich nicht.«
»Sehr bemerkenswert.« Er trat noch etwas näher an Lothar heran und schnupperte. Der Dämon beobachtete ihn misstrauisch. Moriarty legte einen Zeigefinger an die Lippen und machte ein nachdenkliches Gesicht. Dann kam er zum Tisch zurück.
»Wie kommt es, dass Sie einen Dämon im Gefolge haben, alter Knabe?«, wandte er sich in seinem üblichen Plauderton an Prometheus. Ich hegte den Verdacht, dass er uns ebenso etwas vorspielte wie Lothar. Moriarty benahm sich wie einetwas leichtfüßiger Großstadtgeck, aber unter der Oberfläche lauerte ein heller Verstand und, wie ich vermutete, auch ein starker Wille.
»Das tut jetzt nichts zur Sache«, tat der Alte seine Frage ab.
»Oh, ich denke doch. Wenn ich mit Ihnen in den Kampf ziehe, dann möchte ich schon wissen, wer sich auf meiner Seite befindet.«
»Wer spricht denn davon, dass Sie mit uns kommen?«, blaffte Prometheus. »Wir brauchen keinen Inselmagier, um unsere Mission zu erfüllen.«
»Mit einem Dämon an der Seite wahrscheinlich nicht, wenn er denn im Vollbesitz seiner Kräfte wäre. Ich vermute allerdings, das ist nicht der Fall. Ansonsten würden Sie wohl kaum so zerlumpt durch die Lande ziehen, alter Knabe.«
Das saß. Prometheus’ Gesicht lief rot an und man konnte den Ausbruch förmlich kommen sehen. Aticus legte seinem Freund schnell die Hand auf den Arm. »Er ist noch jung, Prometheus, und seine Wortwahl ist vielleicht nicht immer geschickt, aber er hat recht. Wir können jede Hilfe brauchen.
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