ePub: Der letzte Zauberlehrling
warum?«
»Mein unabhängiger Geist ist ihnen zu unangenehm geworden. Und da haben sie ein Exempel statuiert.«
»Kannst du das vielleicht genauer erklären?« Er trommelte genervt mit den Fingern auf der Tischplatte. »Immer heißt es bei dir ›man‹ und ›Machenschaften‹ und so. Es wäre schön, wenn du dich mal etwas konkreter ausdrücken würdest.«
»Warum? Das ist doch alles Schnee von gestern.«
»Für dich vielleicht. Mir hilft es aber dabei, mir ein klareres Bild von dir zu machen.«
Er ließ einfach nicht locker. Nun konnte ich ihm schlecht die Wahrheit sagen. Immerhin hatte ich damals versucht, einen Staatsstreich gegen die regierende Familie anzuzetteln. Das würde sein Vertrauen in mich nicht gerade festigen. Also erfand ich eine Geschichte voller Intrigen, an deren Ende ich als zu Unrecht Beschuldigter dastand.
Er runzelte die Stirn und überlegte. »Wenn man dir deine Fähigkeiten genommen hat, dann meinst du damit das Zaubern?«
»Die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse meine ich damit, die ihr Zaubern nennt.«
»Wie auch immer. Aber du warst gut darin, in dieser Anwendung? «
»Ich war der Beste, wenn ich das in aller Bescheidenheit sagen darf.«
»Ich hatte bisher noch nicht den Eindruck, dass Bescheidenheit eine deiner Tugenden ist.«
Ich setzte eine gekränkte Miene auf. »Ich bin Wissenschaftler , mein Lieber. Und zwar seit vielen Tausenden eurer Erdenjahre. Da habe ich Eitelkeit nicht mehr nötig.«
Sein skeptischer Blick zeigte mir, dass ich ihn nicht überzeugt hatte. Wieder einmal erwies er sich als cleverer, als ich gedacht hatte. Natürlich hätte ich ihm nie gestanden, dass ich auch wegen meiner Eitelkeit damals in diese Welt verbannt worden war. Hingegen war es nicht gelogen, dass ich der Beste war. Meine Beiträge zur Dimensionsforschung waren bahnbrechend, und es gehörte zur Ironie meines Lebens, dass meine Verbannung in diese Welt erst aufgrund meiner Forschungsarbeiten überhaupt möglich geworden war.
»Und obwohl man dir die Fähigkeit zum wissenschaftlichen Anwenden genommen hat, konntest du den Hurwil herbeizaubern.«
»Sagen wir mal so: Ich bin nicht in der Lage, alleine Veränderungen herbeizuführen, aber ich kann durchaus einzelne Sachverhalte beeinflussen. Bislang hatte ich nur nie jemanden, mit dessen Schwingungen ich meine verbinden konnte. Du hast eine natürliche Gabe für Zaubersprüche, bist aber noch unerfahren. Zusammen ergibt das eine perfekte Kombination.«
»Ja, ja, das sagtest du bereits.« Er erhob sich von seinem Stuhl. »Hast du eigentlich nie mit Prometheus darüber gesprochen?«
Das fehlte noch! »Auf gar keinen Fall! Er würde das nie verstehen! Du musst mir versprechen, ihm nichts zu sagen.«
»Warum? Vielleicht kann er dir helfen, zu deinesgleichen zurückzukehren.«
»Zauberer sind seit Mirren dem Großen traditionell Erzfeinde der Dämonen. Das müsstest du doch wissen.«
»Weiß ich auch. Und wenn du Mirren das Zaubern gelehrt hast, dann heißt das, dass damals irgendwas vorgefallen sein muss, sonst hätte er doch nicht diese Abneigung gegen Dämonen entwickelt.«
Zum Glück öffnete sich in jenem Augenblick unten die Tür und rettete mich aus dieser Situation. Ich bin zwar ziemlich gut im Erfinden von Lügen, aber manche davon wollen gutüberlegt sein. »Prometheus kommt zurück«, drängte ich den Kleinen und schob die Weinflasche hinter ein Regal. »Weg mit dem Glas.«
Er versteckte das Weinglas hinter einer Reihe von Töpfchen mit Tinkturen. »Du bist mir noch ein paar Erklärungen schuldig«, sagte er. »Glaub bloß nicht, du kommst mir so einfach davon.«
Ich nickte freundlich. Dann ertönte auch schon die Stimme des Alten, die den Kleinen nach unten rief, damit er Prometheus die Fortschritte demonstrierte, die er im Laufe des Tages gemacht hatte.
Auf jeden Fall sah meine Zukunft mit einem Mal deutlich rosiger aus.
Neuntes Kapitel
in dem in Paris Chaos ausbricht und Agnetha an einer Geheimkonferenz teilnimmt
A m Montagmorgen der folgenden Woche öffnete der erste von Pompignacs Zauberläden seine Pforten. Ich hatte mir von Prometheus freigeben lassen, weil Papillon und ich dorthin wollten, um zu sehen, was der Unternehmer aus den Sprüchen der Zauberer gemacht hatte. Der Alte hatte zwar wie üblich gemurrt, aber schließlich eingewilligt. Agnetha konnte nicht kommen, denn in Pompignacs Betrieben herrschte Urlaubssperre wegen der vielen Arbeit, die mit dem neuen Geschäft verbunden war.
Der Laden sollte um
Weitere Kostenlose Bücher