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ePub: Der letzte Zauberlehrling

ePub: Der letzte Zauberlehrling

Titel: ePub: Der letzte Zauberlehrling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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sprechendes Werhörnchen. Aber auf der Straße von einem Dackel angesprochen zu werden, das war eine neue Erfahrung für mich.
    »Tut mir leid, nein, ich kenne mich hier in der Gegend nicht besonders gut aus«, erwiderte ich schließlich. Dabei kam ich mir ziemlich blöd vor. Zum Glück war gerade kein Passant in der Nähe, der die Szene mitbekam.
    »Macht nichts«, sagte der Dackel. »Früher hätte ich einen Fleischer auf hundert Meter Entfernung gerochen, wissen Sie, aber meine Nase ist auch nicht mehr das, was sie einmal war. Das Alter, Sie verstehen.«
    Ich nickte verständnisvoll. »Vielleicht kann Ihnen jemand anderes weiterhelfen.«
    »Vielen Dank«, sagte der Dackel und trottete davon. Ich sah ihm nachdenklich hinterher. An der Ecke kam ihm einZwergpinscher entgegen, und schnell waren die beiden in eine Konversation vertieft.
    Vorfälle wie dieser wurden aus der ganzen Stadt berichtet. Hunderte von Käufern hatten ihre Katzen, Hunde und Pferde zum Sprechen gebracht, ja, es war sogar von Hamstern und Mäusen mit Sprachfertigkeit die Rede. Die Tiere stellten sich als äußerst geschwätzig heraus, und man konnte in manchen Vierteln kaum noch eine Straße entlangspazieren, ohne von einem Haus- oder Nutztier in ein längeres und meist recht uninteressantes Gespräch verwickelt zu werden.
    Mit den anderen Kleinzaubern verhielt es sich ebenfalls nicht besser. Diverse Türen und Wände waren zu Bruch gegangen, weil sich Männer mit einem Zauberspruch stärker gemacht hatten, ohne die richtige Dosis zu berücksichtigen. Ein Unsichtbarkeitszauber war vor allem bei Ladendieben sehr beliebt, auch wenn er nur wenige Stunden anhielt. Ein Liebeszauber hatte zu einem Ansturm auf die Scheidungsgerichte geführt und ein Wissenszauber hatte den Betrieb an den Schulen und Universitäten nahezu zum Erliegen gebracht.
    Diejenigen Zeitungskommentatoren, die das Ende der Zauberer am meisten bejubelt und die Zugänglichkeit der Zauber für alle Bürger hochgelobt hatten, riefen jetzt am lautesten nach ihrem Verbot. Täglich gab es neue Schreckensmeldungen, die auf den Titelseiten veröffentlicht wurden, was allerdings Pompignacs Geschäften keinen Abbruch tat. Im Gegenteil, es war eine kostenlose Reklame für ihn.
    Prometheus verfolgte die Vorgänge mit einem schadenfrohen Grinsen. Doch wenn er gehofft hatte, die Öffentlichkeit werde fordern, die Zaubersprüche wieder an die Zaubererzurückzugeben, so sah er sich getäuscht. Während die Menschen auf der Straße weiter begeistert Pompignacs Geschäfte stürmten, wurden in den Zeitungen die Rufe nach einem völligen Verbot der Zauberei lauter und lauter, und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis etwas geschehen würde.
    Das war die Lage, als Agnetha eines Abends wieder bei uns auftauchte. Es war schon spät und ich wollte gerade zu Bett gehen, als es laut an der Tür pochte. Erstaunt über den späten Besuch, öffnete ich und sie stürmte mit hochrotem Kopf herein.
    »Wo ist Prometheus?«, rief sie. Der Alte hatte sich bereits in sein Zimmer zurückgezogen, und ich ging los, ihn zu holen. Zunächst war er unwirsch wegen der Störung, aber als er sah, dass es sich um Agnetha handelte, glätteten sich seine Züge. Aus irgendeinem Grund hatte er sie in sein Herz geschlossen. Auch Samira, die ich schlafend geglaubt hatte, tauchte wie aus dem Nichts auf und machte sich sofort daran, einen Tee zuzubereiten.
    »Was ist passiert, Kind?«, fragte Prometheus, nachdem wir alle um den Tisch saßen.
    »Etwas sehr Schlimmes, befürchte ich«, erwiderte sie. »Haben Sie schon einmal von einem Überzauber gehört?«
    Der Alte, der eben noch tief über sein Weinglas gebeugt gehockt hatte, richtete sich schlagartig auf. »Was weißt du davon?«, herrschte er Agnetha an. Wir beide fuhren erschreckt zurück. »Tut mir leid«, entschuldigte er sich sofort. »Am besten, du erzählst erst einmal, wie du davon erfahren hast.«
    Agnetha nahm einen Schluck von dem Tee, den Samira uns inzwischen vorgesetzt hatte, und begann mit ihrem Bericht.
    »Meine Arbeit bei Pompignac ist im Grunde ziemlich langweilig und besteht vorwiegend darin, Formulare richtig abzulegen oder herauszusuchen, die Korrespondenz und die Rechnungen zu archivieren sowie sicherzustellen, dass die Filialen ausreichend mit Nachschub beliefert werden. Allerdings gibt es Tage, an denen so viel zu tun ist, dass ich noch an meinem Schreibtisch sitze, wenn meine Kolleginnen schon nach Hause gegangen sind. So war das gestern Abend auch. Ich

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